*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Die Gottman-Konstante ist ein eher populärwissenschaftliches psychologisches Konstrukt und besagt, dass in stabil-zufriedenen Paar-Beziehungen das Verhältnis von positivem zu negativem Verhalten mindestens 5:1 betragen muss, wobei eine negative Interaktion durch fünf positive kompensiert werden kann.
Die Methode: John Gottman richtete an der Universität von Seattle das Love Lab ein, und lud die unterschiedlichsten Paare ein, ein Wochenende im Love Lab zu verbringen. Paare, die schon lange zusammen waren, solche, die sich erst kurz kennengelernt hatten, Paare unterschiedlicher ethnischer Gruppen etc. Die Paare erhielten die Anweisung, sich nicht anders zu verhalten als sonst auch. Sie erhielten Geräte, die kontinuierlich den Puls maßen und auch der Urin wurde auf Stresshormone untersucht. Die Video- und Tonaufnahmen zeigten, dass die Paare nach einer gewissen Zeit durchaus zu vergessen schienen, dass sie beobachtet wurden. Im Anschluss an das Wochenende wurden die einzelnen Paare noch befragt, wie sie selbst ihre Beziehung einschätzten. Als John Gottman seine Beobachtungen mit den Einschätzungen der Paare, wie es um ihre Beziehung so stünde, verglich, hatten Paare mit einem hohen Maß an Zufriedenheit fünfmal so häufig positiven Kontakt miteinander wie negativen. Bei Paaren mit geringer Zufriedenheit war das Verhältnis fast eins zu eins. Als er ein paar Jahre später dieselben Paare erneut einlud, zeigte sich, dass viele der zweiten Gruppe getrennt waren.
Auf Basis seiner Daten teilte Gottmann die Paare in zwei Gruppen ein: die Masters und die Disasters, wobei die Masters nach sechs Jahren immer noch zusammen glücklich waren, während die Disasters sich entweder getrennt hatten oder chronisch unglücklich in ihren Ehen waren. Die Disasters wirkten im Interview ruhig, aber ihre Physiologie, die mittels Elektroden gemessen wurde, verriet das Gegenteil, d. h., ihr Puls war hoch, ihre Schweißdrüsen aktiv und ihr Blutfluss schnell. Offenbar sind die Disasters in ihrer Beziehung in ständiger Kampf- oder Fluchtbereitschaft und neben ihrem Partner zu sitzen und ein Gespräch zu führen, war für ihren Körper wie eine Begegnung mit einem Raubtier, und zwar auch dann, wenn sie über angenehme oder alltägliche Aspekte der Beziehung sprachen. Sie waren demnach auch in dieser Interviewsituation bereit, anzugreifen, oder angegriffen zu werden, wodurch ihr Puls stieg und sie aggressiver dem Partner gegenüber wurden. Die Masters dagegen zeigten geringe physiologische Aktivität, fühlten sich miteinander verbunden und entspannt, und zwar auch dann, wenn es zum Streit kam, gingen sie liebevoll und freundlich miteinander um. Die Masters hatten einfach eine Atmosphäre von Vertrauen und Intimität geschaffen, die beide Partner emotional und damit auch physisch entspannter machte.
Für Gottman ist ein Kontakt positiv, wenn auf ein Angebot, in Verbindung zu treten, eine positive Reaktion erfolgt. Beispiele der Paartherapeutin Susanne Nagel: „Ich sitze mit meinem Partner am Frühstückstisch und er liest Zeitung. Ich frage ihn etwas zur Wochenendplanung und ernte entweder gar keine Reaktion oder nur ein Grunzen. Das ist eindeutig ein negativer Kontakt, mein Partner lässt mich „abtropfen“. Sagt er dagegen „Frag mich gleich nochmal, ich will nur schnell den Artikel zu Ende lesen“, ist das ein positiver Kontakt. Er signalisiert mir, dass er mein Angebot wahrgenommen hat und gleich darauf zurückkommt. Wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt, stellt man fest, dass der Alltag jede Menge Möglichkeiten für positive Kontakte bietet. (…) Es sind also nicht die großen Sachen, der tolle Urlaub oder das teure Geschenk, die wesentlich für die Beziehungszufriedenheit sind, sondern viele, viele kleine Alltagsaufmerksamkeiten. Apropos Aufmerksamkeiten, natürlich fallen auch Dinge wie mich beim Partner bedanken, ihm Wertschätzung entgegenbringen, kleine Mitbringsel oder Gefälligkeiten in die Rubrik ‚positive Kontakte‘.“
Gottman beobachtete in Interviews mir unglücklich-instabilen Partnerschaften ein deutliches Überwiegen von negativen Interventionen, wobei nach Gottman die vier apokalyptischen Reiter der Paarbeziehung für die Kommunikationssünden stehen, die eine Beziehung dauerhaft zerstören und sich in vielfältiger Gestalt als prozesshaftes Geschehen zeigen und zur Trennung des Paares führen können:
- Kritik, Schuldzuweisungen und Anklagen, die ihren Höhepunkt in einer generellen Verurteilung des Partners finden,
- Abwehr und Verteidigung mit Rechtfertigung und Verleugnung der eigenen Anteile, die den Konflikt aufrechterhalten,
- Verachtung und Geringschätzung des Partners,
- Mauern und Rückzug.
Kritik wird dabei mehr von Frauen, Mauern mehr von Männern als Konfliktbewältigungsmechanismus eingesetzt. Daneben wird die Demonstration der eigenen Macht gerade auch als Abwehr von Ohnmachtsgefühlen auf allen Stufen des Isolations- und Trennungsprozesses eingesetzt, wobei man diesen Aspekt auch als fünften Reiter bezeichnen kann.
Gottman postulierte für Beziehungen eine Art Beziehungskonto mit einer Haben- und einer Soll-Seite, wobei auf der Haben-Seite die positiven Kontakten stehen, während auf der Soll-Seite negative Kontakten abgebucht werden. Dabei bucht ein negativer Kontakt fünfmal so viel ab, wie ein positiver einzahlt.
Ein Forschungsergebnis des Love Lab ist auch, dass 69 % aller Konflikte in Beziehungen nicht lösbar sind, wobei das ein statistischer Wert ist, d. h., dass es Paare gibt, bei denen der Anteil unlösbarer Konflikte niedriger ist und bei anderen höher. Diese unlösbaren Konflikte entstehen entweder aufgrund unterschiedlicher Persönlichkeiten oder verschiedenartiger Lebensstile, wobei diese vielfach Probleme in Bereichen wie Ordnung, Geld, Kontakt zur Familie, Erziehung, Sex oder Freizeitverhalten betreffen. Typische Kennzeichen für solche unlösbaren Konflikte sind etwa, wenn sich die gegensätzlichen Positionen der Partner verfestigt haben und keiner von beiden mehr von seiner Position abrückt, wenn die Partner nach einem Gespräch über das Problem noch frustrierter und verletzter zurückbleiben, und wenn in Gesprächen über das Problem keine Zuneigung oder kein Humor zu spüren ist. Glückliche Beziehungen unterscheiden sich jedoch von unglücklichen weniger in der Zahl oder der Schwere dieser unlösbaren Konflikte, sondern darin, wie sie mit diesen Konflikten umgehen. Wenn Paare akzeptierend, mit Humor und gegenseitiger Zuneigung über ihren unlösbaren Konflikt sprechen, können ihnen diese wenig anhaben.
Die Masters haben auch die Angewohnheit, in ihrem sozialen Umfeld nach Dingen zu suchen, für die sie dankbar sein können, d. h., sie schaffen ganz bewusst eine Kultur von Respekt und Wertschätzung, während Disasters dagegen in der sozialen Umgebung nur nach den Fehlern des Partners suchen, also sich fragen, was macht er richtig, was macht er falsch und je nachdem kritisieren sie ihn oder drücken Anerkennung aus. Geringschätzung des Partners ist der wichtigste Trennungsgrund, denn Menschen, die darauf konzentriert sind, ihren Partner zu kritisieren, übersehen die positiven Dinge, die ihr Partner tut und sehen Negatives, selbst wenn es gar nicht da ist. Der Partner fühlt sich dadurch wertlos und geradezu unsichtbar, fast, als wäre er gar nicht da.
Eine übersichtliche Darstellung findet sich auf der Internetsite zum Thema „Keinen Fehler machen„, auf der Nicole Alps, Coach und Bildungswissenschaftlerin sowie Autorin beim Online-Magazin Zeit zu leben, Menschen dabei helfen möchte, gute Entscheidungen zu treffen. Dort finden sich 19 Tipps für gute Entscheidungen, wobei von konkreten Beispielen ausgegangen wird, die man leicht nachvollziehen kann.
Siehe dazu Schlechtes Streiten in der Partnerschaft.
Literatur
Gottman, John (2014). Die Vermessung der Liebe: Vertrauen und Betrug in Paarbeziehungen. Stuttgart: Klett-Cotta.
Gottman, John (2014). Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe. Berlin: Ullstein.
http://www.zeitzuleben.de/author/susanne-nagel/ (16-04-17)
https://www.businessinsider.de/leben/beziehung/lange-beziehungen-haben-etwas-gemeinsam-r/ (18-11-12)
Der Ehemann ist Hobbyornithologe und sieht einen Distelfink durch den Garten fliegen. Er sagt zu seiner Frau: „Schau mal, was für ein schöner Vogel da draußen!“
Er spricht in diesem Fall nicht einfach über den Vogel, er bittet um eine Reaktion von Seiten seiner Frau — ein Zeichen von Interesse oder Unterstützung — in der Hoffnung, dass sie für einen kurzen Moment über den Vogel eine Verbindung zueinander herstellen werden.
Die Frau hat nun die Wahl: Sie kann sich entweder ihrem Mann zu- oder von ihm abwenden. Auch wenn das Verbindungsangebot mit dem Vogel unwichtig und fast schon albern wirken mag, kann es dennoch viel über den Zustand der Beziehung verraten.
Der Mann fand den Vogel wichtig genug, um ihn anzusprechen und die Frage ist, ob seine Frau das erkennt und respektiert.
Solche Interaktionen haben starke Auswirkungen auf die Zufriedenheit der Ehepartner.