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Magnetenzephalograf

    Ein Magnetenzephalograf ermöglicht die Beobachtung dessen, was im Gehirn passiert, wenn Menschen denken und welche Region aktiv ist. Die Magnetoenzephalographie ist dabei ein nicht-invasives, neurologisches Untersuchungsverfahren zur Darstellung von Magnetfeldern, die durch neuronale Aktivität des Gehirns entstehen.

    Die Geräte befinden sich in einer magnetisch abgeschirmten Kabine, die Versuchsperson setzt sich in das Gerät, und ein überdimensionaler Helm wird zum Kopf geführt. Damit der Versuchsperson keine Elektroden oder dergleichen angelegt werden  müssen, wird zuvor die Kopfhaut mit einem Digitalisierungsstift abgetastet, um eine digitale Abbildung der genauen Kopfform anzufertigen. Das ist notwendig, um die genaue Kopfposition im Helm zu bestimmen.

    Die Methode kann kleinste Magnetfelder im Gehirn detektieren, wofür meist ein helmartiger Körper mit Sensoren verwendet wird, die mit flüssigem Helium auf eine Temperatur nahe 0° Kelvin gekühlt werden und so supraleitenden Eigenschaften entwickeln. Dadurch ist sowohl eine gute räumliche Lokalisation durch räumliche Filter, als auch eine Analyse auf Frequenzebene möglich. In der abgeschirmten Kabine messen dann meist einige hundert hochempfindlichen Sensoren im Helm die winzigen magnetischen Felder, die durch die Aktivität der Nervenzellen im Gehirn erzeugt werden. Im Gegensatz zu anderen Feldern sind diese Magnetfelder extrem schwach, weshalb das Magnetenzephalograf sehr genau und sensibel messen muss, denn kleinste Störungen können die Messung beeinflussen. Umwelteinflüsse wie Trittschall oder Gespräche, aber auch elektronische Geräte können die Messung beeinflussen und sind in der Abschirmkammer verboten.
    Der Magnetenzephalograf kann in der Grundlagenforschung für verschiedene Fachbereiche von der Psychologie über Lese-, Schlaf- oder Gedächtnisstudien bis hin zur Hörforschung eingesetzt werden, und auch in der klinischen Forschung wird das bildgebende Gerät benötigt, denn man kann damit epileptische Anfälle verorten, um jene Hirnareale, von denen Anfälle ausgehen, präzise zu lokalisieren. Durch die gute räumliche und zeitliche Auflösung ergänzt diese Methode andere Vermessungsverfahren wie etwa die Elektroenzephalografie.


    Beispiele für Forschung mit Magnetenzephalografie

    Demarchi, Sanchez & Weisz (2019) haben die neuronalen Muster beim Hören von Melodien untersucht, wobei sich zeigte, dass wenn man eine Melodie schon kennt, im Gehirn eine Drittelsekunde vor jedem Ton eine darauf abgestimmte Welle schwingt, d. h., das Gehirn erwartet den schon von früher gemerkten Ton und sucht diesen sogar intensiv, falls stattdessen eine Pause kommt. In den Untersuchungen spielte man den Probanden eine ihnen bekannte Melodie aus vier unterschiedlich hohen Tönen mit einem Abstand von 0,333 Sekunden vor und maßen deren Gehirnströme mittels Magnetenzephalografie. Kurz nach jedem Ton zeigten sich im Gehirn schon die tonhöhenspezifischen neuronalen Muster für den Folgeton, d. h., das Gehirn nahm diesen demnach schon 300 Millisekunden vorweg, wobei es sogar einen speziellen Ton erwartet,und nicht irgendeinen. Wenn in den Versuchen ein Ton ausgelassen wurde, traten die selben Muster auf, die Aktivierung war sogar noch stärker, als bei einem tatsächlich angebotenen Ton, d. h., das Gehirn sucht quasi danach, was etwa nützlich ist, wenn man sich in einer lauten Umgebung unterhalten will und nicht jede Silbe des Gegenübers tatsächlich hört. Die Lücken werden dann automatisch vom Gehirn gefüllt, damit man die Gesprächspartner trotzdem versteht. Ein solcher stark ausgeprägter Vorhersageprozess beim Hören kann aber bei manchen Menschen nach einer Hörschädigung dazu führen, Tinnitus zu entwickeln, also Phantomgeräusche zu hören. Dieses zu starke Suchen nach dem Folgeton könnte daher ein Ursache für Tinnitus-Empfänglichkeit sein.

    Baumgarten et al. (2021) haben  untersucht, wie das Gehirn eine effektive Vorhersage trotz enormer Variationen der sensorischen Eingangsrate erreicht. Sie haben dabei zwei Hypothesen überprüft: Stützt das Gehirn seine Vorhersage zukünftiger Reize auf eine fixe Zeitdauer, z.B. die letzten 30 Sekunden einer Tonfolge, oder auf eine konstante Anzahl an Informationen, z.B. die letzten fünf Töne der Tonfolge? In der Untersuchung präsentierte man den Probanden akustische Sequenzen, die zeitliche statistische Regelmäßigkeiten, wie sie in der Natur vorkommen, enthalten, und untersuchten die neuronalen Mechanismen, die der prädiktiven Berechnung zugrunde liegen. Indem man die Präsentationsgeschwindigkeit der Sequenzen parametrisch manipulierte, konnte man zeigen, dass bei halbierten und verdoppelten Präsentationsgeschwindigkeiten die Vorhersageinformation in der neuronalen Aktivität aus der Integration über feste Informationsmengen stammt. Das Gehirn achtet daher eher auf die Anzahl zurückliegender Reize, als auf eine Zeitdauer, um vorherzusagen, was als nächstes passieren wird.

    Literatur

    Baumgarten, Thomas J., Maniscalco, Brian, Lee, Jennifer L., Flounders, Matthew W., Abry, Patrice & He, Biyu J. (2021). Neural integration underlying naturalistic prediction flexibly adapts to varying sensory input rate. Nature Communications, 12, doi:10.1038/s41467-021-22632-z.
    Demarchi, G., Sanchez, G. & Weisz, N. (2019). Automatic and feature-specific prediction-related neural activity in the human auditory system. Nature Communications, 10, doi:10.1038/s41467-019-11440-1.
    http://flexikon.doccheck.com/de/Magnetoenzephalographie (14-11-21)
    http://derstandard.at/2000048515904/Dem-Gehirn-beim-Denken-zuschauen (16-12-02)


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