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Duchenne-Lächeln

    Am liebsten erinnern sich die Frauen an die Männer, mit denen sie lachen konnten.
    Anton Pawlowitsch Tschechow

    Nichts, das du trägst, ist wichtiger als dein Lächeln.
    Connie Stevens

    Jedes Lächeln, das du aussendest, kehrt doppelt zu dir zurück.
    Erich Kästner

    Wem das Lächeln fehlt, fehlt ein Flügel.
    Truman Capote

    Duchenne-Lächeln – erkennbar an den Duchenne-Markern – bezeichnet das an den Augen durch Lachfalten erkennbare echte Lächeln, das normalerweise ein Ausdruck von Freude ist und etwa zur Aufnahme der Kommunikation mit anderen dient oder diese Interaktion begleitet. Die Unterscheidung von echtem und falschem bzw. gestelltem Lächeln geht auf den französischen Wissenschaftler Guillaume-Benjamin Duchenne zurück, der festgestellt hat, dass bei falschem Lächeln die Mimik sich oft nur auf die Mundregion beschränkt, etwa erkennbar beim gestellten Fotolächeln. Der Neurophysiologe Duchenne hatte schon 1862 vermutet, dass ein Lächeln, das nur die Mundmuskeln aktiviert, nicht dieselbe Wirkung hat wie eines, das die um die Augen befindlichen Muskeln erregt. Nach Duchenne kann nur das Lächeln, das die Augen in Falten legt, die “süßen Gefühle der Seele” ins Spiel bringen. Paul Ekman gelang es später, den Zusammenhang zwischen Lächeln und dem allgemeinen Wohlbefinden nachzuweisen, indem er die Gehirnwellen von Menschen beim Lächeln registrierte. Die Ergebnisse zeigten, dass das Duchenne-Lächeln sehr stark ein mit der linken Gehirnhälfte verbundenes Areal stimuliert, das Neurophysiologen als Ort der Wahrnehmung und des Ausdrucks von Gefühlen kennen, während ein Lächeln, das nur die Mundwinkel anhebt, nicht zur Stimulierung dieses Areals führt.

    Duchenne-Lächeln, Krähenfüße, LachfaltenBeim echten Lächeln entstehen hingegen um die Augen Lachfältchen bzw. mit der Zeit auch Lachfalten, also jene feinen Linien rund um die Augen, die durch die Mimik zustandekommen, wobei besonders fröhliche Menschen, die viel lachen und dabei öfter die Augen zusammenkneifen, früher feine Fältchen bekommen als Menschen, deren Mimik das Lachen weniger unterstreicht. Lachfalten bzw. Mimikfalten werden deshalb auch als dynamische Falten bezeichnet. Lachfalten – auch abwertend als Krähenfüße bezeichnet – entstehen deshalb, da die Muskulatur im Gesicht fest mit der Haut verbunden ist, und werden diese Muskeln angespannt, entstehen Falten, wobei die individuelle Hautdicke, zusätzliche Belastungen durch UV-Strahlung oder wenig oder gar keine Pflege der Haut die Faltentiefe verstärken können. In der Regel treten die ersten Lachfalten mit fünfundzwanzig Jahren auf, manchmal allerdings auch früher. Am Mund zeigen sich feste Lachfalten seitlich, manchmal von der Nase in Richtung Kinn, in einigen Fällen auch seitlich auf der Wange.

    Malek et al. (2018) haben in einer Studie gezeigt, dass das menschliche Gehirn darauf ausgelegt ist, Falten um die Augen wahrzunehmen und daraus abzuleiten, wie ehrlich eine gezeigte Emotion ist. Ob ein Lächeln echt ist, erkennt man daher unbewusst an den Duchenne-Markern, also den Gesichtsmuskelbewegungen, zu denen hochgezogene Mundwinkel und Fältchen um die Augen gehören. Ein künstliches Lachen erreicht die Augenpartie nicht, sodass dort keine Falten sichtbar sind. Die Bedeutung der Duchenne-Marker wurde mit computergenerierte Gesichtern nachgewiesen, da die Gesichter mit echten Emotionen häufiger unbewusst als wichtiger empfunden werden als die Gesichter ohne Duchenne-Marker. Auch bei der Beurteilung der Gesichter nach Intensität der Emotion und Aufrichtigkeit dominierten die Duchenne-Gesichtsausdrücke, d. h., das Gehirn misst der echten Emotion mit Duchenne-Markern mehr Relevanz zu, wird vom Gehirn bevorzugt und erhält längere Zeit die Aufmerksamkeit des Gegenüber. Die Untersuchungen zeigen, dass viele Gesichtsausdrücke solche kaum wahrnehmbaren spezifischen Bewegungen beinhalten und wesentlich zum Empfinden und Verstehen von Emotionen beitragen.

    Frühere Untersuchungen haben auch gezeigt, dass Duchenne-Marker einen kulturellen Hintergrund besitzen, denn für manche Probanden aus anderen Kulturkreisen wird den Duchenne-Markern kaum eine Rolle bei der Interpretation von Emotionen beigemessen, denn so sind bei der Interaktion unter Menschen aus China Duchenne-Marker überhaupt nicht relevant, sehr wohl aber bei Kontakten von Chinesen mit Europäern.

    Ob ein Lächeln ehrlich ist, erkennt man auch daran, dass sich die Augendeckfalte absenkt, die zwischen Augenbraue und Augenlid liegt. Ein Zeichen falschen Lächelns ist hingegen, wenn vor dem Lächeln eine andere Regung wie etwa ein abfälliges Nasenrümpfen zu sehen ist. Zeigt sich hingegen Freude im Gesicht, während das Gegenüber spricht, ist das Lächeln echt, denn wenn sich das Gegenüber nicht wirklich freut, bildet sich ein Lächeln erst nach einer Aussage. Wenn das Lächeln langsam aus dem Gesicht verschwindet, ist es eher ein echtes Lächeln, denn verschwindet das Lächeln abrupt, ist es vermutlich unecht.

    Ein dauerhaftes, objektiv unbegründetes Lächeln ist auch ein Symptom des Angelman-Syndroms (Gendefekt auf Chromosom 15), mit zum Teil regelrechten Lachanfällen bei Aufregung und Stress. Auch haben Menschen mit Autismus oft Probleme, die Emotionen anderer Menschen zu lesen, was möglicherweise auch mit dem Lesen solcher Marker zu tun hat.

    Macht Lächeln älter?

    Wenn Menschen lächeln, sehen sie meist ein wenig älter aus, denn dieser Gesichtsausdruck macht häufig Falten sichtbar (Ganel & Goodale, 2018), wobei ein unmittelbare Eindruck das Alter des Lächelnden höher erscheinen lässt, in der Erinnerung bzw. in der Retrospektive sich aber ein verjüngender Effekt einstellen kann. Allerdings ist nach neueren Untersuchungen (Yoshimura et al., 2020) dieser Effekt auch kulturbedingt. Dazu betrachteten und beurteilten Probanden aus Japan Fotos von lächelnden oder anders dreinblickenden Japanern, was auch schwedische Studienteilnehmer mit Fotos von Menschen aus Schweden machten. Einmal sollten die Probanden das Alter abgebildeter Menschen sofort schätzen, wenn sie das Foto betrachteten. Unter diesen Bedingungen wirkte ein Lächeln im Vergleich zu einem neutralen oder erstaunten Gesichtsausdruck so, als wären schon ein paar mehr Jahre vergangen. Sollte die Schätzung hingegen erst im Rückblick abgegeben werden, werteten die Probanden ein Lächeln als Signal von Jugend. Diesen Effekt fand man sowohl in der Stichprobe aus Japan als auch in jener aus Schweden, wobei er in Japan überraschenderweise wesentlich deutlicher ausfiel. Verblüffend ist das vor allem deshalb, weil sich in Japan die visuelle Aufmerksamkeit beim Betrachten eines Gesichts eher auf die Nasenpartie konzentriert, während im europäisch geprägten Kulturraum die Augenregion im Vordergrund steht, dort, wo sich die Lachfältchen bilden.

    Wie wirken sich Falten im Gesicht generell auf die Beurteilung von Menschen aus?

    Hess et al. (2023) erhoben die Bewertungen von Attraktivität, Nähe und emotionalem Ausdruck sowie den ersten Eindruck von 353 Personen für Avatare mit und ohne Gesichtsfalten. Die Gesichter stammten von Fotos echter junger und alter Menschen, die am Computer manipuliert worden waren: Von jedem Gesicht gab es zwei Varianten, eine mit und eine ohne Falten. Die älteren, faltigen Gesichter wurden als weniger attraktiv und weniger positiv in Bezug auf angenehme und vertrauenswürdige Eigenschaften bewertet, da sie als Ausdruck von negativeren Emotionen wahrgenommen wurden und die Teilnehmer sich selbst als weniger nah empfanden. Die Auswirkungen auf den ersten Eindruck und die wahrgenommene Nähe wurden durch Attraktivität und wahrgenommene negative Emotionen vermittelt. Falten wirkten sich in allen Bereichen negativ aus, wobei Frauen besonders betroffen waren: Während sie ohne Falten im Durchschnitt attraktiver wirkten als Männer ohne Falten, war es mit Falten umgekehrt. Im Vergleich zu gleichaltrigen Männern wurden jüngere Frauen als schöner und ältere Frauen als hässlicher wahrgenommen.

    Übrigens: Manche Experten vermuten, dass das menschliche Lachen deutlich vor der Sprache entstand, wobei vermutlich Primaten eine erste Version davon entwickelt haben, denn wenn sie in Gemeinschaft herumtoben, sich jagen und balgen, dann tun sie das mit geöffnetem Mund, ohne die Zähne zu zeigen. Dieses Spielgesicht soll signalisieren, dass das, was gerade getan wird, nicht böse gemeint ist, wobei das dazugehörige Glucksen und Hecheln dem menschlichen Lächeln und Lachen entspricht. Bekanntlich gibt es unterschiedliche Arten des Lachens, wobei nicht alle freundlich gemeint sind. So entsteht beim herzlichen Lachen eher ein Wohlgefühl, während etwa Angstgrinsen Unterwürfigkeit ausdrückt. Beim negativem Lachen, wenn Menschen ausgegrenzt, verhöhnt und verspottet werden, geht es hingegen um Dominanz.


    Literatur

    Ganel, Tzvi & Goodale, Melvyn A. (2018). The effects of smiling on perceived age defy belief. Psychonomic Bulletin & Review, 25, 612-616.
    Hess, Ursula, Huppertz, Daniel, Mauersberger, Heidi & Kastendieck, Till (2023). Wrinkles are neither beautiful nor nice: The effect of facial wrinkles on person perception and interpersonal closeness. Acta Psychologica, 241, doi:10.1016/j.actpsy.2023.104077.
    Malek, Nour, Messinger, Daniel, Gao, Andy Yuan Lee, Krumhuber, Eva, Mattson, Whitney, Joober, Ridha, Tabbane, Karim & Martinez-Trujillo, Julio C. (2018). Generalizing Duchenne to sad expressions with binocular rivalry and perception ratings. Emotion, doi:10.1037/emo0000410.
    Stangl, W. (2023, 26. November). Wie wirken sich Falten im Gesicht auf die Beurteilung von Menschen aus? Psychologie-News.
    https:// psychologie-news.stangl.eu/4809/wie-wirken-sich-falten-im-gesicht-auf-die-beurteilung-von-menschen-aus.
    Yoshimura, N., Morimoto, K., Murai, M., Kihara, Y., Marmolejo-Ramos, F., Kubik, V. & Yamada, Y. (2020). Age of smile: A cross-cultural replication report of Ganel and Goodale (2018). Journal of Cultural Cognitive Science, doi:10.31234/osf.io/dtx6j.
    https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/Lachen-Laecheln.shtml (2016-06-17).
    https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A4cheln (16-11-21)
    https://www.praxisvita.de/die-geheime-wirkung-der-kraehenfuesse-16205.html (18-06-15)


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