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Genetik

    Will man die Herkunft großer Begabungen kennenlernen,
    so muss man von den Söhnen nicht zu den Vätern,
    sondern zu den Müttern hinabsteigen.
    Gertrud von Le Fort

    Die Genetik oder Vererbungslehre ist ein Teilgebiet der Biologie und befasst sich mit den Gesetzmäßigkeiten und materiellen Grundlagen der Ausbildung von erblichen Merkmalen und der Weitergabe von Erbanlagen (Genen) an die nächste Generation (Vererbung). Vorstellungen von solchen natürlichen Vererbungsprozessen prägten sich erst im 18. und frühen 19. Jahrhundert aus, wobei als Begründer Gregor Mendel gilt, der systematische Kreuzungsexperimente mit Erbsen durchführte und diese statistisch auswertete. So entdeckte er die später nach ihm benannten Mendelschen Regeln, die in der Wissenschaft allerdings erst im Jahr 1900 rezipiert und bestätigt wurden (siehe unten: Historischer Abriss). Der heute weitaus wichtigste Teilbereich der Genetik ist die Molekulargenetik, die in den 1940er Jahren begründet wurde und sich mit den molekularen Grundlagen der Vererbung befasst. Aus ihr ging die Gentechnik hervor, in der die Erkenntnisse der Molekulargenetik praktisch angewendet werden.

    Alles normale und krankhafte psychische Geschehen ist untrennbar an Gehirnprozesse gebunden, sodass sich Psyche und Persönlichkeit des Menschen in engem Zusammenhang mit der Entwicklung seines Gehirns entwickeln. Es gilt dabei aber zu beachten, dass das Gehirn zwar der unmittelbare Erzeuger des Psychischen ist, jedoch aber zugleich jener Ort, an dem ganz unterschiedliche Faktoren aufeinandertreffen, indem das Gehirn alle diese Einflüsse verarbeitet und sie in Zustände psychischen Erlebens und in Verhalten umsetzt. Zu diesen Grundfaktoren gehören Gene, die vererbt werden, jedoch gibt es weder für einzelne Persönlichkeitsmerkmale noch für psychische Erkrankungen wie Angststörungen, Depression, Zwangserkrankungen oder Schizophrenie einzelne Gene, sondern stets eine Vielzahl von Genen. Wesentlich ist dabei die Aktivierung dieser Gene, also die Epigenetik, die ihrerseits teilweise vererbt, teilweise über Umwelteinflüsse modifiziert wird. Die Gene geben also einen breiten Korridor für die Entwicklung einer Persönlichkeit oder von Talenten vor. Die endgültige Ausbildung, in welchem Bereich dieses Korridors das individuelle Leben dann abläuft, ist von äußeren, psychischen, emotionalen und sozialen Faktoren abhängig. Viele dieser Faktoren beeinflussen über die Epigenetik die Ausprägung der einzelnen genetisch vorgegebenen Möglichkeiten. Dadurch können auch Wohlbefinden, Gesundheit und Krankheit deutlich beeinflusst werden. Psychotherapeutische Ansätze, die auch auf die epigenetisch wirkenden Faktoren ausgerichtet sind, haben oft eine stärkere Wirkung, als die Therapie von Symptomen und einzelnen Störungen.

    Zusammenspiel von Genetik und Epigenetik

    So kann die Aktivierung von Genen, die etwa mit der Entwicklung des Stressverarbeitungssystems im Gehirn des Kindes zu tun haben, bereits vorgeburtlich durch bestimmte Prozesse im Gehirn der Mutter beeinflusst werden. Wurde die werdende Mutter während oder sogar schon vor der Schwangerschaft traumatisiert durch Misshandlung, Missbrauch, schwere Unfälle oder schmerzhafte Verluste von geliebten Personen, so finden sich in ihrem Gehirn in stark erhöhtem Maße Stresshormone, die dann über die Blutbahn auf das Gehirn des ungeborenen Kindes einwirken und die dort stattfindende Entwicklung des Stressverarbeitungssystems negativ beeinflussen können. Für das Kind erhöhen derartige vorgeburtliche Einflüsse deutlich das Risiko späterer psychischer Erkrankungen, während eine Schwangerschaft unter gesunden Bedingungen eine hohe Resilienz zur Folge hat. Genetische und vorgeburtlich-epigenetische Prozesse bestimmen somit die psychische Grundausstattung eines Neugeborenen und damit sein Temperament als Kern seiner späteren Persönlichkeit.


    Historischer Abriss: Schon seit Jahrtausenden wissen die Menschen, dass Merkmale von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden, doch wie Eltern Eigenschaften an ihre Kinder weitergeben, blieb lange ein Rätsel. Einige dachten, dass die Kinder einfach ein Gemisch der elterlichen Merkmale seien, doch war nach dieser Ansicht nicht zu erklären, warum etwa ein Kind die blauen Augen der Mutter haben kann und nicht eine Mischung aus Mutters blauen und Vaters braunen Augen. Der Mönch Gregor Johann Mendel erst entdeckte die Regeln, nach denen die Vererbung funktioniert. Mit den Gesetzen zur Vererbungslehre konnte Mendel als einer der ersten erklären, nach welchem Muster Eigenschaften der Eltern auf die Nachkommen weitergegeben werden, und zwar sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren. Mendel forschte an Erbsenpflanzen, die er künstlich bestäubte, um die Eigenschaften der unter diesen kontrollierten Bedingungen gezeugten Nachkommen zu vergleichen, etwa die Merkmale Blütenfarbe, Struktur der Samenschale und Wuchsform. Aus den gewonnenen Zahlenverhältnissen leitete er die drei nach ihm benannten Gesetze ab. Mendel prägte dabei die Begriffe dominant und rezessiv, denn diese Eigenschaften von Genen spielen bei der Vererbung von Merkmalen eine entscheidende Rolle. Mendel beobachtete nämlich, dass bei Nachkommen von Eltern mit unterschiedlichen Eigenschaften, z.B. unterschiedlichen Blütenfarben, die eine Eigenschaft unterdrückt wird und nur die andere zur Ausprägung kommt. Er bezeichnete die stärkere Eigenschaft als dominant. In seinen Kreuzungsversuchen entdeckte er auch, dass die unterdrückte Eigenschaft nicht verloren ist, sondern in späteren Generationen wieder zum Vorschein kommen kann, also noch im Erbgut enthalten sein muss. Diese bezeichnete er als rezessiv. Heute weiss man, dass Gene in Körperzellen in der Regel in Paaren vorkommen, d.h., dass jede Eigenschaft in zwei Varianten (Allelen) vorhanden ist, wobei diese gleich sein (reinerbig, homozygot) oder unterschiedlich (gemischterbig, heterozygot) sein können. Bei der Bildung von Keimzellen werden die beiden Allele getrennt, wodurch Keimzellen nur eine Variante des Gens haben und bei der Befruchtung eine zweite von der andern Keimzelle erhalten. Neben der dominant-rezessiven Vererbung, bei der sich die Eigenschaften eines Elternteils durchsetzen, gibt es noch die intermediäre Vererbung, bei der die Nachkommen Eigenschaften erhalten, die einer Mischung der beiden elterlichen Eigenschaften entsprechen – so gibt es bei einer Kreuzung von roten und weißen Blütenfarben rosafarbene Nachkommen. Daneben gibt es Fälle von kodominanter Vererbung, was bedeutet, beide Genvarianten sind in der Kreuzung weder dominant noch rezessiv, sondern gleich stark und kommen somit beide zur Ausprägung – etwa bei den menschlichen Blutgruppen. Im Laufe der Entwicklung kann die Dominanz wechseln, zudem ist sie vom Einfluss anderer Gene und von Umweltfaktoren abhängig. Darüber hinaus gibt es Übergangsfälle zwischen dominant-rezessiver und intermediärer Vererbung.


    Literatur

    Roth, G. (2015). Wie das Gehirn die Seele formt. Frankfurter Allgemeine vom 11. August.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Genetik (11-12-03)
    https://kaech.weebly.com/uploads/grundlagen_genetik.pdf (12-12-12)


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