Spieltheorie

In der Psychologie versteht man unter Spieltheorie eine mathematische Methode zur Analyse strategischer Interaktionen, bei denen die Entscheidungen von Individuen oder Gruppen das Ergebnis für alle Beteiligten beeinflussen. Sie untersucht, wie rationale Akteure in Situationen mit Konflikt und Kooperation optimale Entscheidungen treffen.

Der Kern der Spieltheorie liegt in der Annahme, dass die Spieler versuchen, ihren eigenen Nutzen zu maximieren, wobei sie die potenziellen Züge ihrer Mitspieler berücksichtigen. Ein bekanntes Beispiel ist das Gefangenendilemma, das zeigt, wie rationale Entscheidungen auf individueller Ebene zu einem suboptimalen Ergebnis für die gesamte Gruppe führen können. In diesem Szenario werden zwei Verdächtige getrennt verhört und haben die Wahl zu gestehen oder zu schweigen. Die beste kollektive Lösung wäre, wenn beide schweigen; die beste individuelle Strategie ist jedoch immer zu gestehen, unabhängig davon, was der andere tut.

Ein anderes wichtiges Konzept ist das Nash-Gleichgewicht, das eine Situation beschreibt, in der kein Spieler einen Anreiz hat, einseitig von seiner gewählten Strategie abzuweichen, da er sich durch eine Änderung nicht verbessern könnte. Spieltheoretische Ansätze werden in der Psychologie genutzt, um Verhaltensweisen in sozialen Interaktionen, Verhandlungen und Entscheidungsprozessen zu verstehen.


1. Definition

Spieltheorie, dem Operations-Research und der Volkswirtschaftstheorie zugeordnete mathemat. Theorie zur Beschreibung strateg. Spiele, bei denen im ggs. zu reinen, durch die Wahrscheinlichkeitstheorie analysierten Glücksspielen (…) die Spieler Einflussmöglichkeiten besitzen, die das Spiel vollständig (…) oder teilweise (…) festlegen. Die S. wurde von J. von Neumann begründet und erstmals angewandt (1928) […] Anwendung findet die S. bei der Analyse von realen Situationen, die in ihrer Struktur als strateg. Spiele aufgefasst werden können: Tarifverhandlungen, betriebl. Mitbestimmung, strateg. Unternehmensentscheidungen, (zwischenstaatl.) Konflikte (vgl. Brockhaus Enzyklopädie, 1988, S. 659).

2. Definition

Sie wird auch als die Wissenschaft vom strategischen Denken bezeichnet. Gemeint ist damit die Strategie, einen Gegner zu überlisten, der das gleiche mit einem selbst versucht. […] Die Spieltheorie ist eine Methode zur Analyse von Entscheidungen in Konfliktsituationen, wobei sie menschliche Entscheidungsprozesse, in denen die einzelne Entscheidungseinheit keine vollständige Kontrolle über andere Entscheidungseinheiten ihrer Umwelt ausübt, inkludiert. Zusätzlich werden Schwierigkeiten, die Konflikt und bzw. oder Kooperation mit sich bringen, einbezogen (vgl. Himmelbauer, 1998, S. 3f).

3. Definition

Spieltheorie. – Wird der Ausgang einer Entscheidung nicht von einem zufallsblinden Naturereignis mitbestimmt, sondern durch die rationale Entscheidung einer anderen Person (einem Mitspieler oder Gegenspieler), so gelangen wir in das Gebiet der Spieltheorie, in dem normative und deskriptive Modelle für das Verhalten in solchen sozialen Situationen aufgestellt werden, in denen der Gewinn oder Verlust des einzelnen von den Entscheidungen mehrerer Personen abhängt (vgl. Asanger & Wenninger, 1988, S. 422).

4. Definition

„Die Theorie der Spiele bemüht sich um die mathematische Beschreibung der Strategie des Spielers, die man verstehen kann als den vollständigen Verhaltensplan, der für jede mögliche Situation, in die der Spieler im Verlauf einer Partie des Spieles gelangen kann, das Verhalten des Spielers, d.h. die in dieser Situation zu treffenden Entscheidungen festlegt“ (Burger, 1959, zit. nach Oerter, 1980, S. 222f).

5. Definition

„Ein Spieler, der in einer Partie eine Entscheidung zu fällen hat, muß diese jeweils aus einer bestimmten Situation heraus treffen. Er ist bei dieser Entscheidung im allgemeinen nicht über den gesamten bisherigen Verlauf der Partie informiert, da er oft gemäß den Spielregeln eine der früher getroffenen Entscheidungen seiner Gegner oder auch eine frühere Zufallsentscheidung (wie z.B. bei den meisten Kartenspielen die Kartenverteilung bei seinen Gegnern) nicht kennen darf“ (Burger, 1966, S. 9f).


Spieltheorie und Robotik

Forscher nutzen aktuell übrigens die Spieltheorie, um Roboter sicherer und menschenfreundlicher zu gestalten, insbesondere in Situationen, in denen sie eng mit Menschen zusammenarbeiten. Die Spieltheorie, ein mathematisches Konzept aus der Wirtschaftswissenschaft, hilft Robotern, Entscheidungen zu treffen, die sowohl ihre Aufgaben erfüllen als auch die Sicherheit der Menschen maximieren. Dabei agieren Roboter wie vorausschauende Schachspieler, die mögliche menschliche Fehler antizipieren und darauf reagieren, ohne die Sicherheit zu gefährden. Ziel ist es, Roboter zu entwickeln, die sich an den Menschen anpassen und nicht umgekehrt. Diese Technologie soll in Bereichen wie der Industrie oder der Altenpflege eingesetzt werden, um menschliche Fähigkeiten zu erweitern und das Leben zu verbessern, während gleichzeitig Ängste vor Kontrollverlust und Jobabbau in der Gesellschaft bestehen bleiben.

Der Dr.-Fox-Effekt

1970 hielt Myron L. Fox vor versammelten Experten einen Vortrag, der den eindrucksvollen Titel „Die Anwendung der mathematischen Spieltheorie in der Ausbildung von Ärzten“ trug. Und den Teilnehmern des Weiterbildungsprogramms der University of Southern California School of Medicine wurde Fox als „Autorität auf dem Gebiet der Anwendung von Mathematik auf menschliches Verhalten“ vorgestellt. Er beeindruckte die Zuhörer mit seinem gewandten Auftritt derart, dass keiner von ihnen merkte: Der Mann war Schauspieler und hatte keine Ahnung von Spieltheorie. Alles, was Fox getan hatte, war, aus einem Fachartikel über Spieltheorie einen Vortrag zu entwickeln, der ausschließlich aus unklarem Gerede, erfundenen Wörtern und widersprüchlichen Feststellungen bestand, die er mit viel Humor und sinnlosen Verweisen auf andere Arbeiten vortrug.

Literatur

Asanger, R. & Wenninger, G. (1988). Handwörterbuch der Psychologie. Weinheim: Psychologie-Verlags-Union.
Brockhaus Enzyklopädie (1988). Spieltheorie. Mannheim: F.A. Brockhaus GmbH, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG.
Burger, E. (1966). Einführung in die Theorie der Spiele. Berlin: Walter de Gruyter & Co.
Camerer, C. F. (2003). Behavioral game theory: Experiments in strategic interaction. Princeton University Press.
Himmelbauer, J. (1998). Der Einfluss der Persönlichkeit bei ultimativen Entscheidungsspielen. Unveröffentlichtes Manuskript. Linz: Johannes Kepler Universität.
Myerson, R. B. (1991). Game theory: Analysis of conflict. Harvard University Press.
Von Neumann, J., & Morgenstern, O. (1944). Theory of games and economic behavior. Princeton University Press.
Oerter, R. (1980). Moderne Entwicklungspsychologie. Donauwörth: Verlag Ludwig Auer.
Poundstone, W. (1992). Prisoner’s dilemma. Doubleday.
Stangl, W. (2017, 2. September). Bullshit. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik.
https:// lexikon.stangl.eu/16905/bullshit.
Die Zeit vom 16. September 2004.


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