Mit dem populärwissenschaftlichen Begriff Gamification bzw. Gamifizierung beschreibt man den digitalen Trend, dass Menschen mit Spielen in den neuen Medien eher spielerisch lernen und sich spielerisch bilden können. Gamification ist konkret die Anwendung von Spieledesignprinzipien und Spielemechaniken auf spielfremde Anwendungen und Prozesse, um Probleme zu lösen und Menschen zu motivieren. Gamification ist somit meist ein Prozess, bei dem man etwas, das bereits existiert – eine Website, eine Unternehmensanwendung, eine Online-Community – verwendet und Spielmechanismen integriert, um zur Teilnahme, zum Engagement und zur Bindung zu motivieren.
Ziel ist daher in der Regel eine Motivationssteigerung der BenutzerInnen, mit den Anwendungen verstärkt zu interagieren oder erwünschte Verhaltensweisen anzunehmen, wobei Gamifizierung helfen soll, etwa Abläufe oder Techniken für die Benutzer ansprechender zu machen und diese länger an die Anwendung zu binden, indem sie einfache Wege zur Beherrschung der Anwendung suggerieren, und den subjektiven Eindruck von Benutzer-Selbstständigkeit und Entscheidungsfreiheit verstärken. Gamifizierte Anwendungen nutzen die Tendenz von Menschen aus, sich an Spielen zu beteiligen und auf diese Weise Tätigkeiten zu verrichten, die normalerweise als langweilig betrachtet werden.
Gamification sollte nach Ansicht von Experten dabei das komplette Spektrum einer Spielerfahrung abdecken, also sich grundsätzlich nicht nur auf Incentives wie Punkte oder Badges konzentrieren. Auch ist ein narrativer Aspekt wichtig, also eine Geschichte, warum man sich auf die Spielhandlung einlassen soll, d. h., Gamification sollte eher zwanglos sein und auch keine monetären Verpflichtungen oder Belohnungen enthalten. Um eine Art Flow zu erzeugen, sollten die gestellten Aufgaben eine mittlere Schwierigkeit besitzen, und auch der Einstieg sollte möglichst niederschwellig sein, jedoch können im weiteren Spieleverlauf die Aufgaben schwerer werden, sollten jedoch nie frustrierend sein.
In Verwandtschaft zum Flow steht das Konzept des Proximal Developments, das das Potential einer Person beschreibt, Schritt für Schritt weitere Levels in einem Spiel erreichen zu wollen und zu können, wobei dies durch eine subjektive, unterschiedliche Anzahl von lösbaren Aufgaben bestimmt wird, eventuell auch durch die Unterstützung durch andere mitspielende Personen und durch die eigene motivationale Grundhaltung. Im Optimalfall wird durch eine abgestimmte Anzahl lösbarer Aufgaben sowie die Vorbildwirkung anderer Personen ein Verhaltensimpuls ausgelöst, sodass sich die Person innerhalb eines Flowchannels von Level zu Level bewegt. Das Ziel guter Gamification ist es auch, langfristig intrinsische Motivationsprozesse anzustoßen, d. h., es bedarf dann keiner extrinsischen Belohnungen wie Punkte oder Badges mehr, um Menschen zum Weiterspielen zu motivieren, denn die Tätigkeit an sich ist belohnend.
Nch einer Analysen von Sosafe kann die Motivation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um 53 Prozent erhöht werden. Die Übertragung spieltypischer Elemente in spielfremde Kontexte funktioniert vor allem deshalb gut, weil solche Trainings den natürlichen Spieltrieb des Menschen ansprechen, der Menschen auch über die Kindheit hinaus erhalten bleibt.
Gamification wird auch im EduTech Bereich als Mittel gesehen, dass sich Lernenden gerne und intensiv mit dem zu erlernenden Inhalt selbst auseinandersetzen, denn es hat sich sowohl im klassischen als auch im E-Lernsetting gezeigt, dass Spiele besonders dazu geeignet sind, intrinsische Motivation aufzubauen. Hier gilt es zu unterscheiden, welche Art von Spiel man den Lernenden anbietet, also z. B. Spiele, die die Spielerinnen und Spieler damit locken, Punkte, Patches, Awards, usw. zu sammeln, was einer Einführung der extrinsischen Motivation durch die Hintertüre entspricht, denn dann beschäftigen sich die Lernenden mit dem zu erlernenden Inhalt nicht des Inhalts wegen, sondern weil sie Punkte bekommen können. Übrigens ist die Notenvergabe wohl letztlich nichts anderes als die Vergabe von Punkten 😉