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Trennungsangst

    Trennungsangst tritt sowohl bei Kindern als Erwachsenen auf, und bezieht sich auf Menschen aber auch Objekte (z.B. Heimat, vertraute Umgebung), die für die Betroffenen sehr wichtig sind. Trennungsangst gehört bei Kindern bis zum dritten Lebensjahr zur normalen Entwicklung, wobei Kinder beginnen, unbekannten Menschen gegenüber zu fremdeln. Im Dunkeln oder wenn Kinder alleine sind, tritt die Angst besonders häufig auf, wobei der Kindergarten- oder Schulbesuch die schon überwundene Trennungsangst erneut auslösen können. Trennungsangst steht dabei in enger Beziehung zum Komplex der Bindung.

    Bei der Trennungsangst verspüren Kinder zum Teil heftige Ängste in Abwesenheit ihrer Bezugspersonen. Es handelt sich dabei – im Gegensatz zur Trennungsangst beim Erwachsenen – aber um eine normale Entwicklungsphase, die zwischen dem 7. und dem 18. Monat auftritt. Die bei der Trennung auftretenden Ängste werden dann als pathologisch eingestuft, wenn eine unübliche Ausprägung, eine abnorme Dauer über die typische Altersstufe hinaus und dadurch deutliche Probleme in sozialen Funktionen auftreten. Trennungsangst ist bei jüngeren Kindern daher durchaus ein entwicklungstypisches Verhalten, wobei bei einer emotionale Störung mit Trennungsangst, die etwa ab dem Vorschulalter auftreten kann, eine altersunangemessene und außergewöhnlich starke Angst davor besteht, sich von wichtigen Bezugspersonen zu trennen. Die betroffenen Kinder und Jugendliche fürchten sich etwa davor, dass den Bezugspersonen etwas zustoßen könnte oder sie auf andere Weisen von ihnen getrennt werden, etwa durch eine Entführung. Aus dieser Angst heraus können sie sich zum Beispiel weigern, alleine tagsüber zuhause zu bleiben, alleine zu schlafen oder in die Schule bzw. den Kindergarten zu gehen. Falls eine Vermeidung der Trennungssituation nicht möglich ist, kann gereiztes oder aggressives Verhalten auftreten. Auch wiederholte Albträume und körperliche Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Übelkeit können Teil dieser Erkrankung sein. Nach Statistiken tritt eine emotionale Störung mit Trennungsangst bei etwa 2 bis 4 Prozent der Kinder auf, wobei es bisher noch keinen spezifischen Erklärungsansatz zur Entstehung der Erkrankung gibt. Es wird aber angenommen, dass ein gehemmtes Temperament und ein unsicherer Bindungsstil sowie ein überbehütendes Erziehungsverhalten und bestimmte Aufmerksamkeitsverzerrungen eine Rolle spielen können.


    Definitionen

    Angst ist in der Psychoanalyse ein Zentralbegriff insbesondere, als S. Freud im frühen, unbewussten Erlebnis der Geburt- oder Trennungsangst des Säuglings, der sich von dem Mutterverlust und Liebesentzug ängstigt, die ursächl. Quelle aller Angstzustände (Real-A. vor den Gefahren der Außenwelt, Gewissens-A. vor dem Über-Ich und Trieb-A. vor der Stärke der Leidenschaft im Es) sieht, und zwar als Faktum, hinter des nicht weiter zurückgegangen werden kann. Die Real-A. erscheint dabei als normaler menschl. Vorgang, Gewissens-A. und Trieb-A. dagegen sind Krankheitserscheinungen, u.a. bei Neurosen, die sich nach Freud hauptsächl. Auf dem Boden der Angst ausbilden und deren wesentl. Symtom die A. ist.—Auch Erscheinungen des Zwangs (Zwangsdenken, Zwangshandlungen, Phobie) können auf dem Boden der A. entstehen. Der A. zustand vertieft sich, wenn der Zwang verdrängt oder unterdrückt, er schwindet, wenn dem Zwang nachgegeben wird (vgl. Mayrs‘ Enzyklopädisches Lexikon, 1971, S. 218).

    Angst, unbestimmtes, oft grundloses Gefühl des Bedrohtseins. In der Psychoanalyse wird A. als Trennungs A. (des Säuglings von der Mutter) bestimmt. A. kann – wie andere Affekte – ins Gegenteil umschlagen, zB Aggression. A. wird auch als ein >>Gefahrenschutzinstinkt<< erklärt. Bei der Mannigfaltigkeit der A. zustände, von der schleichenden bis zur panischen A. ist eine eindeutige Erklärung aller Phänomene der A. nicht möglich (vgl. Bertelsmann Universal Lexikon, 1991, S. 49).

    Trennungs-:~angst, die (Psych.): (bes. bei Kindern) Angst vor dem Verlust einer Bezugsperson (vgl. Duden, 1981, S. 2623).


    Die Phase der Differenzierung (Ab dem sechsten Monat)

    Das Kind beginnt den eigenen Körper von dem der Mutter zu unterscheiden, gleichzeitig aber auch diese von anderen Personen (vgl. S. 119). Sie ist nicht mehr austauschbar, ohne dass beim Kind heftige Reaktionen eintreten. Sie ist zum Liebesobjekt geworden, Spitz (1957), spricht von der Stufe der Eigentlichen libidinösen Objektbesetzung. Das Kind fühlt sich der Mutter zugehörig. Es stellt an sie besondere Ansprüche, vor allem den der Anwesenheit. Die emotionale Bindungsfähigkeit ist nun voll entwickelt. Die Beziehung zur ständigen Pflegeperson zeigt gegen das Ende des ersten Lebensjahres schon die Merkmale jeder libidinösen Beziehung: Wunsch nach Alleinbesitz, nach Zärtlichkeit und körperlicher Nähe, nach Beachtung und Anerkennung sowie Trennungsangst und ~schmerz (vgl. Schenk-Danzinger, 2007, S. 193).

    Vor allem in der ersten Zeit des Kindergartens treten oft Trennungsängste auf, wobei dann auch die Eltern mit einem schlechten Gefühl  in den Tag gehen. Übergänge sind immer etwas, das Kindern mehr oder weniger stark zu schaffen macht, daher sollten sich die Eltern Zeit nehmen, ihr Kind in den Kindergarten einzugewöhnen und zu Beginn möglichst lange dort bleiben, wobei diese Phase in der Regel mehrere Tage bis Wochen dauern kann. Ein solcher tränenreiche Abschied ist oft nur eine Momentaufnahme, denn das Kind hat in diesem Augenblick ein Gefühl von Unsicherheit oder sich auch darin verbissen. Manchmal hilft ein Kuscheltier, das in der ersten Zeit mit in den Kindergarten kommen darf, vielleicht gibt es auch eine Betreuerin oder ein anderes Kind, zu dem das Kind bereits Vertrauen hat. Eltern sollten sich stets deutlich verabschieden und sich nicht leise davonstehlen, besser ist es etwa, noch einmal auf die Uhr zu zeigen, wann man wiederkommt. Es ist daher selbstverständlich, sich an die angekündigte Zeit genau zu halten und besser etwas früher zu kommen als zu spät. Auch manche Kinder, die schon länger in den Kindergarten gehen, können sich morgens manchmal nur schwer trennen, wobei etwa ein Streit mit anderen Kindern am Vortag daran schuld sein kann. Dann ist es notwendig, einfühlsam nachzufragen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, denn wenn Kinder spüren, dass sie und ihre Probleme Eltern ernst nehmen, dann sind sie eher zu beruhigen, während eine zu emotionale oder gar ärgerliche Reaktion der Eltern das Problem nur verstärkt. Ob sich hinter der Unlust ein größeres Problem verbirgt, merken Eltern oft am Verhalten ihres Kindes, denn die meisten Eltern haben ein recht gutes Gefühl dafür, ob etwas nicht stimmt oder das Kind heute schlicht keine Lust hat, in den Kindergarten zu gehen. Wirkt das Kind über längere Zeit bedrückt, zieht sich zurück, ist unbeteiligt oder aggressiv, sollten Eltern und Erzieher aufmerksam sein. Haben die Eltern den Eindruck, dass gravierende Probleme im Kindergarten wie übergriffiges Verhalten von anderen Kindern dahinterstecken, dann sollte man unbedingt mit der Betreuerin über die eigenen Befürchtungen sprechen. Manchmal sind es auch Veränderungen zu Hause, die ein Kind belasten und die Trennung schwer machen, etwa Streit zwischen den Eltern, ein Umzug oder die Geburt eines Geschwisterkindes. Auch in diesen Fällen sollten die Eltern gemeinsam mit dem Kind überlegen, wie man die Situation erklären und lösen kann, etwa indem man eine Betreuungsperson einbindet.


    Tipps zu Kindergarteneintritt

    In den OÖN vom 4. September 2017 gibt die Kindergartenpädagogin Claudia Lang Eltern praktische Tipps, wenn beim Eintritt in den Kindergarten den Kindern der Abschied von den Eltern möglicherweise schwer fällt. Sie weist darauf hin, dass es etwa bei einem schüchternen Kind notwendig ist, diesen Übergang langfristig und gut zu planen. So sollten schon beim Aufnahmegespräch Eltern eventuelle Zweifel und Befürchtungen offen aussprechen. Besonders wichtig ist es, dass die Eltern positiv gestimmt sind, denn Kinder spüren solche Zweifel und reagieren oft stark darauf. Wichtig ist es, dem Kind etwas zutrauen, wobei sich vor allem Kinder, die noch nie alleine bei bei den Großeltern oder bei Freunden über Nacht geblieben sind, an die neue Situation erst gewöhnen müssen. Wichtig ist auch die Wortwahl, d. h., nicht „du musst in den Kindergarten gehen“, sondern „du darfst mit anderen Kindern viele schöne Sachen machen“. Eltern sollten sich auch auf die Frage vorbereiten: „Warum muss ich eigentlich in den Kindergarten gehen?“ Dabei ist die einfachste Antwort oft am besten: „Alle Kinder in deinem Alter gehen in den Kindergarten“. Bei ängstlichen Kindern bietet sich auch ein Erinnerungsstück an, etwa ein Plüschtier oder ein Familienbild als Anker, der dem Kind Sicherheit vermittelt. Besonders wichtig ist eine gute Vorbereitung, wobei man nicht nur Hausschuhe, Tasche und Jausenbox besorgt, sondern Eltern sollten sich schon lange vor dem ersten Tag Zeit nehmen, dem Kind genau zu erklären, was auf es zukommt. Häufig brauchen die Kinder dann auch etwas zeitlichen Abstand, um ihrerseits Fragen zu stellen und sich rückzuversichern, dass die Eltern das Kind nach ein paar Stunden auch wieder abholen. Schnuppertage erleichtern den Einstieg, denn zuerst bleiben Mutter oder Vater die ganze oder wenigstens einige Zeit da, dann gehen sie einmal für eine halbe Stunde einkaufen, wobei es wichtig ist, sich nicht fortzuschleichen, sondern das Kind zu informieren. Mit den KindergartenpädagogInnen sollte man vereinbaren, dass Eltern die Möglichkeit haben, nach einer halben Stunde oder Stunde anzurufen, um sich zu versichern, dass das Kind sich beruhigt hat und dass es ihm gut geht. In vielen Kindergärten werden Anfang viele Fotos gemacht, die wir dann möglichst rasch entwickelt und aufgehängt werden, denn so können Eltern sehen, wie ihre Kinder spielen und dass es ihnen gut geht.

    Literatur

    Bertelsmann Universal Lexikon (1991). Angst (S. 49). Gütersloh: Bertelsmann Lexikon Verlag GmbH.
    Duden  (1981). Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 6 (1981). Trennungsangst (S. 2623). Mannheim: Bibliographisches Institut.
    Meyers‘ Enzyklopädisches Lexikon (1971). Angst (S. 218). Mannheim: Bibliographisches Institut.
    Ohne Autor (2011). Trennungsangst.
    Online im Internet: WWW: http://de.wikipedia.org/wiki/Trennungsangst (11-11-16)
    Schenk-Danzinger, L. (2007). Die Phase der Differenzierung. Entwicklungspsychologie. Wien: G&G Verlagsgesellschaft mbH.
    https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/EMOTION/AngstKinder.shtml (12-11-21)
    http://www.fnp.de/ratgeber/familieundlebensart/Traenen-im-Kindergarten-Was-Kindern-bei-Abschied-hilft;art289,1561655 (15-12-12)


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