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Vigilanz

    Vigilanz oder Wachheit ist jene Aufmerksamkeitsleistung, bei der eine bestimmte Aktivität über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten wird. Aufmerksamkeit ist aber auch ein Vorgang, bei dem bestimmte Objekte der Welt eine größere Bedeutung erhalten als andere. Der allgemeine Aktivierungsgrad des Organismus, der als Aufmerksamkeit, Wachsamkeit oder Vigilanz bezeichnet wird, stellt somit eine aktive Komponente der Wahrnehmung dar, die sowohl von äußeren Reizbedingungen wie auch von Bedingungen des Allgemeinzustandes des Organismus, der Motivation etwa, abhängt. William James beschrieb schrieb zur Aufmerksamkeit: „Jedermann weiß, was Aufmerksamkeit bedeutet. Das Bewusstsein ergreift, in klarer und lebendiger Form, Besitz von einem Gegenstand oder einem Gedankengang aus einer Reihe gleichzeitig möglicher. Das wesentliche Merkmal der Aufmerksamkeit ist, dass sich das Bewußtsein quasi in einem Brennpunkt konzentriert. Es ist ein Abwenden von den einen Dingen, um mit den anderen besser umgehen zu können“.


    1. Definition
    „Vigilanz bezeichnet den über eine längere Zeit aufrechterhaltenen Zustand, seltene Veränderung in der Umwelt zu erkennen und darauf zu reagieren. Überwachungstätigkeiten, bei denen sehr selten eine Reaktion erforderlich ist, sind Beispiele für Vigilanzaufgaben“ (Pawlik 2006, S.137).
    2. Definition
    „Vigilanz kennzeichnet eine allgemeine, energetisch bedingte psycho-physiologische Reaktionsbereitschaft des Organismus. Heute ist dieser Begriff durch die sog. ‚Aktivierungsdimension‘ ersetzt. Dafür wurde Vigilanz von der Psychologie für die Probleme der Wachsamkeit oder Aufmerksamkeitstenazität bei Überwachungs- oder Signalentdeckungsaufgaben in Anspruch genommen“ (Hauty zit. nach Bäumler 1974, S.54).
    3. Definition
    Bei Daueraufmerksamkeit wie auch der Vigilanz geht es um eine über längere Zeit aufrechterhaltene Aufmerksamkeit (vgl. Westhoff & Hagemeister 2005, S.16).
    4. Definition
    „Die Neugeborenen verfügen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ihm gestatten, die Fülle der einstürmenden Umweltreize sinnvoll zu reduzieren, zur ordnen und zu strukturieren. Die wichtigsten Fähigkeiten sind hierbei Gedächtnis und Aufmerksamkeit, die Lernen sowie höhere geistige Prozesse, wie Denkprozesse erst ermöglichen“ (Barchmann, Kinze & Roth 1991, S.101).
    5. Definition
    „Unter Vigilanz versteht man in der Psychologie „einen Zustand der Bereitschaft, spezifische, geringfügige Veränderungen, die in Zufallsintervallen in der Umwelt auftreten, zu bemerken und auf sie zu reagieren“ (Mackworth zit. nach Jäger & Petermann 1992, S. 391).


    Vigilanzaufgabe und Lernen

    Für die Gestaltung von Lernpausen raten Psychologinnen und Psychologen, lieber etwas zu tun, das sich von der eigentlichen Arbeit unterscheidet, also keine Tätigkeiten am Schreibtisch oder Bildschirm auszuführen. Ariga & Lleras (2010) führten zu diesem Thema ein Experiment durch: Die Beobachter wurden gebeten, eine visuelle Vigilanzaufgabe auszuführen, während sie die Zahlen im Gedächtnis behielten. Wenn die Beobachter die Zahlen am Ende der Vigilanzaufgabe abriefen, nahm ihre Vigilanzleistung mit der Zeit stark ab. Wurden die Beobachter jedoch gebeten, die Zahlen während der Vigilanzaufgabe sporadisch abzurufen, konnte der Vigilanzabfall verhindert werden. Diese Ergebnisse stellen eine direkte Herausforderung für die weit verbreitete Ansicht dar, dass Vigilanzabfälle auf eine Erschöpfung der Aufmerksamkeitsressourcen zurückzuführen sind, und bieten einen nachvollziehbaren Mechanismus, um dieses schleichende Phänomen im Alltag zu verhindern. So vermuten Ariga & Lleras (2010), dass ein Vigilanzabfall dadurch entsteht, dass es dem kognitiven Kontrollsystem nicht gelingt, das Ziel der Vigilanzaufgabe über einen längeren Zeitraum aktiv zu halten, dass also eine Habituation an das Ziel stattfindet. Durch eine kurzzeitige Deaktivierung des Vigilanzziels, d.h. durch einen Aufgabenwechsel, kann eine Habituation des Aktivierungsniveaus des Vigilanzziels verhindert werden. Für die Gestaltung von Lernpausen empfehlen sich daher Bewegungsangebote wie Gymnastikübungen, ein kleiner Spaziergang oder das Gießen von Blumen, da der kurze Aufgabenwechsel der Habituation, also der Gewöhnung, die zwangsläufig zu einem Nachlassen der Aufmerksamkeit führt, entgegenwirkt.

    Literatur

    Ariga, Atsunori & Lleras, Alejandro (2010). Brief and rare mental “breaks” keep you focused: Deactivation and reactivation of task goals preempt vigilance decrements. Cognition, 118, 439-443.
    Barchmann, H., Kinze, W. & Roth, N. (1991). Aufmerksamkeit und Konzentration im Kindesalter. Berlin: Verlag Gesundheit GmbH.
    Bäumler, G. (1974). Mensch und Maschine, Zur Diagnostik der Dauerüberwachungsfähigkeit. Göttingen: Verlag Diemar Klotz GmbH.
    Jäger, R. & Petermann, F. (1992). Psychologische Diagnostik. Weinheim: Psychologie Verlag Union.
    Pawlik, K. (Hrsg.) (2006). Handbuch Psychologie, Wissenschaft-Anwendung-Berufsfelder. Heidelberg: Verlag Springer Medizin.
    Stangl, W. (2011, 13. März). Warum nicht alle Aktivitäten in Lernpausen entspannend sind . Neuigkeiten aus der wissenschaftlichen Pädagogik.
    https:// paedagogik-news.stangl.eu/warum-nicht-alle-aktivitaeten-in-lernpausen-entspannend-sind.
    Westhoff, K. & Hagemeister, C. (2005). Konzentrationsdiagnostik. Lengerich: Pabst Science Publishers.
    http://solokabarett.blogspot.co.at/2010/07/die-vigilanz.html (08-12-21)


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