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forschendes Lernen

    Kurzdefinition: Für Forschendes Lernen ist kennzeichnend, dass die Studierenden aktiv und selbständig einen gesamten Forschungsprozess vollziehen, eine eigene Fragestellung bearbeiten und darauf hinarbeiten, ihre Ergebnisse auch zu veröffentlichen. Die Aufgabe der Lehrenden besteht bei Forschendem Lernen darin, die Ideen der Studierenden aufzugreifen, die Machbarkeit der Forschungsfrage im Blick zu behalten und die Studierenden im Forschungsprozess zu beraten und zu unterstützen.

    Drei wesentliche Merkmale zeichnen Forschendes Lernen aus: Studierende durchlaufen in einer Lehrveranstaltung einen vollständigen Forschungsprozess, sie bearbeiten eigene Fragestellungen und sie generieren wissenschaftliche Erkenntnisse. Beim Forschenden Lernen vollziehen die Studierenden den gesamten Forschungsprozess, wobei forschendes Lernen voraussetzt, dass die Studierenden alle Schritte im Forschungsprozess selbst erleben oder nachvollziehen. Die Phasen Forschenden Lernens korrespondieren somit weitgehend mit den typischen Schritten eines Forschungsprozesses:

    • in das Forschungsfeld einsteigen
    • mögliche Forschungsfragen identifizieren
    • Informationen und theoretische Zugänge erarbeiten
    • Methoden auswählen und aneignen
    • Forschungsfrage präzisieren
    • Forschungsdesign entwickeln
    • Forschungsdesign umsetzen
    • Ergebnisse aufbereiten und präsentieren
    • Forschungsprozess reflektieren

    Wie in realen Forschungsvorhaben sind die Schritte natürlich nicht immer chronologisch abzuarbeiten, sondern sie können sich je nach Vorhaben durchaus überschneiden, vermischen und zum Teil wiederholen.
    Ausgangspunkt für Forschenden Lernens ist immer eine Forschungsfrage, wobei diese von den Studierenden weitgehend eigenständig formuliert, bearbeitet und beantwortet wird. Eine eigenständige Arbeitsweise der Studierenden ist für Forschendes Lernen wie auch für andere konstruktivistische Lehr-Lernformen rundlegend, denn schließlich sollen Forschungsergebnisse nicht nur verstanden, sondern selbst konstruiert werden. Da bei Forschendem Lernen der gesamte Forschungsprozess vollzogen werden soll, brauchen die Studierenden den Freiraum, eigene Forschungsfragen zu wählen bzw. zu entwickeln. In der Regel geben die Lehrenden das Forschungsfeld ihrer Lehrveranstaltung vor, wobei die Studierenden innerhalb dieses Forschungsfeldes dann eine eigene Forschungsfrage formulieren können. Eine andere Variante besteht darin, dass die Lehrveranstaltung eine übergeordnete Forschungsfrage untersucht, die zum Beispiel aus der eigenen aktuellen Forschungsarbeit der Lehrenden kommen kann, und um diese übergeordnete Frage im Team zu beantworten, entwickeln und bearbeiten die Studierenden eigene Teilfragen. Eigenständige Arbeit zu fordern, bedeutet jedoch nicht, die Studierenden beim Forschen alleine zu lassen, sondern es gilt für die Leitung, die Studierenden im Forschungsprozess zu unterstützen, zu begleiten und zu beraten, insbesondere auch im Hinblick auf Herausforderungen, Umwege, Verzögerungen oder Unsicherheiten, die beim Forschen immer wieder auftreten können.

    Auch studentische Forschung hat das letztlich Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse zu generieren, was bedeutet, dass die Ergebnisse nicht nur für die Studierenden, sondern zumindest in Teilen auch für den Lehrenden neu sein können. Der Anspruch an studentische Forschungsvorhaben besteht dabei nicht zwingend darin, genuin neues Wissen zu konstruieren und einen originellen Beitrag zu Wissenschaft im eigenen Fach zu leisten, sondern Ziel ist es vielmehr, die Ergebnisse der eigenen Forschung so aufzubereiten und zu präsentieren, dass diese auch für ein Fachpublikum interessant und nachvollziehbar werden. Bei Forschendem Lernen sollte daher ein besonderer Fokus auf die Planung des gemeinsamen Abschlussprodukts bzw. eine mögliche Veröffentlichung der Ergebnisse gelegt werden. Didaktisch betrachtet, erhöht ein gemeinsames Ziel außerdem die Motivation der Studierenden, bis zum Ende engagiert dabeizubleiben.

    Zur Begriffsverwendung: Der Begriff des Forschens geht auf das althochdeutsche forsca – fragen – zurück, und bezeichnet in den Naturwissenschaften methodisch kontrolliertes und zielorientiertes Handeln, wobei naturwissenschaftliche Fragen zu erkennen und etwa von ethischen, gesellschaftlichen oder sozialen Fragen abzugrenzen, als wichtige Kompetenz gilt. Forschen als methodisch kontrolliertes Handeln wird im Unterricht aber viel zu wenig sichtbar, sondern es dominieren instruktions-orientierte Schüler- oder Lehrerexperimente (vgl. Tesch & Duit, 2004).

    Literatur

    Huber, L. (2004). Forschendes Lernen: 10 Thesen zum Verhältnis von Forschung und Lehre aus der Perspektive des Studiums. Die Hochschule, 2, 29–49.
    Huber, L. (2013). Die weitere Entwicklung des Forschenden Lernens. Interessante Versuche – dringliche Aufgaben. In L. Huber, M. Kröger & H. Schelhowe (Hrsg.), Forschendes Lernen als Profilmerkmal einer Universität: Beispiele aus der Universität Bremen (S. 21–36). Bielefeld: UVW UniversitätsVerlagWebler.
    Sonntag, M., Rueß, J., Ebert , C., Friederici, K., Schilow , L. & Deicke, W. (2017). Forschendes Lernen im Seminar. Ein Leitfaden für Lehrende. Humboldt-Universität Nerlin.
    Tesch, M., & Duit, R. (2004). Experimentieren im Physikunterricht – Ergebnisse einer Videostudie. Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 10, 51-69.


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