Beim häufig verwendeten Begriff des Eisberg-Modells handelt es sich nicht um ein Modell im wissenschaftlichen Sinn, sondern um eine Metapher oder Analogie zur zwischenmenschlichen Kommunikation: So wie sich 90 % des Volumens eines Eisbergs unter Wasser befinden, werden 90 % der Elemente des zwischenmenschlichen Austausches unbewusst kommuniziert. Beim Eisberg ist dieses Verhältnis allerdings physikalisch begründet und kann exakt berechnet werden. Dies ist bei der menschlichen Kommunikation nicht der Fall, denn 90 % sind nur ein plausibler Schätzwert.
Das Eisbergmodell soll verdeutlichen, dass nur ein geringer Teil der menschlichen Kommunikation über ausgesprochene Informationen und Aussagen stattfindet, aber ein viel größerer Teil nonverbal abläuft, also über Mimik, Gestik und über den Tonfall, wodurch unterschwellig versteckte Informationen an die Oberfläche treten können. An der Tonlage oder Mimik kann man etwa erkennen, ob der Gesprächspartner angespannt ist oder fröhlich ist; die Gestik zeigt, ob jemand eher aufgeschlossen oder zurückhaltend ist. Man kann daher nie die gesamte Beziehungsebene des Gesprächspartners erfassen, da ein großer Teil in der Regel gar nicht zum Vorschein kommt.
Dieses „Modell“ hängt auch mit der Begrenztheit des Menschen zusammen, stets nur einen Bruchteil der unbewussten Prozesse ins Bewusstsein zu heben, etwa indem er seine Aufmerksamkeit darauf richtet. So kann man sich seine eigene oder die Körpersprache anderer bewusst machen, indem man konsequent auf diesen Bereich des Verhaltens achtet. Viele Bereiche des Unbewussten sind jedoch dem willentlichen Zugriff entzogen und können nur durch bestimmte Techniken, wie Hypnose oder psychoanalytische Behandlung bewusst gemacht werden. Das aktuelle Bewusstsein ist aber auch deshalb nicht in der Lage, die Gesamtheit aller relevanten Sinneinheiten zu erfassen, was sich aus der Begrenztheit des menschlichen Kurzzeitgedächtnisses
ergibt, für das Georg A. Miller (1956) zur Kapazität des Arbeitsspeichers im menschlichen Gehirn „The Magical Number 7, Plus or Minus 2“ definierte. Siehe dazu Speicherabhängige Gedächtnisformen.
Das Eisbergmodell bei Konflikten
Wenn man mit anderen Menschen kommuniziert, kann es zu Missverständnissen und Konflikten kommen, entweder auf der sachlichen Ebene oder auf der Beziehungsebene. Konflikte auf der Sachebene entstehen zum Beispiel, wenn der Gesprächspartner eine Information falsch versteht oder nicht genügend Fakten zu einem Thema kennt. Diese Konflikte lassen sich leicht lösen, indem man aufmerksam zuhört, Fragen stellt und Feedback gibt. Schwieriger ist es bei Konflikten auf der Beziehungsebene, denn man kann etwa bestimmte Erwartungen an seinen Gesprächspartner haben, wie: Mit dem kann ich sowieso nicht zusammenarbeiten. Ein weiterer Grund für den Streit können auch Rollenkonflikte, Wertekonflikte oder Beziehungskonflikte sein, die man nur durch gegenseitiges Verständnis, Rücksichtnahme und Einfühlungsvermögen lösen kann. Ein Konflikt auf der Beziehungsebene beeinflusst meist aber auch die Kommunikation auf der Sachebene, sodass man sich bewusst sein muss, dass auch Konflikte und Missverständnisse auf der häufig unsichtbaren Beziehungsebene gelöst werden müssen.
Mit dem Eisbergmodell wird auch häufig die 80/20-Regel des Pareto-Prinzips veranschaulicht.
Literatur
Miller, George A. (1956). The Magical Number 7, Plus or Minus Two: Some Limits on Our Capacity for Processing Information. Psychological Review, 63, 81-97.
Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::