Das Münchhausen-Syndrom bezeichnet das absichtliche Erzeugen oder Vortäuschen von körperlichen oder psychischen Symptomen oder Behinderungen, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Menschen mit dem Münchhausen-Syndrom leiden überzufällig häufig auch an anderen psychischen Störungen wie Selbstverletzung, Borderline-Persönlichkeitsstörungen oder aggressiver Persönlichkeitsstörungen.
Dieses Syndrom wird meist als eine Variante selbstverletzenden oder selbstschädigenden Verhaltens im Rahmen der Borderline-Persönlichkeitsstörung aufgefasst. Oft finden sich bei den Betroffenen auch ausgeprägte Identitätsstörungen oder Selbstwertdefizite. Als Ursachen der Störung werden ungünstige psychosoziale Entwicklungen oder Traumatisierungen in Kindheit und Jugend vermutet.
Allgemein bekannt ist dieses Phänomen bei Feuerwehrleuten, die Brände legen, um sie danach selber löschen zu können. Diese Erscheinungen treten auch im Zusammenhang mit Mobbing am Arbeitsplatz auf. Eine daher vergleichbare pathologische Erscheinung lässt sich auch in Organisationen beobachten: das Münchhausen-Syndrom am Arbeitsplatz, bei dem in Unternehmen Mitarbeiter künstlich Probleme schaffen, um anschließend allein in der Lage zu sein, diese auch zu lösen. Das Münchhausen-Syndrom reicht dabei von hoch destruktiven Praktiken bis hin zu Taktiken, die die Effektivität einer Organisation langsam, aber gründlich korrodieren lassen, wobei manchmal ein echtes Problem ausgeschmückt oder Probleme beschworen werden, die angeblich in naher Zukunft auftauchen werden.
Dieses Syndrom kann auch in Form des Münchhausen-Stellvertreter-Syndroms auftreten, wobei jemand bei anderen Krankheiten vortäuscht oder diese sogar bewusst herbeiführt, um sich anschließend als Retter zu präsentieren.
Beispiel 1: Gefälschte Krampfanfälle
Eine Frau geht regelmäßig in die Notaufnahme und behauptet, unter schweren epileptischen Anfällen zu leiden. Trotz intensiver Untersuchungen finden die Ärzte keine neurologische Ursache. Später stellt sich heraus, dass sie die Anfälle simuliert hat, um Mitgefühl und Aufmerksamkeit vom medizinischen Personal zu bekommen.
Beispiel 2: Selbstverursachte Infektionen
Ein Mann infiziert absichtlich Wunden an seinem Bein, indem er sie mit Schmutz verunreinigt, um immer wieder stationär behandelt werden zu müssen. Er gibt vor, an einer seltenen Autoimmunerkrankung zu leiden, obwohl die Symptome künstlich erzeugt wurden.
Beispiel 3: Vortäuschung von Krebs
Eine junge Frau berichtet mehreren Ärzten, dass sie an Krebs leidet, zeigt gefälschte Laborberichte vor und rasiert sich den Kopf, um den Eindruck einer Chemotherapie zu erwecken. Sie erhält Spenden von Mitmenschen und emotionale Unterstützung, obwohl sie in Wahrheit gesund ist.
Literatur
Stangl, W. (2018). Münchhausen-Syndrom. Werner Stangls Arbeitsblätter-News.
WWW: http://arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/muenchhausen-syndrom/comment-page-1/#comment-10562 (2012-08-03).