Zu Hause ist ja kein Ort, es ist unsere Erinnerung.
Ferdinand von Schirach
Der Begriff des Third Place bzw. dritten Ortes wurde 1989 vom Soziologen Ray Oldenburg geprägt, der damit einen Ort bezeichnete, der noch nicht mit den alltäglichen Verpflichtungen besetzt ist. Der erste Ort ist für Menschen das Zuhause, der Arbeitsplatz ist für ihn zum zweiten Ort geworden, doch Menschen suchen häufig nach einem Raum für andere Dinge, einen Raum, der etwas Anderes bietet, eine Auszeit und gleichzeitig etwas Vertrautes und Sicheres, ein Wohlgefühl. Ray Oldenburg schuf sich seinen eigenen Third Place als Bar in der Doppelgarage seines Hauses, wo sich Menschen aus der Nachbarschaft zwanglos treffen konnten. Dafür befüllte er einen echten Mahagonischrank mit diversen Spirituosen, einen Kühlschrank mit Bier und einen kleiner Weinschrank, weil ihm der Gedanke gefiel, ein guter Gastgeber zu sein.
Der Begriff Third Place steht somit allgemein für Plätze, an denen sich Menschen versammeln und begegnen, wie etwa Cafés, Museen, Bibliotheken, Theater, Kinos, Buchläden oder Kirchen, also Orte, an denen man Erholung findet, etwas erlebt, sich geborgen fühlt. Diese Orte können einerseits traditionelle Orte sein, wie der Stammbäcker oder Friseur, aber auch neue Bars, Citygärten und Shoppingzentren können zu dritten Orten werden. Third Places sind ein Face-to-Face-Phänomen, sodass die auch auftauchende Idee, elektronische Medien könnten so eine Art virtuellen Dritten Ort erzeugen, höchst irreführend ist. Wer an einen Third Place kommt, öffnet sich denen, die schon da sind, wobei diese Menschen völlig anders sein können als man selbst.
Besonders an Plätzen, wo Mobilität und Individualismus die beiden Grundprinzipien sind, ist es wichtig, solche dritten Orte zu schaffen, sodass Flughäfen solche Orte für die Transitgäste anbieten, um sich aus dem Jetset auszuklinken. Ein weiteres Beispiel sind Räume für Urban-Gardening, wo sich Menschen eine grüne Oase für Ruhe schaffen und gemeinsam mitten in der Stadt arbeiten. Das kann etwa auf Dächern oder Terrassen geschehen, aber auch eine Strandbar mitten in der Stadt wie die Sandburg in Linz.
Solche dritten Orte müssen nicht unbedingt als reale Plätze existieren, sondern auch Erinnerungsstücke, Bücher, Fotoalben oder Briefe können zu individuellen Dritten Orten werden. Überall dort, wo Menschen sich aus dem beschleunigten Alltag entziehen und eine Nische finden, in der sie frei sind. Oft entstehen in diesen Freiräumen neue Ideen und Kreativität, sodass solche Orte in manchen Konzernen für die MitarbeiterInnen eingerichtet werden, die so für ein vermehrtes Wohlbefinden sorgen sollen. Viele Unternehmen haben bereits die Bedeutung der Third Places für ihre Büros entdeckt und richten Loungebereiche, interne Cafés, Kaffee- oder Saftbars ein, damit ihre MitarbeiterInnen sich dort entspanntin informeller Atmosphäre mit KollegInnen austauschen können.
Auch Gärtnern in der Stadt sorgt für Third Places
Gärtnern ist im wahrsten Sinne des Wortes eine erdende Tätigkeit, doch nicht jeder hat ein Haus mit Garten und damit ausreichend Platz, um dieser Beschäftigung nachzugehen. Deshalb setzen viele auf Urban Gardening, denn Urban Gardening verbindet die Vorteile des Wohnens in der Stadt mit den Vorzügen des Landlebens, so dass sich interessierte Städter ein Stück Natur in ihr städtisches Refugium holen können. Beim Urban Gardening spielt es keine Rolle, ob es sich um eine kleine grüne Oase auf dem Balkon, ein paar Blumentöpfe und ein Hochbeet, einen vertikalen Garten auf der Miniterrasse oder einen Gemeinschaftsgarten handelt, der gemeinsam mit anderen bewirtschaftet wird. Vor allem letztere boomen, denn der oft knappe Platz in der Stadtwohnung bleibt erhalten, gleichzeitig können in den Gemeinschaftsbeeten meist größere Flächen für Gemüse und Obst genutzt werden, so dass auch Arten angebaut werden können, die zu Hause auf dem Balkon oder der Terrasse keine Überlebenschance hätten. Wesentlich ist auch die soziale Komponente, denn wer gemeinsam gärtnert, kann sich mit anderen austauschen, sein Wissen erweitern und hat gleichzeitig mehr Spaß dabei. Außerdem verbessert jede Grünfläche im Betondschungel der Stadt das Mikroklima und macht das Wohnumfeld grüner und nachhaltiger. Teilweise werden Gemeinschaftsgärten, Dach- und Fassadenbegrünungen sowie die Pflanzung von Stadtbäumen sogar von den Kommunen gefördert (Stangl, 2018).
Literatur
Oldenburg, Ray (1989). The Great Good Place. New York: Paragon House.
Stangl, B. (2018, 10. November). Gärtnern in der Stadt: Urban Gardening. Das Hochbeet in der Stadt.
https:// hochbeet.stangl.eu/gaertnern-in-der-stadt-urban-gardening
https://www.steelcase.com/eu-de/forschung/artikel/themen/design-q-a/interview-mit-ray-oldenburg/ (19-06-01)
http://www.culturecommunication-germany.com/tag/third-place/ (16-07-11)