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optimism bias

    Ein Optimist ist ein Mensch, der ein Dutzend Austern bestellt in der Hoffnung, sie mit einer Perle, die er darin findet, bezahlen zu können.
    Theodor Fontane

    Für den Optimisten ist das Leben kein Problem, sondern bereits die Lösung.
    Marcel Pagnol

    Der Optimist ist ein Mensch, der die Dinge nicht so tragisch nimmt, wie sie sind.
    Karl Valentin

    Optimisten leiden, ohne zu klagen. Pessimisten klagen, ohne zu leiden.
    Karl Farkas

    Es ist ein Rätsel, warum manche Menschen zu unrealistischem Optimismus neigen, der oft zu übermäßig riskantem Verhalten und mangelnder Vorsorge führt. Solche überoptimistischen Menschen neigen dazu, finanzielle Risiken einzugehen, weniger Geld zu sparen, mehr in unsichere Aktien zu investieren, wichtige Lebensentscheidungen leichtfertiger zu treffen und sich häufig zu verschulden, wobei sie auch gesundheitliche Risiken unterschätzen: Sie rauchen häufiger und ignorieren das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, und trinken Alkohol, ohne sich Sorgen zu machen, abhängig zu werden. Der Effekt des blinden Optimismus wird noch verstärkt, wenn Stress hinzukommt, denn vor allem bei außergewöhnlichen Belastungen, in Momenten psychischen Drucks, kann der unbedingte Glaube an die Zukunft das Denken dieser Menschen immer weiter von der Realität entfernen, so dass häufig voreilige Entscheidungen getroffen und Gedanken an mögliche negative Konsequenzen unterdrückt werden. Aus Studien weiß man daher, dass Menschen die Zukunft überwiegend optimistischer beurteilen als sie tatsächlich ist. So überschätzen sie etwa ihren Gesundheitsstatus und glauben, dass sie länger leben als sie es tatsächlich tun, wobei das Risiko einer Scheidung vom Partner oder ein berufliches Scheitern wieder eher geringer eingeschätzt wird. Die Psychologin Tali Sharot (New York University) lokalisierte nun zwei Arreale im Gehirn, deren Aktivität mit einer optimistischen Lebenseinstellung in Verbindung steht. Depressive Menschen, die eher pessimistisch veranlagt sind, zeigen früheren Untersuchungen zufolge Auffälligkeiten in genau diesen Hirnregionen.

    Bei den meisten Menschen funktioniert die optimistische Verzerrung so zuverlässig und intuitiv, dass sie selbst nichts davon bemerken, sodass nur wenige, die sich für absolute Realisten oder Pessimisten halten, es tatsächlich auch sind.

    Versuchspersonen wurden in den Versuchen gebeten, sich entweder an ein intensives emotionales Erlebnis der Vergangenheit zu erinnern oder sich ein zukünftiges Ereignis in den schönsten Farben auszumalen. Dabei zeichneten die Wissenschaftler die Aktivität des Gehirns auf. Auch in diesem Experiment beurteilten wurden die positiven Ereignisse positiver als solche der Vergangenheit beurteilt, negative Zukunftsvorstellungen hingegen wurden eher distanziert bewertet und wenig mit den eigenen Erfahrungen in Verbindung gebracht. Bei positiven Vorstellungen stieg die Aktivität in der der Amygdala und im rostralen anterioren cingulären Cortex (rACC).


    Kurioses: Nach Ansicht der Psychologin Louisa Kulke schlägt unter dem Weihnachtsbaum am Heiligabend die Stunde des anterioren cingulären Cortex im Gehirn, denn dieses Hirnareal steuert unter anderem die soziale Evaluation und damit das Gefühl, wenn man sich sozial ausgeschlossen fühlt und in der Familie nicht akzeptiert ist. Kulke: „Beim Auspacken der Geschenke unter dem Baum ist der anteriore cinguläre Cortex hochaktiv – nämlich dann, wenn wir herausfinden, ob das Geschenk beim Beschenkten gut oder schlecht ankommt.“


    Kluge Menschen neigen zu Pessimismus

    Dawson (2023) fand anhand von Daten einer großen, landesweit repräsentativen britischen Stichprobe heraus, dass dieser Optimismus zum Teil eine Folge geringer kognitiver Fähigkeiten ist, gemessen an einem breiten Spektrum kognitiver Fähigkeiten, darunter Gedächtnis, sprachliche Gewandtheit, flüssiges Denken und Zahlenverständnis. Unrealistischer Optimismus wurde operationalisiert als die Differenz zwischen den finanziellen Erwartungen einer Person und der darauf folgenden finanziellen Realisierung, gemessen jährlich über ein Jahrzehnt. Unter sonst gleichen Bedingungen steigt die Wahrscheinlichkeit für Realismus im Sinne von Pessimismus bei Personen mit den höchsten kognitiven Fähigkeiten um 22 % und sinkt die Wahrscheinlichkeit für Optimismus um 34,8 % im Vergleich zu Personen mit den niedrigsten kognitiven Fähigkeiten. Dies deutet darauf hin, dass die negativen Auswirkungen einer übermäßig optimistischen Denkweise zum Teil ein Nebenprodukt der eigentlichen Triebkraft, nämlich der geringen kognitiven Fähigkeiten, sein könnten, da Zukunftserwartungen und Realität weniger häufig übereinstimmen. Vereinfacht ausgedrückt bestätigen die Ergebnisse die Vermutung, dass Pessimisten die klügeren Menschen sind.

    Literatur

    Bürgel, I. (2019). Das 3:1-Prinzip – das ist die Formel für ein glückliches Leben. Online Focus vom 23. Dezember.
    Dawson, Chris (2023). Looking on the (B)right Side of Life: Cognitive Ability and Miscalibrated Financial Expectations. Personality and Social Psychology Bulletin, doi:10.1177/01461672231209400.
    Sharot, T. (2007). Neural mechanisms mediating optimism bias. Nature, doi:10.1038/nature06280; 25.10.07.
    Sharot, T. (2012).  The optimism bias.
    WWW: https://www.ted.com/talks/tali_sharot_the_optimism_bias/transcript (12-12-14)
    https://idw-online.de/de/news760308 (20-12-18)
    Stangl, W. (2017). Stichwort: ‚Stimmung‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
    WWW: https://lexikon.stangl.eu/13837/stimmung/ (2017-08-08)
    Stangl, W. (2023, 10. Dezember). Kluge Menschen neigen zu Pessimismus.arbeitsblätter news.
    https:// arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/kluge-menschen-neigen-zu-pessimismus/


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