Die Medienpsychologie ist ein Teilgebiet der Psychologie und beschäftigt sich dem Erforschen und Analysieren menschlicher Verhaltensweisen in Zusammenhang mit der Nutzung von Medien. Ob zur Information, Kommunikation oder Unterhaltung greifen Menschen tagtäglich auf die verschiedensten Medien zurück, das reicht vom privaten Telefongespräch über den Fernsehkonsum bis hin zu reinen Medienarbeitsplätzen. Medien durchdringen heute viele Alltagsbereiche und sind aus ihnen nicht mehr wegzudenken, wobei sich vor allem in den letzten Jahren der Umfang des Medianangebotes ausgeweitet hat, und die Nutzung vor allem der digitalen Medien immer einfacher und komfortabler wurde. Medien beeinflussen das Denken und das Fühlen der Menschen, was sowohl für klassische Printmedien wie für neue Medien das Internet zutrifft.
Aufgabe der Medienpsychologie ist die grundlagenwissenschafliche sowie anwendungsbezogene Erforschung (Angewandte Psychologie) der psychischen Zustände und Vorgänge sowohl auf der Seite der Produzenten von Medienbotschaften als auch auf der Seite der Mediennutzer bei der medialen Massen- und Individualkommunikation. Dabei kommt das gesamte Theorie- und Methodeninventar der empirischen Psychologie zum Einsatz. Die Medienpsychologie ist ein noch junges Fachgebiet und beschäftigt sich dabei mit gesellschaftlich wichtigen Themen wie dem Zusammenhang von Medien und Gewalt oder der Auswirkung von Talkshows auf die ZuhörerInnen. Aber auch Mobilkommunikation, Massenmedien und Massenkommunikation, die Rolle der Medien für die Demokratie, das Lehren und Lernen mit Multimedia und Internet bilden Themen der Medienpsychologie. Ausgangspunkt der empirischen Medienwirkungsforschung war die in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts einsetzende Wirkungs- und Kampagnenforschung. Der gegenwärtigen Medienforschung liegt der Ansatz des aktiven Nutzers zugrunde, der die Medien mit ihren jeweils spezifischen Eigenheiten und Funktionen für seine aktuellen Bedürfnisse und Ziele instrumentalisiert.
Die Medienpsychologie sucht Antworten auf die Frage, welche verhaltensbezogenen und emotionalen Wirkungen die Nutzung von Individual- und Massenmedien bei Einzelpersonen und Gruppen hinterlässt. Mit ihren Analyse- und Untersuchungsverfahren schafft die Medienpsychologie auch wichtige Voraussetzungen für die Optimierung von Medieninhalten, etwa auch im Bereich der Usability.
Die Auswirkungen der Nutzungsdauer von digitalen Medien auf Menschen weisen auf komplexe Zusammenhänge hin, wobei eine einfache Proportionalität zwischen Dauer und negativen Folgen nicht existiert. Wesentlich wichtiger scheint offenbar, welche Vorerfahrungen die NutzerInnen haben und in welchen Umständen sie aufwachsen.
Stachl et al. (2020) haben Daten auf Smartphones analysiert, inwiefern der Gebrauch Rückschlüsse auf die Persönlichkeit zulässt. Bekanntlich sammeln Smartphones umfassend Daten über ihre NutzerInnen und deren Verhalten, etwa den Standort, die Nutzung von Apps, die Kommunikation oder den Medienkonsum. Stachl et al. (2020) versuchten nun aus solchen Daten Rückschlüsse auf die Big Five-Persönlichkeitsmerkmale zu ziehen, indem mann sechs verschiedenen Kategorien des Smartphone-Verhaltens bewertete, die über Sensor- und Protokolldaten erfasst worden waren. Diese Kategorien waren die Kommunikation und das soziale Verhalten, der Musikkonsum, die App-Nutzung, die Mobilität, die allgemeine Telefonaktivität und die Tag- und Nacht-Zeitaktivitäten. Mithilfe eines Ansatzes des maschinellen Lernens hat man die Smartphone-Daten von Freiwilligen an dreißig aufeinander folgenden Tagen gesammelt und analysiert. Bestimmte Verhaltensmuster in diesen sechs untersuchten Kategorien ließen tatsächlich Rückschlüsse auf die Persönlichkeitsmerkmale zu, wobei diese Vorhersagen ähnlich genau waren wie die, die Social Media-Plattformen aus den digitalen Fußabdrücken ihrer NutzerInnen, also etwa den Likes auf Facebook, ableiten können. Vor allem die Analyse der Kommunikation und des sozialen Verhaltens sowie die App-Nutzung lassen Vorhersagen über die Persönlichkeitsmerkmale besonders gut zu. Dabei hätten sich am besten Aussagen über Offenheit, Gewissenhaftigkeit und Extraversion treffen lassen, während das bei der emotionalen Stabilität hingegen nur eingeschränkt möglich war, und beim Ausmaß der Verträglichkeit überhaupt nicht. Es gibt bereits zahlreiche kommerzielle Akteure, die solche Daten, wie sie in der Studie verwendet wurden, mithilfe öffentlich zugänglicher Anwendungen sammelten, wobei Datenschutzgesetze solche Praktiken im privaten Sektor meist nicht ausreichend schützen. Vor allem App-Anbieter müssten ihre NutzerInnen besser darüber informieren, welche Daten genau für welchen Zweck gesammelt werden und was anschließend mit diesen passiert, so dass alle NutzerInnen bewusst zustimmen oder ablehnen können. Es muss daher deutlicher sein, ob man mit einer App-Nutzung automatisch auch der Prognose der eigenen privaten Merkmale wie der Persönlichkeit zustimmt.
Literatur
Stachl, Clemens, Au, Quay, Schoedel, Ramona, Gosling, Samuel D., Harari, Gabriella M., Buschek, Daniel, Völkel, Sarah Theres, Schuwerk, Tobias, Oldemeier, Michelle, Ullmann, Theresa, Hussmann, Heinrich, Bischl, Bernd & Bühner, Markus (2020). Predicting personality from patterns of behavior collected with smartphones. Proceedings of the National Academy of Sciences, doi:10.1073/pnas.1920484117.
http://www.bdp-verband.de/psychologie/glossar/medienpsychologie.shtml (11-12-12)