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nozizeptiver Schmerz

    „Normaler“ Schmerz beginnt an den Nozirezeptoren in der Haut, an Muskeln, Gelenken und inneren Organen. Sie reagieren auf Hitze und Kälte, auf Druck und auf Dehnung sowie auf giftige und ätzende Substanzen. Werden diese Schmerzrezeptoren aktiviert, so gelangt das Schmerzsignal über die Nervenbahnen ins zentrale Nervensystem, wo  es verarbeitet und eine Reaktion eingeleitet wird – etwa das Zurückziehen der Hand vom heißen Ofen. Nozizeptiver Schmerz entsteht also durch mechanische, thermische, chemische oder elektrische Stimulation der Schmerzrezeptoren, den Nozizeptoren.

    Nozizeptoren sind Zellen mit freien Nervenenden, die sich in fast allen Geweben des menschlichen Körpers finden, vor allem aber in der Haut. Dort existieren sie in größerer Dichte als sämtliche andere Sinnesrezeptoren, was die Bedeutung der Haut als Schutzorgan unterstreicht. Manche Nozizeptoren reagieren ausschließlich auf mechanische Reize, zum Beispiel einen Stich, andere auch auf Hitze, Kälte, chemische Reize wie den scharfen Geschmacksstoff Capsaicin oder Botenstoffe, die bei Verletzungen oder Entzündungen freigesetzt werden. Allen Nozizeptoren ist gemeinsam, dass sie im Normalzustand nicht so leicht irritierter sind, denn damit sie ein Signal ans Rückenmark losschicken, muss der Reiz ziemlich stark sein. Einige Nozizeptoren sind die stummen Nozizeptoren, die vor allem in inneren Organen liegen und in gesundem Gewebe überhaupt nicht erregbar sind. Kommt es hingegen zu Entzündungen, werden durch diesen Prozess auch die stummen Nozizeptoren erregbar und tragen zur Schmerzentstehung bei. Nozizeptoren mit A-​Delta-​Fasern haben eine Myelinscheide, die eine schnelle Impulsweiterleitung ermöglicht, die vor allem stechende Schmerzreize vermitteln. Nozizeptoren mit C-​Fasern hingegen sind für die Übertragung von Schmerzen zuständig, die als eher dumpfer und tiefer sitzend empfunden werden, wobei ihnen die Myelinummantelung fehlt und sie länger für die Reizübertragung brauchen.

    Schmerz kann daher in nahezu allen Geweben ausgelöst werden und ist eine physiologische Reaktion auf eine physiologische Stimulation. Die Fortleitung erfolgt zentripetal vom Nozizeptor über die sensiblen Anteile der peripheren Nerven. Die nozizeptiven Fasern enden im Rückenmark, von wo aus das sekundäre afferente nozizeptive Neuron die Signale über die aufsteigenden Bahnen des Rückenmarks und über das Stammhirn und den Thalamus zum Kortex leitet. In der Amygdala werden diese dann koordiniert und integriert. In den verschiedenen Kortexarealen werden die kognitiven und emotionalen Anteile des Schmerzes wahrgenommen und verarbeitet. Kommt das schmerzauslösende Trauma aus den Körperstrukturen wie Knochen, Gelenken, Muskeln und Haut, so spricht man vom somatischen Schmerz, kommen die Signale aus den Eingeweiden, so spricht man vom viszeralen Schmerz. Neben den von Nozizeptoren ausgelösten Schmerzreizen gibt es eine Reihe von weiteren Schmerzarten, denen oft eine Nervenschädigung zugrundeliegt, wobei die daraus resultierenden Schmerzen dann als neuropathisch bezeichnet werden. Neuropathische Schmerzen können etwa durch mechanische Traumata infolge eines Unfalls ausgelöst werden, durch virale Infektionen, durch zu hohen Blutzucker bei Diabeteserkrankungen oder auch durch Tumorzellen, die entlang von Nervenfasern wandern. Der neuropathische Schmerz ist daher ein chronischer, nicht maligner Schmerzzustand, der durch Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems hervorgerufen wird und unterscheidet sich vom nozizeptiven Schmerz und von akuten Schmerzzuständen wie dem postoperativen Schmerz.

    Im Detail: Wenn ein Reiz, z.B. am Knie oder Rücken, stark genug ist, werden elektrische Signale entlang dieser Nozizeptoren zum Rückenmark geleitet. Dort wird das Signal an einer Übertragungsstelle, der Synapse, in den Neurotransmitter Glutamat, umgewandelt. Das Glutamat wird, neben anderen Neurotransmittern, an der Synapse in den synaptischen Spalt entlassen. Diesen überwindet das freigesetzte Glutamat, bindet an spezielle Rezeptoren der benachbarten Nervenzelle und löst in dieser wieder ein elektrisches Signal aus. Durch den ständigen Wechsel zwischen elektrischem und chemischem Signal, gelangt die Information schließlich in ein Netzwerk vieler Nervenzellen. Diese Netzwerke können lokal auf das Rückenmark beschränkt sein und sind z.B. für den schnellen Wegziehreflex verantwortlich. Nervenzellen mit langen Fortsätze können dagegen verschiedene Hirnregionen erreichen. Hier angelangt wird das Signal u.a. mit den Gedächtnisinhalten verglichen, emotional gefärbt und mittels der Großhirnrinde mehr oder weniger stark als Schmerz wahrgenommen. Eine große Rolle bei dieser Wahrnehmung spielen dabei u.a. Tageszeit, Laune, Wetter und Schlaf. Je nach Schmerzstärke folgen körperliche Reaktionen, d. h., man flüchtet und vermeidet den Schmerz. Der gesamte Vorgang dauert dabei nur ein Bruchteil einer Sekunde. Die Weiterleitung von Informationen im schmerzverarbeitenden System unseres Körpers ist aber keine Einbahnstraße, denn so kontrolliert das Gehirn durch Nervenzellen mit langen Fortsätzen ins Rückenmark die Übertragung bereits auf Rückenmarksebene (absteigende Modulation). Dieses System ist ständig aktiv und wird besonders in Gefahrensituationen zusätzlich aktiviert. Bei Menschen mit chronischen Schmerzen ist dieser Mechanismus gestört – siehe dazu Schmerzgedächtnis.

    Literatur

    http://nozizeptiver-vs-neuropathischer-schmerz.universimed.com/ (10-07-03)
    https://bomedus.com/wissen/leitartikel/27_der-koerper-vergisst-nicht-wie-das-schmerzgedaechtnis-entsteht/ (16-03-03)
    https://www.dasgehirn.info/wahrnehmen/schmerz/vom-sinn-des-schmerzes (18-11-21)


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    Ein Gedanke zu „nozizeptiver Schmerz“

    1. Der like Button wuerde sich gut im Blog machen, oder habe ich ihn uebersehen?

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