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Ablenkbarkeit

    Ablenkbarkeit bezeichnet einen Zustand des Menschen, bei dem Aufmerksamkeit und Konzentration gestört werden bzw. fehlen, wobei Ablenkung durch äußere Störungen und Reize bedingt sein kann, aber auch durch in der Person liegende Ursachen.

    Biologisch betrachtet ist der Mensch auf Ablenkung ausgerichtet, denn zahlreiche mentale Prozesse, die sich im Laufe der Evolution entwickelt und bewährt haben, sind auch heute noch vorhanden, etwa der Fluchtreflex oder die Neugier. So führt die angeborene Neugier dazu, ständig in Sorge zu sein, etwas zu versäumen (Fear of missing out-Phänomen). Besonders in einer Welt der modernen Technologien mit ihren vielfältigen Kontaktmöglichkeiten sowie ihren sozialen Netzwerken tappt der Mensch oft in diese evolutionär angelegten Fallen.

    Obwohl Ablenkbarkeit heute meist als Problem betrachtet wird, ist sie in einem normalen Ausmaß aber durchaus funktional, denn sie macht Menschen auf Neues und eventuell auf günstige Gelegenheiten aufmerksam oder schützt  vor Risiken und Gefahren. Dysfunktional wird Ablenkbarkeit erst dann, wenn diese unangepasst ist und einer Zielverfolgung im Wege steht. So beschreiben laut einer empirischen Untersuchung  Eltern und Lehrer etwa vierzig Prozent der Grundschulkinder als auffällig unaufmerksam und unkonzentriert (vgl. Rapp, 1982, S. 31).

    Siehe dazu den Lerntipp Musik, Arbeiten, Lernen.


    Ablenkung einfach erklärt: Was passiert, wenn man abgelenkt wird?

    Das Gehirn entdeckt: Da ist etwas Neues.
    Es sagt: „Schau einmal nach, da könnte etwas Wichtiges sein.“
    Man lenkt seine Aufmerksamkeit darauf.
    Das kann man nur schwer unterdrücken.
    Das ist letztlich auch wichtig.
    Wenn es zum Beispiel brennt und der Feueralarm losgeht, will man das ja mitbekommen und sich retten.
    Aber während man abgelenkt ist, kann man etwas anderes Wichtiges verpassen.
    Zum Beispiel, was die Lehrerin oder der Lehrer gerade erzählt.
    Oder auch das, was man liest oder gerade gelesen hat.
    Das wird dann vom Neuen verdrängt.
    Das gerade Gehörte oder Gelesene kann sich nicht im Gedächtnis einprägen.
    Man fragt sich: Was habe ich gerade gehört oder gesehen?


    Die Ablenkbarkeit nimmt mit dem Alter zu

    Rösner et al. (2022) untersuchten die neuronalen Korrelate, die der Aufmerksamkeitsselektion im Arbeitsgedächtnis zugrunde liegen und konzentrierten sich insbesondere darauf, wie sich ältere und jüngere Erwachsene in der Aufmerksamkeitsselektion bei der Wiederaufnahme einer primären Aufgabe unterscheiden. In der Studie führten die Probanden eine Arbeitsgedächtnisaufgabe durch, während sie häufig mit einer kognitiv wenig oder hoch anspruchsvollen Rechenaufgabe unterbrochen wurden, sodass die Person ihre Aufmerksamkeitsressourcen auf die Erledigung der Unterbrechungsaufgabe verwenden und anschließend Informationen der unterbrochenen Aufgabe (Primäraufgabe) reaktivieren musste. Anschließend zeigte ein retrospektiver Hinweis den Arbeitsgedächtnisinhalt an, der für einen späteren Bericht benötigt wurde.
    Der nachteilige Effekt der Unterbrechung zeigte sich zwar in beiden Altersgruppen, aber während jüngere Erwachsene stärker von einer hohen als von einer niedrig anspruchsvollen Unterbrechung betroffen waren, trat das Leistungsdefizit bei älteren Erwachsenen unabhängig von den kognitiven Anforderungen der Unterbrechungsaufgabe auf. Bei der Untersuchung der dabei aufgezeichneten EEG-Daten wurde ein ähnliches Muster bei der frontal-posterioren Konnektivität im Theta-Frequenzbereich festgestellt, was darauf hindeutet, dass mit zunehmendem Alter die Fähigkeit, relevante Informationen selektiv im Arbeitsgedächtnis zu behalten, offenbar abnimmt. Die Stärke der mittleren frontalen Theta-Oszillationen (~4-9 Hz) wies in beiden Altersgruppen eine vergleichbare Wirkung bei Unterbrechungen auf. Die Leistung der posterioren Alpha/Beta-Oszillationen (~8-30 Hz) nach dem retrospektiver Hinweis war jedoch bei älteren Erwachsenen durch eine vorangegangene Unterbrechung stärker vermindert.
    Diese Ergebnisse deuten daher auf ein altersbedingtes Defizit in der Aufmerksamkeitsauswahl und Aufrechterhaltung der primären Aufgabeninformation nach einer Unterbrechung hin, das unabhängig von den kognitiven Anforderungen der unterbrechenden Aufgabe zu sein scheint. Konkret bedeutet das, dass ältere Menschen weniger in der Lage sind, negative Einflüsse der Ablenkung auf die Auswahl relevanter primärer Aufgabeninformationen zu bewältigen, wobei aber nicht alle kognitiven Prozesse von Alterungsprozessen betroffen sind.

    Literatur

    Rapp, Gerhard (1982). Aufmerksamkeit und Konzentration. Erklärungsmodelle, Störungen und Handlungsmöglichkeiten. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.
    Rösner, Marlene, Zickerick, Bianca, Sabo, Melinda & Schneider, Daniel (2022). Aging impairs primary task resumption and attentional control processes following interruptions. Behavioural Brain Research, 430, doi:10.1016/j.bbr.2022.113932.
    Stangl, W. (2022, 30. August). Die Ablenkbarkeit bei Arbeiten nimmt mit dem Alter zu. was stangl bemerkt …
    https:// bemerkt.stangl-taller.at/die-ablenkbarkeit-bei-arbeiten-nimmt-mit-dem-alter-zu
    https:// notiert.stangl-taller.at/praxiswissen/was-passiert-wenn-man-abgelenkt-wird/ (18-11-12)


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