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Pädagogischer Bezug

    Herman Nohl definiert in seinem 1933 erschienenen Buch „Die pädagogische Bewegung in Deutschland und ihre Theorie“ die Beziehung zwischen dem Erzieher und dem Heranwachsenden als pädagogischen Bezug. Die Grundlage der Erziehung ist nach Nohl (1982, S. 134 f.) das leidenschaftliche Verhältnis eines reifen Menschen zu einem werden-den Menschen, und zwar um seiner selbst willen, dass er zu seinem Leben und seiner Form kom-me.   Das Verhältnis des Erziehers zum Kind ist immer doppelt bestimmt, nämlich von der Liebe zu ihm in seiner Wirklichkeit und von der Liebe zum Ideal des Kindes, welche das Ziel hat, das Kind zu fördern, anzuleiten und das höhere Leben in ihm zu entfachen. Man soll den Heranwachsenden zu einer zusammenhängenden Leistung führen, weil sich in ihr das Leben des Menschen vollendet. Alle Anstrengungen, sowohl des Erziehers als auch des Kindes, dienen dazu, die Zukunft des jungen Menschen durch Erziehung und Bildung aufzu-bauen und ihn zur Selbstständigkeit und Selbstverantwortung zu führen.

    Merkmale des pädagogischen Bezugs sind dabei eine

    • positiv getönte gefühlsmäßige Bindung zwischen älterem und jüngerem Menschen
    • Wechselwirkungsverhältnis zwischen den Beteiligten (auch Rückwirkung auf Educans)
    • Unmöglichkeit des Erzwingens bzw. Verbot der Täuschung oder Manipulation (speziell durch den Älteren)
    • Aufrechterhaltung der Beziehung im Interesse des jüngeren Menschen und seiner jeweiligen Lebenssituation
    • Notwendigkeit des Eingehens auf die gegenwärtigen Voraussetzungen und zukünftigen Möglichkeiten des Jüngeren (nicht nur blinde Übernahme von Traditionen)
    • Ausrichtung auf Mündigkeit des Jüngeren und Auflösung der Beziehung (sonst Gefahr der Lebensuntüchtigkeit durch „Overprotection“).

    Herman Nohl wird 1879 in Berlin geboren. Den intensiven gesellschaftlichen Wandel, der in der Großstadt spürbar wird, erlebt Nohl im geschützten Umfeld einer Gelehrtenschule, an der sein Vater tätig war und an die Internat und Lehrerwohnung angegliedert waren. Nach Beginn eines Medizinstudiums an der Universität Berlin wechselt Nohl zum Studium der Geschichte und Philologie. Er kommt u.a. in Kontakt mit Friedrich Paulsen und Wilhelm Dllthey, wobei vor allem Diltheys geisteswissenschaftliches und lebensphilosophisches Werk maßgeblich das Denken Nohls und seine Pädagogik prägt. Dilthey beeinflusste zudem unmittelbar die akademische Laufbahn Nohls. Nohl promoviert 1904 bei Dilthey, und auf dessen Empfehlung arbeitet Nohl in Jena, wo er 1908 bei Eucken habilitiert. In Jena schließt Nohl u.a. an Diltheys Ausführungen über „die dichterische und philosophische Bewegung in Deutschland“ an und entwickelt Vorstellungen über eine „Deutsche Bewegung“, die dann posthum 1970 veröffentlicht werden.

    Literatur
    Nohl, H. (1982). Die pädagogische Bewegung in Deutschland und ihre Theorie. Frankfurt/M.: Schulte-Bulmke.
    http://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-531-91828-0_17# (12-12-21)

     


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