Komputationale Modellierung (computational modeling) werden in der Psychologie für die Darstellung komplexerer Prozesse eingesetzt, denn im Gegensatz zu statistischen und mathematischen Modellen wird dabei besonderer Wert darauf gelegt, wie die Komponenten des Modells miteinander interagieren und so das Verhalten hervorbringen. Die Komponenten eines solchen komputationalen Modells bzw. und ihre Interaktionsstruktur können dabei auf zwei Arten abgeleitet werden: einerseits kann auf Basis bereits bekannter Stukturen modelliert werden, also bereits existierende Theorien oder Befunde zum Zusammenhang von Lernprozessen, andererseits kann aber auch auf Basis reiner struktureller Spekulatioenn bzw. Analogien zu anderen Systemen, die ein ähnliches Verhalten zeigen, ein Modell entwickelt werden. In diesem zweiten Fall spricht man von synthetischen Modellen, d. h., man baut aus Komponenten ein System und untersucht anschließend, ob es das gewünschte Verhalten zeigt. Ist das der Fall, ist das eine erste Evidenz, dass das Modell Prozesse des echten System gut abbilden kann. Wenn das Modell nun aber auch neues, unerwartetes Verhalten zeigt, die anschließend am echten System ebenfalls entdeckt werden können, so wäre so bedeutet das eine starke Bestätigung für das Modell, obwohl es ursprünglich aus mehr oder minder informierter Spekulation entstand.
Komputationale Modelle erlauben es, Theorien psychologischer Prozesse und psychischer Störungen auf ihre logische Konsistenz zu prüfen und Ihre Vorhersagekraft zu testen. Mittels Simulationen von Experimenten werden Vorhersagen abgeleitet, die dann empirisch etwa mittels Verhaltens- oder Imagingstudien überprüft werden können. Mit diesen Modellen strebt man an, Kognition und Verhalten so abzubilden, wie sie in der realen Welt entstehen, nämlich kontinuierlich und kontextuell eingebettet. So bieten solche Modelle sowohl grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnisse als auch neue Impulse etwa zum Verständnis psychischer Störungen.
Komputationale Modelle können somit als heuristische Werkzeuge betrachtet werden, die die Frage nach dem „Wie“ von mentalen Prozessen beantworten, und stellen so Hilfsmittel dar, die in das Funktionieren von komplexen kognitiven Systemen Einsicht geben können. sie können erklären, wie ein spezifisches psychisches Phänomen möglich ist und u. U. alternative Erklärungen falsifizieren. Simulationen von komputationalen Modellen liefern daher Hinweise darauf, wie mentale Prozesse funktionieren können, jedoch nicht notwendigerweise wie diese funktionieren müssen oder tatsächlich funktionieren.
Der Vorteil komputationaler Modelle gegenüber statistischen und mathematischen Modellen ist unter anderem, dass sie über konkrete Daten abstrahieren und sich damit für die Theoriebildung eignen. Analog zu klassischen Theorien fokussieren sie eher auf qualitative Übereinstimmung von Datenmustern und werden seltener über quantitative Passung als über neue Vorhersagen überprüft. Aufgrund ihrer Komplexität haben sie auch das Potential, zu überraschen und neue Vorhersagen zu liefern, d. h., sie verhalten sich in dem Sinne, dass sie nicht nur abstrakte Zahlenketten hervorbringen sondern eine Verbindung zur Außenwelt darstellen.
In der Praxis werden solche Modelle etwa im Bereich der automatisierten Worterkennung, Musikerkennung oder Gesichtserkennung eingesetzt, aber auch zur Darstellung von komplexen Gehirnprozessen.
Quellen
http://versuch.file2.wcms.tu-dresden.de/w/index.php/Komputationale_Modelle (16-06-06)
http://www.loe.fu-berlin.de/dine/labs/sim/index.html (16-06-06)