Anfang des 19. Jahrhunderts forderte der Physiologe Ernst Weber Probanden auf, mit verbundenen Augen veränderliche Gewichte zu halten. Sie sollten angeben, wann diese schwerer wurden. Dabei entdeckte Weber, dass kleine Änderungen nur bei einem kleinen, aber nicht bei einem großen Ausgangsgewicht wahrgenommen werden. G.T. Fechner entwickelte 1860 Webers Gedanken weiter, indem er die Reizintensitätsänderung der Empfindung bzw der Empfindungsänderung proportional zuordnete. Das daraufhin formulierte Weber-Fechnersche Gesetz besagte schließlich, dass der Zusammenhang zwischen einem Stimulus und seiner Wahrnehmung logarithmisch ist.
1. Definition
Das Weber Fechnersche Gesetz wird auch als das Gesetz von der abnehmenden Grenzwahrnehmung des Preises bezeichnet. Darüber hinaus lässt dieses Gesetz auch noch folgende Interpretation zu: Damit eine absolute Preisänderung dp überhaupt zu einer merklichen Wahrnehmungsänderung führt, muss sie im Verhältnis zum Ausgangsniveau einen bestimmten Wert überschreiten. Die absolute Preisänderung muss also umso höher sein, je höher das Ausgangspreisniveau ist, damit sie gefühlt wird. Liegt dieser Schwellenwert bspw bei 5%, so würde die Preiserhöhung für ein Auto von 15.000€ auf 15.500€ als solche nicht wahrgenommen werden. Erst eine Preiserhöhung um über 750€ würde als solche empfunden werden (vgl.Sander, 2004, S.439).
2. Definition
G.T. Fechner entwickelte 1860 Webers Gedanken weiter, indem er die Reizintensitätsänderung S der Empfindung bzw der Empfindungsänderung E proportional zuordnete. Eine gerade wahrnehmbare Reizänderung führt demnach zu einer gerade wahrnehmbaren Empfindungsänderung. Diese Empfindungsänderung aufsummiert ergibt folgende Beziehung. In dieser Weber Fechnerischen Beziehung bedeutet S0 den Reizschwellenwert. Das heißt also dass die Empfindung einer logarithmischen Funktion in Abhängigkeit vom Reiz folgt. Dieses Weber Fechnersche Gesetz gilt nur in dem Bereich wo auch das Webersche Gesetz gültig ist (vgl.Busch, 1998, S.54).
3. Definition
Für die Unterschiedsschwellen prothetischer Empfindungsgrößen gilt ein ähnlich allgemeines Gesetz, welches auf zahlreichen empirischen Beobachtungen beruht: das Weber´sche Gesetz. Weber hat gefunden , dass – jedenfalls im Bereich deutlich oberhalb der Absolutschwelle – die Unterschiedsschwelle prothetischer Empfindungsgrößen relativ konstant ist. Diese Gesetzmäßigkeit kann als recht gut gesichert angesehen werden wenngleich ihre Gültigkeit im Einzelfall von gewissen Eigenschaften des Stimulus – beispielsweise dessen Zeitstruktur – abhängt (vgl.Terhardt, 1998, S.17).
4 Definition
Das Weber Fechnersche Gesetz ist nicht eigentlich ein Gesetz der Psychophysik. Es beschreibt nur näherungsweise die Beziehung zwischen Reiz und sujektiver Reaktion. Immerhin ist es eine erste Annäherung und es ist daher für die Untersuchung der psychologischen Eigenschaften der Cobb Douglas Nutzenfunktion von Nutzen (vgl.S. Coleman, 1994, S.65).
5. Definition
Heute findet sich in den Psychologiebüchern meist die Bezeichnung „Weber Fechnersches Gesetz“, obwohl es Fechners Verdienst war, die Infinitesimalbetrachtung in diese Gesetzmäßigkeit aufzunehmen. Angemerkt sei noch, dass die universelle Gültigkeit des Weber Fechnerschen Gesetztes durch spätere Untersuchungen bezweifelt wurde. Man kann aber annehmen, dass das Gesetz annäherungsweise in den mittleren Bereichen der Sinnesreize gilt, dass es jedoch in den extremen Bereichen kaum Gültigkeit beanspruchen kann (vgl.E. Lück,1991,S.50).
Das Weber-Fechnersche Gesetzt gilt auch für die Informationen im Internet
Gros et al. (2011) untersuchten, ob das Prinzip des Weber-Fechnerschen Gesetzes nicht nur für Sinneswahrnehmungen sondern auch für die Speicherung von Informationen im Gehirn gilt, und haben dies anhand von 600 Millionen öffentlich zugänglichen Dateien untersucht. Sie entwickelten dazu eine eigene Dateisuchmaschine (http://www.findfiles.net), mit deren Hilfe Dateien von insgesamt sieben Millionen Domänen indiziert wurden, das sind alle Domänen, die von Wikipedia (alle Sprachen) oder dem Open Directory Project (DMOZ) aus verlinkt sind. Es konnte bei der Analyse der Daten eindeutig gezeigt werden, dass ökonomische Randbedingungen, wie die Kosten der Datenspeicherung und -Produktion, keinen limitierenden Faktor für die globale Datenproduktion darstellen, zumindest nicht für die Dateien, die für den menschlichen Gebrauch gedacht sind. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Annahme, dass die Produktion von Daten auf globaler Ebene den Zweck verfolgt, die Informationsentropie, also das Maß an Informationen gemäß Shannon, zu maximieren. Maximiert wird dabei nicht der `Brutto‘ Informationsgehalt in Bits und Bytes, sondern der `Netto‘ Informationsgehalt nach Verarbeitung durch das menschliche Gehirn. Demnach ist die Arbeitsweise des Gehirns der dominierende strukturierende Faktor für die globale Datenproduktion, und nicht die ökonomischen Randbedingungen. Die strukturierenden Faktoren wirken dabei aber nicht in absoluten Maßstäben, sondern in relativen, dem Webner-Fechner Gesetz entsprechend.
Die Ästhetik-Forschung, die seit einigen Jahren in der Psychologie eine Renaissance erlebt, ist nicht neu, sondern geht zurück auf Gustav Theodor Fechner. Fechner begann schon sehr früh ein Medizinstudium, fühlt sich aber nicht zum Arzt berufen, sondern verlagert seinen Schwerpunkt zunehmend in die Physik. Mit 34 Jahren wird er Direktor des physikalischen Instituts der Universität Leipzig. Seine Experimente zur Optik und zum Galvanismus beeinträchtigen jedoch seine Gesundheit. Zunehmend beschäftigt er sich mit philosophischen und psychologischen Fragen, insbesondere dem Grenzbereich zwischen Naturwissenschaft und Psychologie. 1860 erscheint sein Werk Elemente der Psychophysik. Seine Idee der Psychophysik besagte, dass man aus der Innenperspektive gewonnene Empfindungen, mentale nProzesse, Emotionen, Wünsche, Intentionen, quantitativ objektiv in Verbindung setzen kann mit physikalisch chemischen Gegebenheiten, sodass man auf der einen Seite die Naturwissenschaft nutzt, die objektiv misst, auf der anderen Seite, die psychologische Sichtweise über den Bericht von Probanden und Probandinnen, und diese mentalen und physikalisch chemischen Gegebenheiten in Verbindung bringt und so präzise gefasst werden können. Fechner schrieb 1876 seine Vorschule der Ästhetik, das eine Provokation darstellte, denn bis dahin galt Ästhetik als eine im wahrsten Sinne schöngeistige Angelegenheit von Philosophen und Literaten, nach Fechner aber eine Ästhetik von oben, der er seine Ästhetik von unten entgegensetzen wollte. Er fragte: Was findet denn eine Mehrheit als schön? Was finden Menschen überhaupt als schön?
Eine interessante Anwendung des Weber-Fechner-Gesetzes findet sich 2021 in der Archäologie, und zwar zum Nachweis, dass schon in der Hochkultur der Bronzezeit eine Urform von Geld gegeben hat. Erschlossen wurde das durch einen Vergleich von Ringen, Spangen und Klingen, die in Form und Gewicht erstaunlich standardisiert waren. Die Entwicklung von Geld und kohärenter Gewichts- und Maßsysteme gehören zu den bedeutendsten prähistorischen Entwicklungen der menschlichen Intelligenz, denn bevor Münzen geprägt oder Geldscheine gedruckt wurden, kamen verschiedene vormünzliche Zahlungsmittel zum Einsatz, deren Spektrum von Muscheln über Salzbarren bis zu Bronzeobjekten reichten, wobei ein wesentliches Merkmal dabei die Standardisierung darstellt. Kuijpers & Popa (2021) untersuchten mehr als fünftausend Ösenringe, Spangenbarren und Axtklingen aus Kupfer und Bronze aus der frühen Bronzezeit, wobei viele dieser Objekte in großer Zahl gefunden wurden, manchmal in Horten mit mehreren hundert Stück. Man verglich die Gewichte dieser Objekte statistisch, wobei etwa 70 Prozent der untersuchten Ringe ein Durchschnittsgewicht von rund 195 Gramm hatten, ähnlich genug, um in der Hand nicht als unterschiedlich schwer wahrgenommen zu werden. Die Spangenbarren teilte man in eine schwerere und eine leichtere Gruppe, wobei bei letzterer 38 Prozent der Spangen ein Gewicht von rund 81 Gramm hatten, bei ersterer wogen 71 Prozent etwa 186 Gramm. Geringer war die Übereinstimmung bei den Axtklingen, wo rund ein Drittel der untersuchten Objekte ein Gewicht von rund 285 Gramm hatte. Daher vermutet man, dass diese Ähnlichkeit in Form und Gewicht, zusammen mit der Tatsache, dass diese Objekte oft in Horten entdeckt wurden, auf eine Verwendung als frühe Form einer standardisierten Währung hindeuten, wobei es auch Belege dafür gibt, dass diese über größere Entfernungen ausgetauscht wurden. Am Ende der Frühbronzezeit sind Ösenringe und Spangenbarren dann verschwunden und es begann ein Handel mit Altmetall und Gusskuchen. Voraussetzung dafür waren die Entwicklung von Waagen und die kognitive Entwicklung eines Wägesystems gewesen, wobei die frühesten Belege dafür in Mittel- und Westeuropa aus der mittleren Bronzezeit stammen.
Literatur
Busch, M. (1998). Praxishandbuch Sensorik in der Produktentwicklung und Qualitätssicherung. Bayreuth: Behr´s Verlag
Coleman, J. (1994). Grundlagen der Sozialtheorie. München: Oldenbourg Verlag.
Gros, Claudius, Kaczor, Gregor & Markovic,Dimtrijé (2011). Neuropsychological constraints to human data production on a global scale, European Physical Journal B, arXiv:1111.6849.
Kuijpers, Maikel, H. G. & Popa, CÄtÄlin N. (2021). The origins of money: Calculation of similarity indexes demonstrates the earliest development of commodity money in prehistoric Central Europe. PLOS ONE, 16, doi:10.1371/journal.pone.0240462.
Lück, H. (1991). Geschichte der Psychologie. Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag.
Sander, M. (2004). Marketing Management. Stuttgart: Verlag Lucius & Lucius.
Terhardt, E. (1998). Akustische Grundlagen. Berlin: Springer Verlag.
https://science.orf.at/stories/3204212/ (21-01-21)