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Metagedächtnis

    Das Wissen von Menschen über Gedächtnisprozesse und ihr eigenes Lernen und Erinnern wird als Metagedächtnis bezeichnet und in der Psychologie, der Philosophie, den Erziehungswissenschaften und angrenzenden Disziplinen intensiv erforscht. Im Metagedächtnis wird also das Wissen über das eigene Gedächtnis und über die Möglichkeiten, das Gedächtnis effektiv zu nutzen, zusammengefasst. Metagedächtnis bezeichnet demnach das eigene Wissen eines Menschen über das eigene Gedächtnis, wobei die Entwicklung des Metagedächtnisses eine wichtige Voraussetzung dafür ist, jenes Verhalten zu steuern und zu kontrollieren, das mit Gedächtnisprozessen in Verbindung steht. Man unterscheidet dabei meist zwischen deklarativem und prozeduralem Metagedächtnis, wobei beide Arten  etwa mit acht Jahren vollständig verfügbar sind. So ist es wichtig, etwa bei Prüfungen die gespeicherten Informationen möglichst effizient zu nutzen, daher sollte man Aufgaben, deren Lösung man nicht sicher weiß, zunächst überspringen und erst jene Fragen angehen, deren Antworten wir kennen, was bedingt, dass man die Richtigkeit einer Erinnerung einschätzen kann.

    Das deklarative Metagedächtnis bezeichnet dabei das Wissen um Strategiemerkmale, Aufgabenmerkmale und Personenmerkmale. Das Wissen des deklarativen Metagedächtnisses ist faktisch verfügbar und verbalisierbar. Das prozedurale Metagedächtnis hingegen ist kaum verbalisierbar und bezieht sich auf die Regulation und Kontrolle gedächtnisbezogener Aktivitäten.

    Das Wissen um das eigene Gedächtnis ist aber generell eine wichtige Kontrollinstanz für das Speichern und Abrufen von Erinnerungen, wobei es eine äußerst hohe kognitive Leistung erfordert, einzuschätzen, wie richtig etwa eine im Gedächtnis gespeicherte Information ist. Ein Metagedächtnis wurde lange nur dem Menschen zugeschrieben, doch Studien mit Menschenaffen, Makaken und Delphinen zeigten, dass auch diese Tiere dazu fähig sind, denn sie überspringen schwierige Aufgaben in einem Gedächtnistest, sammeln bei Bedarf mehr Informationen, bevor sie die Aufgabe angehen, oder riskieren höhere Einsätze, wenn sie sicher sind, die damit verbundene Aufgabe richtig lösen zu können. Miyamoto et al. (2017) haben jüngst an Japanmakaken nachgewiesen, dass die an der Metagedächtnisleistung beteiligten Hirnregionen zwei Areale im präfrontalen Cortex sind.

    Übrigens: Sich nicht mehr an Passwörter erinnern zu könne, deutet nicht imbedingt auf ein schlechtes Gedächtnis hin, sondern eher auf das individuelle Wissen über das Gedächtnis und die individuelle Überzeugung, dieses verbessern zu können. Woods & Siponen (2017) ließen Studierende und Mitarbeiter einer Universität verteilt über zwölf Wochen zehn neue Passwörter anlegen und diese auf Aufforderung wiederholt auf einer  Webseite eingeben. Daneben wurde auch ein Gedächtnistest und ein Fragebogen über das Wissen über das menschliche Erinnerungsvermögen und das Gedächtnis durchgeführt. In dieser Untersuchung hing die Fähigkeit, sich an Passwörter zu erinnern, eher nicht mit dem Ergebnis im Gedächtnistest zusammen, sondern Woods & Siponen (2017) fanden einen Zusammenhang mit Teilen des Metagedächtnisses, also etwa der Überzeugung, das Passwortgedächtnis selbst beeinflussen zu können, sowie dem Wissen über die Funktionsweise des Gedächtnisses, wie man sich Wörter mit besonderer Bedeutung besser merken kann. Offenbar hat das Passwörtergedächtnis weniger mit guter oder schlechter Merkfähigkeit zu tun, sondern eher damit, was man darüber weiß und denkt. Auch fand sich kein direkter Zusammenhang zwischen der Erinnerung an Passwörter und dem allgemeinen Metagedächtnis, d. h., die Kenntnis typischer Gedächtnisstrategien half den Probanden zwar im Gedächtnistest, nicht aber beim Erinnern an Passwörter. Das bedeutet, dass sich gängige Merkhilfen wie Notizen auf Passwörter nicht sinnvoll anwenden lassen.


    Das Metagedächtnis und das Lernen

    Das Wissen von Menschen über sein Gedächtnis und im Speziellen sein eigenes enthält korrekte, aber auch falsche Annahmen etwa über vermeintlich sinnvolle Lernstrategien)und umfasst die Überwachung und Steuerung aktuell ablaufender Lern- und Gedächtnisprozesse. Fehleinschätzungen machen dann manchmal deutlich, dass Menschen keinen direkten Zugang zu diesen Prozessen haben, sondern sie stützen sich häufig auf äußere Informationen, die teilweise irrelevant sind. Wer den eigenen Lernfortschritt realistisch einschätzt und Wissenslücken rechtzeitig bemerkt, kann unliebsame Über­raschungen vermeiden und seine Leistung steigern, wobei es hilfreich ist, das eigene Können mit zeitlichem Abstand zum Wissenserwerb aktiv zu überprüfen.

    Literatur

    Miyamoto, K., Osada, T., Setsuie, R., Takeda, M., Tamura,K.,  Adachi, Y. & Miyashita , Y. (2017). Causal neural network of metamemory for retrospection in primates. Science , 355, 188-193.
    Woods, N. & Siponen, M. (2017). Too many passwords? How understanding our memory can increase password memorability. International Journal of Human-Computer Studies, 111, 36-48.
    http://www.spektrum.de/news/vergessen-sie-staendig-passwoerter/1526357 (17-12-15)


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