Die Beziehung zwischen Therapeut und Klient, d. h. die Arbeitsallianz, sowie ihr Einfluss auf den Behandlungserfolg wurde lange eher vernachlässigt, doch seit einigen Jahren rückt sie stärker in den Fokus des Interesses, denn es zeigte sich in zahlreichen Studien, dass bei der Behandlung psychischer Erkrankungen diese Therapiebeziehung bedeutsam sein kann. Jeder Therapieprozess kann unangenehme Gefühle aktivieren und von KlientInnen eine bewusste, intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Erleben und Verhalten erfordern, und dann ist es wichtig, dass eine respekvolle, vertrauensvolle therapeutische Zusammenarbeit möglich ist. Bisher wurde vor allem vermutet, dass die Arbeitsallianz und der damit zusammenhängende Therapieerfolg bloß eine Begleiterscheinung anderer Faktoren sei, wobei als mögliche Einflüsse frühere Behandlungserfahrungen, Symptomstärke, die therapeutische Ausrichtung oder auch die Fortschritte während Therapieprozesses diskutiert wurden.
Als therapeutische Allianz oder auch Arbeitsallianz bezeichnet man daher das Vertrauensverhältnis zwischen KlientInnen und TherapeutInnen in einer Psychotherapie, wobei Untersuchungen belegen, dass eine nicht-medikamentöse Psychotherapie einer Therapie mit Arzneimitteln in vielen Fällen langfristig überlegen ist, denn um jemanden aus einer seelischen Krise zu helfen, ist es wichtig, mehr auf der emotionalen und weniger auf der Verstandesebene anzusetzen. Die Qualität der therapeutischen Allianz steht dabei in direkter Abhängigkeit zum Grad der Übereinstimmung in bezug auf die Ziele und die Notwendigkeit der jeweiligen Therapie, d. h., der Klient bzw. die Klientin muss sich in einer Psychotherapie wohlfühlen. Man weiß, dass Einsicht in der Regel nicht ausreicht, um psychische Probleme zu lösen, denn im Gehirn hat sich bei einem Menschen sehr früh ein sehr stabiles System ausgebildet, das dessen Fühlen, Denken und Handeln prägt, wobei die Beziehungen in diesem System immer bestehen bleiben, d. h., ein Therapeut oder eine Therapeutin kann nur dazu beitragen, dass sich neue Beziehungen in diesem System bilden, die mehr Lebensqualität bedeuten und irgendwann ebenso selbstverständlich genutzt werden wie die alten. Der Klient bzw. die Klientin lernt in der Psychotherapie allmählich, anders zu fühlen, zu denken und zu handeln, wobei sich dieses Lernen meist in tief sitzenden Gehirnstrukturen vollzieht, deren Aktivität weitgehend unbewusst vor sich geht. Man kann diese Verbindungen daher nicht über Gedanken beeinflussen, sondern nur durch neue Erfahrungen, was vor allem in der zweiten Phase einer Therapie geschieht, wenn die therapeutische Allianz stabil ausgeprägt ist.
In einer Meta-Analyse von etwa vierhundert empirischen Studien aus aller Welt zum Zusammenhang von Therapiebeziehung und Behandlungserfolg zeigte sich, dass sich die Qualität der Therapiebeziehung in fast allen bestehenden Studien als robuste Prognose für den Therapieerfolg erwies und zwar über die verschiedenen Therapieansätze, Erfolgmessungen, Patientencharakteristika und Länder hinweg. Psychische Störungen werden dann besonders erfolgreich behandelt, wenn Therapeutin und Patientin innerhalb einer vertrauensvollen Beziehung zielgerichtet zusammenarbeiten, wobei sich innerhalb dieser therapeutischen Arbeitsallianz die beiden Seiten über die Aufgaben, das Vorgehen und die Ziele der Therapie verständigen und gemeinsam auf diese hin arbeiten.
Die Ergebnisse unterstreichen, dass die frühe Phase der Therapie für den Behandlungserfolg entscheidend ist, denn in dieser frühen Phase stehen Symptomschwere und Arbeitsallianz in einem positiven wechselseitigen Verhältnis zueinander, was häufig zu einer Aufwärtsspirale führ, sodass eine starke vertrauensvolle Beziehung zwischen Therapeut und Klienten entsteht, sodass die Symptome reduziert werden, was wiederum die therapeutische Beziehung stärkt. Diese Studien liefern den Nachweis, dass es sich lohnt, in eine in eine respekvolle, vertrauensvolle therapeutische Zusammenarbeit zu investieren
Literatur
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