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Akquieszenz

    Als Akquieszenz – auch Zustimmungstendenz, Ja-Sage-Tendenz – bezeichnet man in der Testpsychologie jene Antworttendenz, auf Aussagen oder Statements unabhängig vom Inhalt eher mit Zustimmung zu reagieren. Aus der Sicht der empirischen Forschung ist Akquieszenz jene unangenehme Neigung mancher Menschen, Fragen oder Statements unabhängig vom Inhalt der jeweiligen Frage und ihrer tatsächlichen Meinung zuzustimmen, so dass das Ergebnis einer Untersuchung in einer bestimmten Richtung verfälscht wird. Extremer Ja-Sager stimmen häufig innerhalb einer Untersuchung auch einander gegensätzlichen Feststellungen zu. Diese Tendenz zur Zustimmung ist den Befragten in der Regel nicht bewusst.

    1. Definition
    „Als „Zustimmungstendenz“ wird die Zustimmung zu einer Frage ohne Bezug zum Frageinhalt bezeichnet. Diese Zustimmungstendenz zeigt sich z.B. bei Personen, die zwei semantisch „gedrehten“[!] Fragen, wie z.B. „Der Besitz von Marihuana sollte verboten werden“ vs. „Der Besitz von Marihuana sollte erlaubt werden“, beide Male zustimmen. In der Literatur finden sich zwei Erklärungsansätze für Zustimmungstendenzen. ‚Die Zustimmungstendenz wird einerseits als Persönlichkeitsmerkmal von Befragten mit geringer Ich-Stärke angesehen (Bass zit. nach Schnell, Hill & Esser, 1999, S. 332).’ Sie wird hierbei als Strategie zur Minimierung unüberschaubarer Konsequenzen betrachtet. ‚Andererseits wird die Akquieszenz als von unterprivilegierten Personen im Alltag erlernte Behauptungsstrategie erklärt (Hare zit. nach Schnell et al. 1999, S. 332).’ Zusammenfassend läßt[!] sich festhalten, daß[!] Zustimmungstendenzen vor allem in unklar definierten Situationen bei Personen auftreten, die solche Situationen als lediglich durch Deferenz und Anpassung bewältigbar erlernt haben.
    ‚Beispielsweise kann ein Zusammenhang zwischen „autoritärer Einstellung“ und „Schichtzugehörigkeit“ derart, daß[!] Unterschichtsangehörige autoritärer seien, ein reines Artefakt darstellen: Der Zusammenhang zwischen diesen beiden Variablen könnte ausschließlich über verstärkte Zustimmungstendenzen in der Unterschicht bedingt sein (Kirscht&Dillehay zit. nach Schnell et al. 1999, S. 332).“

    2. Definition
    Eine Ja-Sage Tendenz liegt vor, wenn die befragten Personen unabhängig vom Inhalt der Frage, die Frage bejahen (vgl. Holm, 1982, S.88).
    Leslie G. Carr machte dazu einige interessante empirische Versuche. Er verwendete zwei verschiedene Formulierungsarten. Wenn also die erste bejaht wurde konnte die zweite nicht auch bejaht werden, doch dem war nicht so. Eine Ja-Sage-Tendenz wurde erkennbar. In den Untersuchungen kommt auf, dass viele dieser Fehler bei Interviews durch den Interviewer selbst vermieden werden können. Die Fragestellung ist hierbei sehr wichtig. Natürlich kann die Ja-Sage-Tendenz auch ihren Ursprung im Befragten haben. Laut Carr kristallisiert sich dadurch eine erkennbare Taktik heraus (Carr zit. nach Holm, 1982, S. 88 ff.).

    3. Definition
    Aquieszenz, auch genannt Bejahungstendenz oder Zustimmungstendenz, ist die Bezeichnung für eine Tendenz von Antwortverhalten, egal bei welcher Fragestellung. Diesem Phänomen kann man durch Fragestellungen die zu gleichen Teilen eine Bejahung und eine Verneinung enthalten entgegenwirken(vgl. Jurisch, 2003, S. 16).

    4. Definition
    „Unter den Fehlerquellen, die die Fragebögen verfälschen, wird neben der Sozialen[!] Erwünschtheit von Antworten die Akquieszenz am häufigsten genannt. Zu verstehen ist darunter die Tendenz bestimmter Probanden, vorzugsweise eine der beiden als Antwortmöglichkeiten vorgegebenen Alternativern anzukreuzen (Hetzer & Dorsch, 1980, S.120).“

    5. Definition
    Akquieszenz ist eine inhaltsunabhängige Bejahungstendenz. Das bedeutet, dass die Befragten oftmals mit Ja Antworten ohne von ihrer persönlichen Einstellung her eine bejahende Position einzunehmen. Ein möglicher Grund dafür ist Bequemlichkeit (vgl. Mayerl & Urban, 2006, S.34).

    Literatur
    Bass, B.M., (1956). Development and Evaluation of a Scale for Measuring Social Acquiescence, Journal of Abnormal and Social Psychology, 53, 296-299.
    Carr, L. G. (1971). The Srole items and aquiescence. American Sociological Review, 36, 287-293.
    Hare, A.P. (1960). Interview Responses: Personality or Conformity?, Public Opinion Quarterly, 24, 679-685.
    Hetzer, H. & Dorsch, F. (1980). Psychologische Beiträge. Deutsche Gesellschaft für Psychologie. Weimar: Hain.
    Holm, K. (1982). Die Befragung 1. Der Fragebogen- Die Stichprobe. München: Francke.
    Jurisch, C. (2003). Der Fragebogen als Instrument der Patientenzufriedenheit in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Köln: Grin.
    Kirscht, J.P.& Dillehay, R.C., (1967). Dimensions of Authoritarianism, Lexington. University of Kentucky.
    Schnell, R., Hill, B.& Esser, E.,(1999). Methoden der empirischen Sozialforschung (S. 331-332). München; Wien: Oldenburg.

    Urban, D. & Mayerl, J. (2006). Regressionsanalyse. Theorie, Technik und Anwendung. Wiesbaden: Fachverlag für Sozialwissenschaften.


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