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Selbstoptimierung

    Die Selbstoptimierung – self-optimization – ist ursprünglich ein Prozess, der im Bereich des Nervensystems dessen Fähigkeit bezeichnet, durch Rückkopplung eine bestmögliche Funktion zu erzielen. Selbstoptimierung ist dabei eine grundlegende Eigenschaft des Nervensystems, die auf allen Ebenen nachzuweisen ist und als eine spezielle Form des Lernens aufgefasst werden kann, indem das Ergebnis eines ersten Versuchs einer bestimmten Handlung die Vorgehensweise im nächsten Versuch positiv beeinflussen kann.

    Dieser Begriff der Selbstoptimierung, der auch in der Technik verwendet wird und dort vor allem in der Netzwerktechnologie (self-optimizing network) anzutreffen ist, wird in jüngster Zeit auch auf den Menschen übertragen. Damit wird der Versuch eines Individuums gekennzeichnet, das Maximum aus seinen Fähigkeiten herauszuholen um ein Optimum an Leistung zu erbringen. Dabei werden unter Selbstoptimierung auch auf Dauer schädigende und krankmachende Ansätze etwa durch Drogen verstanden, wobei diese auch durch Druck von Außen veranlasst sein können. Viele Menschen betreiben einen hohen Aufwand, um sich selbst möglichst gut darzu­stellen, etwa mithilfe von Training, Diät, teurer Kleidung, Kosmetik. Einem solchen Druck zur Selbstoptimierung setzten sich aus Sicht der Psychologie vor allem jene Menschen aus, denen es an Selbstwertgefühl mangelt. Das Problem dabei ist, dass das Gefühl des Selbstwerts sehr stark und exklusiv an die Bestätigung in einem Bereich geknüpft ist und mit der Zeit von diesen Feedbacks abhängt wird.

    Siehe auch das Phänomen des Narzissmus.


    Selbstoptimierung durch Stimmungstracker?

    Seit einiger Zeit werden im Zusammenhang mit der Positiven Psychologie Stimmungstracker angeboten, mit deren Hilfe man sein Wohlbefinden erfassen kann. Es gibt diese als Apps, die über Fragebögen den aktuellen Gemütszustand der NutzerInnen abfragen, aber auch in Form von Apps oder von am Körper getragenen Geräten, die versuchen, über körperliche Signale wie die Pulsrate Rückschlüsse auf den emotionalen Zustand zu ziehen. Manche Apps wollen aber nicht nur das Wohlbefinden erfassen, sondern sie wollen es auch positiv beeinflussen, indem man verschiedene psychologische Übungen durchführen muss, etwa dass man drei gute Dinge nennen soll, die einem heute widerfahren sind und für die man dankbar ist. Wie gut eine solche Optimierung funktioniert, hat man durch eine Auswertung der Daten von UserInnen einer solchen App ausgewertet, wobei sich zeigte, dass sich im Verlauf von acht Wochen das Wohlbefinden der untersuchten Nutzer im Schnitt um 27 Prozent verbesserte. Jedoch bleibt es unklar, ob die Verbesserung des Wohlbefindens mit der App selbst zusammenhängt oder damit, dass man eben ganz allgemein an seinem Wohlbefinden arbeitet (siehe den Hawthorne-Effekt). Die Erfolgsaussichten sind dann gut, wenn eine App dauerhaft dazu motiviert, diese zu nutzen oder neue Verhaltensgewohnheiten auszuprobieren, wobei man erfahrungsgemäß rund zwei Monate braucht, um eine neue Gewohnheit auszubilden, denn dann lassen sich auch dauerhafte Effekte erzielen. Apps können Menschen immerhin in regelmäßigen Abständen dazu anhalten, ihr Tun und Treiben zu unterbrechen und auf sich selbst zu schauen, sich etwa zu fragen: Wie geht es mir gerade? Wie kann ich mich vielleicht etwas besser fühlen? Doch für eine differenzierte und nachhaltige Beschäftigung mit den eigenen Gefühlen braucht es in der Regel aber mehr als eine App, denn es ist immer auch zu bedenken, dass das Streben nach Glück auch kontraproduktiv sein kann, denn Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die nach der Optimierung ihres Glücks streben, sogar unglücklicher werden, weil sie sich immer an einem besonders hohen Standard messen (Wolf, 2020).


    *** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Die Autorin Maria Sanchez plädiert in ihrem Buch „Die revolutionäre Kraft des Fühlens“ allerdings dafür, kritischer die in der Psychologie oft propagierten Methoden der Selbstoptimierung und Potenzialentfaltung zu prüfen, denn ihrer Meinung nach sind diese als langfristig unwirksam und oft sogar schädlich. Durch diese Art des Umgangs mit sich selbst befeuert man oft unabsichtlich die Ursachen für zahlreiche psychische Probleme, denn alles, was Menschen tun, um innerlich anders oder besser zu werden, bekräftigt unbewusst, dass man eigentlich nicht in Ordnung ist. Durch diese innere Haltung bleibt man jedoch im Kampf mit sich selbst verhaftet und der Leidenskreislauf kann auf diese Weise nicht beendet werden. Zwar kann sich kurzfristig und oberflächlich manches ändern, aber im Grunde bewegt man sich nicht.

    Literatur

    Wolf, C. (2020). Stimmungstracker: Lässt sich das eigene Glück wirklich messen? Redaktionsnetzwerk Deutschland von 2. Mai 2020.


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