Der Labeling Approach bzw. der Labeling-Ansatz – auch Labeling-Theorie oder Labeling-Theorie des sozialen Verhaltens – ist eine psychologische bzw. soziologische Theorie, die sich mit der Art und Weise befasst, wie gesellschaftliche Etikettierungen und Stigmatisierungen das Verhalten von Individuen beeinflussen können. Diese Theorie wurde in den 1960er und 1970er Jahren entwickelt und ist ein wichtiger Bestandteil der soziologischen Forschung und Devianzforschung. Der Labeling-Ansatz legt den Schwerpunkt darauf, wie die Gesellschaft Menshen aufgrund bestimmter Verhaltensweisen oder Merkmale Etiketten (Labels) zuweist, und wie diese Etikettierungen dann das Selbstbild und das Verhalten dieser Menschen beeinflussen können. Wenn etwa ein Mensch als deviant etikettiert wird, reagiert die Gesellschaft oft mit sozialen Sanktionen wie Stigmatisierung, Ausgrenzung oder strafrechtlicher Verfolgung, wobei diese soziale Reaktio dazu führen kann, dass die Person ihr Verhalten tatsächlich verstärkt und sich mit der devianten Identität identifiziert. Eine solche Etikettierung kann das Selbstbild und die Identität eines Mensch beeinflussen, denn wenn jemand ständig als deviant betrachtet wird, kann dies zu einer selbst erfüllenden Prophezeiung führen, bei der die Person tatsächlich mehr deviantes Verhalten zeigt, da sie glaubt, dass sie sowieso als abweichend betrachtet wird. Der Labeling Approach unterscheidet zwischen primärem und sekundärem abweichendem Verhalten, wobei primäres abweichendes Verhalten ein Verhalten darstellt, das von der Gesellschaft als abweichend angesehen wird, aber nicht zwangsläufig zu einer negativen Reaktion führt, während sekundäres abweichendes Verhalten ein Verhalten ist, das durch die Reaktion der Gesellschaft auf primäres abweichendes Verhalten entsteht.
Beispiel: Aus psychologischer Sicht ist festzustellen, dass psychische Label wie ADHS, Depression oder Autismus inzwischen so attraktiv geworden sind, weil sie Probleme auf biologische Ursachen zurückführen, die nichts mit den Menschen persönlich zu tun haben, obwohl deren biologische Basis ausgesprochen fragwürdig ist.
Der Labeling Approach ist nicht unumstritten, denn Kritiker argumentieren, dass der Ansatz zu stark auf die Reaktion der Gesellschaft auf abweichendes Verhalten fokussiert, und weisen darauf hin, dass auch individuelle Faktoren wie Persönlichkeitsmerkmale oder soziale Herkunft eine Rolle für abweichendes Verhalten spielen können. Der Labeling Approach ist darüber hinaus ein zu statisches Modell ist, denn er geht davon aus, dass sich abweichendes Verhalten durch die Reaktion der Gesellschaft verfestigt, obwohl jedoch das abweichende Verhalten von Menschen oft dynamisch ist und sich im Laufe der Zeit ändern kann.
1. Definition
Unter dem Stichwort „Labeling Approach“ werden mehrere Theorien in der Kriminologie zusammengefasst. Diese Theorien versuchen das Verhalten von Straftätern und anderer Personen mit abweichendem Verhalten aus der Reaktion auf die Umwelt und nicht aus speziellen Gegebenheiten innerhalb der Persönlichkeit der Person selbst zu erklären (vgl. Rüther, 1975, S. V).
2. Definition
Beim „Labeling Approach“ im schulischen Aspekt wird von abweichendem Schülerverhalten gesprochen, wenn bestimmte Verhaltensweisen, Handlungen, Leistungen usw. vom Lehrer als Abweichung von formellen wie informellen Normen, Erwartungen und Anforderungen empfunden, interpretiert, definiert werden und er in Form von Aufforderungen, Ermahnungen, Strafen, veränderten Interaktionsbeziehungen usw. darauf reagiert (vgl. Glötzl, 1979, S. 9).
3. Definition
Der Begriff „Labeling Approach“ befasst sich mit dem Zusammenhang von sozialer Abweichung und sozialer Kontrolle (vgl. Keckeisen, 1974, S. 11).
4. Definition
Der „Labeling“-Ansatz lässt soziale Probleme als die Ursache von gesellschaftlichen Reaktionen und nur ganz selten als deren Reflex erscheinen (vgl. Scull, 1980, S 16).
5. Definition
Der „Labeling Approach“ sagt aus, dass abweichendes Verhalten erst durch bestimmte Reaktionen von Instanzen sozialer Kontrolle, nämlich durch Etikettierungen von Personen oder Handlungen als abweichend, konstituiert wird (Kuhlen, 1978, S. 1).
6. Definition
Mit dem Etikettierungsansatz wird abweichendes Verhalten dadurch erklärt, dass die Abweichung sozial zugeschrieben und nicht objektiv vorhanden sei.
Literatur
Glötzl, H. (1979). „Das habe ich mir gleich gedacht!“ Der Einfluss von Lehrerverhalten und Schulsystemen auf die Ausprägung und Verfestigung abweichenden Verhaltens. Weinheim: Beltz Verlag.
Keckeisen, W. (1974). Die gesellschaftliche Definition abweichenden Verhaltens. Perspektiven und Grenzen des labeling approach. München: Juventa Verlag.
Kuhlen, L. (1978). Die Objektivität von Rechtsnormen. Frankfurt am Main: Peter Lang.
Rüther, W. (1975). Abweichendes Verhalten und „labeling approach“. Köln: Carl Heymanns Verlag.
Scull, A. T. (1980). Die Anstalt öffnen? Decarceration der Irren und Häftlinge. Frankfurt: Campus Verlag.