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Wonneangst

    Angst, wie Menschen sie etwa vor gigantischen Höhen empfinden, ist evolutionär bedingt, denn Furcht empfinden zu können war und ist lebenserhaltend. In der Entwicklungsgeschichte war es für den Menschen notwendig, dass der Körper beim Erkennen einer Bedrohung durch das Ausschütten der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin sofort in Alarmbereitschaft versetzt wurde. Nur so konnten die Vorfahren im richtigen Moment Reißaus vor wilden Tieren nehmen und ihr Überleben sichern. Eine spezifische Zuordnung von Transmittern oder Hormonen zu bestimmten Emotionen oder zu gemischten Gefühlen wie Angstlust ist jedoch nicht möglich, denn Noradrenalins versetzt einerseits Menschen in Alarmbereitschaft, indem es den Gefäßtonus erhöht und Blutdruck wie Herzfrequenz steigen lässt, andererseits ist Noradrenalin auch bei der Fixierung auf den Partner wichtig.
    Kinder suchen etwa im Alter von zwei bis vier Jahren auch auf Grund ihrer kindlichen Neugier nach Erregung und Spannung. Sie möchten zwar vorwiegend Lachen, Spaß haben und angenehme Gefühle empfinden, sind aber gleichzeitig neugierig auf die für sie unbekannte Welt (Gruseln). Vor allem Märchen und viele Kinderbücher enthalten zahlreiche Bedrohungsszenarien, die die kindliche Phantasie beflügeln und sie stellvertretend die Gefahren und Bedrohungen der Welt erleben lassen. Dadurch entsteht häufig auch der Wunsch, solche Situationen selber zu erleben und zu bewältigen. Bei der Wonneangst bzw. Angstlust wird die Angst stets durch ihr Gegenteil gemildert, da nach dem Ansteigen der Erregung ein Spannungsabbau und somit eine Beruhigung erfolgt. Ist die Situation erfolgreich ertragen worden, so erzeugt sie auch den Wunsch, die Situation nochmals zu erleben.

    Die Kinder erfahren durch die Wonneangst, dass sie die Gefahr und die damit verbundene Furcht aushalten können, was sie stolz macht und ihr Selbstbewusstsein stärkt. Wonneangst ist für die Entwiclung durchaus sinnvoll, denn sie hilft Kindern bei der Bewältigung ihrer Ängste, wobei jedoch die Balance zwischen Angst und Lust stimmen muss, d. h., die Lust sollte stets etwas größer sein als die Angst, denn sonst kippt die Stimmung, und die Kinder werden von ihrer Angst überwältigt. Eltern müssen daher beachten, dass Kinder eine angstauslösende Situation selbst bestimmen können, denn nur sie wissen, wie weit sie gehen können, d. h., Erwachsene sollten Kinder nie in eine Angstsituation zwingen, sondern vielmehr für Rückzugsmöglichkeit sorgen und in der Nähe sein, wenn es für ein Kind gefährlich wird.
    Diese Phase wiederholt sich oft im Jugendalter, denn hier lernt die/der Pubertierende ebenfalls die beängstigenden Schattenseiten des Lebens auch kennen und empfindet eine gewisse Wonneangst im imaginativen aber auch dealten Bestehen der Bedrohungen.
    Diese Angstlust wurde vor allem von Michael Balint untersucht. Angstlust verspürt vor allem auch derjenige, der sich freiwillig äußerer Gefahr aussetzt, mit der zuversichtlichen Hoffnung, alles werde gut enden. Nach Balint bedeutet dies das experimentelle Aufgeben und Wiedererlangen von Sicherheit. Das Streben danach hat vermutlich seine Wurzeln im Trauma frühkindlicher Trennungserlebnisse, wo man in Form von Wonneangst bzw. Angstlust (Thrill) beim Aufgeben und Wiedererlangen von Sicherheit. Diese Mischung von Furcht, Wonne und Hoffnung angesichts einer äußeren Gefahr ist das Grundelement aller Angstlust. Dabei ist eine psychische Distanz zum Geschehen entscheidend, um die Spannung auszuhalten.Angstlust entsteht vor allem durch das Bewusstsein einer als real empfundenen äußeren Gefahr, der sich ein Individuum willentlich  und manchmal auch nur imaginär aussetzt in der Hoffnung, die Gefahr und die damit verbundene Furcht bewältigen zu können und danach wieder sichere Geborgenheit zu erfahren.
    Bei manchen Erwachsenen lebt durch eine Fixierung der frühkindlichen Wonneangst bzw. Angstlust diese in Gestalt von risikosuchenden Aktivitäten (Bungee-Jumping, Freiklettern, Fallschirmspringen usw.) weiter. Kritisch kann es werden, wenn Menschen gar nicht mehr los kommen wollen von Horrorfilmen oder Online-Kampfspielen, denn dieses Verhalten kann Suchtcharakter annehmen, d. h., Betroffene beschäftigen sich immer öfter damit und suchen immer heftigere Extreme. Diese häufige Beschäftigung damit lässt die Schwelle absinken, im Spiel vollzogene Kampfhandlungen in der Realität auszuführen. Auch kann aus einer gewünschten Angst  eine Phobie erwachsen, was man vor allem bei selbstunsicheren Menschen findet, denn diese können sich leicht in eine Angst wie etwa die vor aus einem Sarg krabbelnden Riesenspinnen so hineinsteigern, dass sie das beim Anblick normaler Spinnen assoziieren

    Literatur & Quellen
    http://de.wikipedia.org/wiki/Angstlust (11-12-09)
    http://www.rp-online.de/leben/gesundheit/psychologie/depression/warum-wir-lust-vor-der-angst-empfinden-aid-1.3768730 (13-11-08)
    Balint, M. (1999). Angstlust und Regression. Klett-Cotta.


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