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narrative Therapie

    Die narrative Therapie wurde von White & Epston (1990) als eigenständiger Therapiezugang aus der systemischen Familientherapie in Verbindung mit konstruktivistischen Ideen entwickelt. In erzählten Lebensgeschichten von Menschen drückt sich die Bedeutung von Lebensereignissen und das Selbstverständnis eines Menschen aus, und vermitteln diesem ein Gefühl von Kohärenz und Kongruenz. Das Ziel einer narrativer Therapie liegt dabei im Bewusstwerden und Überwinden vor allem restriktiver Selbst-Geschichten, dominierender problembelasteter Erzählungen, die intra- und auch in sozialen Systemen wie der Familie interpersonell verfestigt sind, jedoch meist nur eine unter mehreren möglichen Versionen der Geschichte darstellen. Ihre Dominanz leitet sich häufig aus ihrer Einbettung in dominante familiäre und auch kulturelle Erzähltraditionen ab, wobei diese meist defizitorientiert sind. In der narrativen Therapie erfolgt das Entwickeln einer alternativen Erzählung in der Regel über eine Phase der Dekonstruktion, in der Distanz zur behindernden Geschichte hergestellt wird, und einer Phase der Rekonstruktion, in der durch Externalisierung von Problemen und Wiedereinführung von Handlungen, die der dominanten Geschichte widersprechen und alternative Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden.

    Ein erster Schritt einer narrativen Therapie ist häufig eine Wirklichkeitskonstruktion, bei der eine Klientin/ein Klient ihre seine Geschichte über die von ihm wahrgenommene Wirklichkeit schreibt. Der Erzähler kann dabei er/sie selbst sein oder sie/er kann auch über sich selbst eine Geschichte aus der Position eines anderen heraus verfassen. Der Stil der Geschichte, ob Märchen, Roman, Fabel, Science-Fiction, Zeitungsbericht u.v.m. verfasst, ist dabei freigestellt.#

    In der narrativen Therapie werden Person und Problem getrennt betrachtet, d. h., nicht die Person ist das Problem, sondern das Problem, sodass es on der narrativen Therapie deshalb eine Phase der Dekonstruktion gibt, bevor eine alternative Erzählung aufgebaut wird. Die Dekonstruktion ist eine der bemerkenswertesten Techniken der narrativen Therapie und wird eingesetzt, wenn ein signifikantes Problem vorliegt, das dem Wohlbefinden der betroffenen Person im Weg steht. Irrationale Vorstellungen wirken lähmend, Herausforderungen scheinen komplizierter als sie sind, wobei die Dekonstruktion hilft, Probleme zu zerlegen und die Ursachen zu erkennen. Der erste Schritt besteht darin, das problematische Ereignis, das Stress, Angst und Unbehagen auslöst, genau zu beschreiben., wobei man seine Gefühle und Gedanken offenlegen muss. Die Dekonstruktion ermöglicht schließlich die Analyse des Problems, wobei man zu einer Art Detektiv wird, der versucht, jedes einzelne Detail zu verstehen:

    • Was hat die Situation ausgelöst?
    • Welche Rolle spielst du dabei? Bist du Täter oder Opfer?
    • Wie hast du dich gefühlt und wie fühlst du dich jetzt?
    • Was denkst du über diese Erfahrung?
    • Welche Ressourcen hast du, um mit der Situation umzugehen?
    • Wie wirken sich deine Ängste auf die Problemlösung aus?

    Nach der Dekonstruktion muss man die Alternativen analysieren, indem man neue und gesündere Skripte formuliert, um das Leben in die richtige Richtung zu lenken, wobei folgende Fragen gestellt werden können:

    • Könntest du die Situation aus einer anderen Perspektive betrachten?
    • Was wäre, wenn du dir nicht selbst die Schuld an der Erfahrung geben würdest?
    • Welche Widersprüche findest du in deiner Geschichte?
    • Wie kannst du die Herausforderung bewältigen, jetzt, wo du die Einzelteile verstanden hast?

    Die narrative Therapie ermöglicht es den Menschen, zum Hauptdarsteller ihres eigenen Lebens zu werden, d. h., sie zeigt Wachstumsmöglichkeiten auf und hilft, seiner Existenz einen Sinn zu geben.

    Literatur

    Grossmann K. P. (2000). Der Fluss des Erzählens. Narrative Formen der Therapie. Heidelberg: C. Auer.
    Grossmann, K.P. (2003). Therapeutische Dialoge mit Paaren. Wien: Facultas.
    White, M. & Epston, D. (1990). Narrative means to therapeutic ends. New York: Norton.
    https://gedankenwelt.de/die-phase-der-dekonstruktion-in-der-narrativen-therapie/ (23-02-22)


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