Der Habitus ist nach Bourdieu die Grundhaltung eines Menschen zur Welt und zu sich selbst, wobei der Habitus aus den Denk- und Verhaltensstrukturen besteht, die die Möglichkeiten und Grenzen des Denken und Handelns eines Menschen bestimmen. Dabei kommt es in einem Prozess der Entwicklung zu einer Anpassung des Habitus an objektive Strukturen, wobei sich diese Anpassung meist zeitverzögert und unbewusst vollzieht, und eine allmähliche Veränderung der durch Lernen entstandenen Weltsicht eines Menschen bedeutet. Der Habitus legt z. B. fest, was ein Mensch sich zutraut, welche Wahrnehmungskategorien er besitzt, was für ihn denkbar ist, welches Verhalten für ihn so selbstverständlich ist, dass er nicht darüber nachdenkt, welches schwer vorstellbar und durchführbar ist und welches vollkommen unmöglich für ihn erscheint. Dieser Habitus entwickelt sich dabei stets in einem gesellschaftlichen Raum, den Bourdieu als Feld bezeichnet. Der Begriff Feld beschreibt dabei ein gesellschaftliches System, wobei in einer Gesellschaft stets mehrere autonome Felder nebeneinander existieren, bei dem jedes Feld eine abgrenzbare eigenständige Funktion in der Gesellschaft einnimmt (z. B. Justiz, Gesundheit, Wirtschaft, Religion oder Kunst). Für Bourdieu hat die grundlegende Funktionsweise von Feldern auf der strukturellen Ebene klare Regeln und Gemeinsamkeiten.
Generationenkonflikte entwickeln sich nach Bourdieu aufgrund des Hysteresis-Effekts, wodurch der Habitus aufgrund seiner langsamen Veränderung als konservierender Faktor auf die Möglichkeiten des Handelns eines Individuums wirkt. Allerdings schützt diese konservative Eigenschaft den Habitus in Krisen davor, etwa einen Lebensentwurf zu schnell in Frage zu stellen.
In seiner Habitus-Feld-Theorie, manchmal auch als allgemeine Feldtheorie bezeichnet, beschreibt Bourdieu diese Gemeinsamkeiten, die in allen Feldern auftreten, wobei die Feldtheorie ein Gerüst an Konzepten und Theoretisierungsvorschlägen zur Analyse von einzelnen gesellschaftlichen Feldern darstellt. Ein und dasselbe Feld wie etwa das juristische Feld oder das religiöse Feld kann sehr unterschiedlich in den einzelnen Gesellschaften ausgeprägt sein, da es in unterschiedlichen Kulturen entstanden ist und eine eigene Geschichte mit sich bringt, was die aktuelle Struktur mitprägte.
Literatur
Bourdieu, P. (1997). Die verborgenen Mechanismen der Macht. Hamburg: VS Verlag.
Bourdieu, P. (1998). Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.
Stangl, W. (2018). Stichwort: ‚Habitus‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
WWW: https://lexikon.stangl.eu/1971/habitus/ (2014-11-21)
https://de.wikipedia.org/wiki/Soziales_Feld (14-11-21)