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deklaratives Gedächtnis

    Generell kann man im Gedächtnis das prozedurale und deklarative Gedächtnis unterscheiden. Die Inhalte des deklarativen Gedächtnisses sind dadurch charakterisiert, dass sie mit Worten beschrieben, also „erklärt“ werden können, d.h., der Besitz von Sprache ist eine implizite Voraussetzung. Üblicherweise werden diese beiden Gedächtnistypen auch dadurch voneinander unterschieden, dass deklaratives Wissen im Unterschied zu prozeduralem Wissen „manipulierbar“ sei, das heißt, dass deklaratives Wissen in Gedanken bewegt werden kann. Diese Fähigkeit zur Manipulation von Wissen ist vermutlich besonders in redundanten Situationen wichtig, in denen man sich also zwischen verschiedenen möglichen Verhaltensweisen entscheiden muss.

    Das deklarative Gedächtnis seinerseits kann nochmals unterteilt werden, und zwar in das semantische Gedächtnis, das Wissen und allgemeine Fakten über die Welt enthält, und das episodische Gedächtnis, das Ereignisse und Tatsachen aus dem persönlichen Leben enthält. Für die Stabilisierung des deklarativen Gedächtnisses sind vor allem die Tiefschlafphasen wichtig, während Handlungsabläufe und emotionale Ereignisse vom Gehirn vor allem in den Traumschlafphasen verarbeitet werden.


    Eine Studie des Georgetown University Medical Center an einer Stichprobe von TaiwanesInnen (704 ältere Erwachsene zwischen 58 und 98 Jahren) hat gezeigt, dass Kinder und hier vor allem Mädchen, die länger zur Schule gehen, im Alter über bessere Gedächtnisleistungen verfügen. Man hat dabei das deklarative Gedächtnis geprüft, indem den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Zeichnungen von Objekten gezeigt wurden und einige Minuten später deren Erinnerung daran getestet wurde. Die Gedächtnisleistung nahm mit zunehmendem Alter ab, doch je mehr Ausbildung in der Kindheit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten, desto stärker wirkte dieses Merkmal dem Verlust entgegen. Vier Jahre zusätzliche Ausbildung gleichen im Durchschnitt den Gedächtnisverlust von zwanzig Jahren Älterwerden aus, d. h., Lernen erzeugt somit Lernen.


    Siehe dazu im Detail Wie funktioniert unser Gedächtnis?


    Die Unterscheidung zwischen deklarativem und nicht-deklarativem Gedächtnis stammt übrigens von Squire (1992). Das deklarative Gedächtnis speichert Ereignisse und Fakten, die in der Regel verbalisierbar sind und mit einer bewussten Erinnerung einhergehen, und wird in episodisches und semantisches Gedächtnis unterteilt. Während das episodische Gedächtnis Ereignisse in ihrem raum-zeitlichen autobiographischen Kontext speichert, enthält das semantische Gedächtnis Wissen über Wortbedeutungen, allgemeines Faktenwissen über die Wirklichkeit. Als elementare Wissenseinheiten werden Begriffe und semantische Relationen angenommen, die auch komplexere Konfigurationen (Schemata, Frames, Scripts) bilden. Es ist jedoch fraglich, ob episodisches und semantisches Gedächtnis unterschiedliche Gedächtnissysteme darstellen oder einem einheitlichen System zuzuordnen sind, das lediglich unter unterschiedlichen Bedingungen funktioniert. Das semantische Gedächtnis kann als Ansammlung vieler Episoden aufgefasst werden und repräsentiert die Merkmale, die diesen Episoden gemeinsam sind. Im deklarativen Gedächtnis werden verschiedene Formate mentaler Repräsentationen angenommen: Vorstellungen (mental images) als analoge, wahrnehmungsbasierte Form der Wissensrepräsentation, Zeitketten (temporal strings) als Kodierung der physikalisch determinierten Abfolge von Ereignissen in Form linearer Ordnungen, Propositionen (propositions) als Kodierung der Bedeutung von Sachverhalten in amodaler Form, wobei offen bleibt, ob die Repräsentationsformate unabhängig und dauerhaft existieren und ob Propositionen ein psychologisch angemessener Beschreibungsformalismus für amodale Repräsentationen sind.
    Unter nicht-deklarativem oder prozeduralem Gedächtnis wird eine heterogene Klasse von Phänomenen zusammengefasst, denen gemeinsam ist, dass sie sich im Verhalten manifestieren und dem bewussten, verbalisierbaren Gedächtnis schwer zugänglich sind. Sie werden mit verschiedenen Lernprozessen wie implizitem Lernen und Konditionierung in Verbindung gebracht. Es kann sich um perzeptive, perzeptiv-motorische oder kognitive Fertigkeiten handeln, d.h. um Handlungen sowie Regeln und deren Anwendung, die durch ihre Modalitäts- und Reaktionsspezifität, ihre geringe Beeinflussbarkeit durch semantische Faktoren und ihre relative Isolation vom übrigen Wissenssystem gekennzeichnet sind.

    Literatur

    Squire, Larry R. (1992). Declarative and Non-Declarative Memory: Multiple Brain Systems Supporting Learning and Memory. Journal of Cognitive Neuroscience, 4, 232-243. https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/gedaechtnis/5545 (18-08-05)
    Stangl, W. (2018, 10. Jänner). Unterscheidung deklaratives und nicht-deklaratives Gedächtnis. arbeitsblätter news.
    https:// arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/unterscheidung-deklaratives-und-nicht-deklaratives-gedaechtnis/
    https://gumc.georgetown.edu/news-release/early-life-education-improves-memory-in-old-age-especially-for-women/ (20-06-06)
    https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/gedaechtnis/5545 (18-08-05)


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    Ein Gedanke zu „deklaratives Gedächtnis“

    1. Manuela Macedonia

      Normalerweise lernt man nach Ansicht der Linzer Kognitionspsychologin Manuela Macedonia etwa eine Einkaufs- oder Vokabelliste ohne Beteiligung des Körpers, indem man sie oftmals hinauf und hinunterliest und versucht, sich die einzelnen Worte einzuprägen. „Verknüpft man die einzelnen Wörter aber mit einer Bewegung, lernt man sie besser und vergisst sie langsamer.“ Dann schalten sich nämlich zwei Gedächtnissysteme für die Aufgabe zusammen: Jenes für das „Wissen“ (das deklarative Gedächtnis) und jenes für das „Können“ (das prozedurale Gedächtnis). Das deklarative Gedächtnis ist gemeinhin für Wörter, Namen, Listen und Fakten wie historische Daten zuständig. Wie Schüler bei Vokabeltests und Erwachsene beim Einkaufen im Supermarkt oft leidvoll erfahren, braucht es massive Anstrengungen beim Auswendiglernen, und es ist trotzdem nicht sehr verlässlich. Man vergisst schnell und leicht, was man sich rein durch geistige Aktivität zu merken versuchte. Wenn das prozedurale Gedächtnis beim Lernen dazugeschaltet wird, etwa indem man eine Bewegung zu den Wörtern und Fakten ausführt, hat man eine Steigerung der Lernleistung und eine Minderung des Vergessens. „Information, die prozedural gelernt wurde, ist weniger anfällig für Verfall“. Deshalb würde man über Jahrzehnte etwa das Radfahren, Schwimmen und Schilaufen nicht verlernen, selbst wenn man diese Aktivitäten in der Zwischenzeit gar nicht ausgeführt hat.

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