Zum Inhalt springen

kristalline Intelligenz

    Kurzdefinition: Unter kristalliner Intelligenz versteht man das Faktenwissen, das sich Menschen im Laufe ihres Lebens aneignen, etwa das Wissen über die Hauptstädte der Welt, der Wortschatz und Bildung im Allgemeinen.

    Das Intelligenzmodell von Cattell unterscheidet zwei Komponenten der Intelligenz: Die fluide Intelligenz und die kristalline Intelligenz. Die kristalline Intelligenz bezeichnet in der Psychologie dabei das gesammelte Wissen und die Ausdrucksfähigkeit eines Menschen, wobei diese Form der Intelligenz im Alter tendenziell ansteigt, daher umgangssprachlich oft auch als Altersweisheit bezeichnet wird. Die kristalline Intelligenz umfasst somit das meist über Ausbildungen aber auch Lebenserfahrung vermittelte Faktenwissen über die Welt, den Wortschatz, Rechenfähigkeiten und andere wissensorientierte Informationen. Kristalline Intelligenz umfasst neben dem verbalen Ausdrucksvermögen auch die soziale Kompetenz. Sie ist im Gegensatz zur fluiden Intelligenz stark von Umweltbedingungen abhängig und lässt sich bis ins hohe Alter steigern.

    Die kristalline Intelligenz beruht demnach weitgehend auf Übung, setzt einmal Gelerntes zueinander in Beziehung und wird kulturell überformt.  Man bezeichnet diese Form der Intelligenz manchmal auch als die Pragmatik der Intelligenz im Gegensatz zur fluiden Mechanik des Geistes, die die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Informationsverarbeitung umfasst. In jungen Jahren, wenn diese fluide Mechanik noch einfach funktioniert, nutzen Menschen diese fluide Intelligenz zur Aneignung von Wissen, während die kristalline Intelligenz dieses Wissen verknüpft. So entsteht mit der Zeit Erfahrung, wobei ein großer Schatz an Erfahrung den biologischen Abbau der intellektuellen Leistungsfähigkeit überkompensieren kann.

    Welchen Beitrag fluide und kristalline Intelligenz jeweils zu den geistigen Fähigkeiten eines Menschen beitragen, verschiebt sich im Laufe des Lebens, wobei sich der Generalfaktor der Intelligenz, der sich aus beiden zusammensetzt, den Intelligenzquotienten bestimmt, der dadurch nicht ein Leben lang gleich bleibt.


    Entwicklungstheorien der Intelligenz in der Tradition der Investitionstheorie von Cattell gehen davon aus, dass der Zuwachs an kristallisierter Intelligenz hauptsächlich von der fluiden Intelligenz abhängt, aber auch von einer Reihe intellektueller Investitionsmerkmale, wie Offenheit für Erfahrungen und Interesse an einem Fachgebiet. Die relative Vorhersagekraft von fluider Intelligenz und den verschiedenen intellektuellen Investitionsmerkmalen sowie die genaue Art des Zusammenspiels zwischen ihnen sind jedoch noch nicht vollständig geklärt. Lechner et al. (2019) verwendeten in einer Studie groß angelegte, mehrwellige Daten von Sekundarschülern aus dem deutschen Nationalen Bildungspanel (NEPS; N = 4646), um zu untersuchen, wie fluide Intelligenz, Offenheit und fachspezifisches Interesse mit den Ausgangsniveaus und der Veränderung von kristallisierter Intelligenz über zwei Jahre in zwei Bereichen, Lesen und Mathematik, zusammenhängen.

    Die Ergebnisse der latenten Variablenmodelle zeigten, dass fluidn Intelligenz und Interesse, und in geringerem Maße Offenheit, höhere Ausgangsniveaus und stärkere Zuwächse über zwei Jahre in der Lesekompetenz und der mathematischen Kompetenz vorhersagten. Darüber hinaus stützen die Ergebnisse die Annahme, dass fluide Intelligenz in synergetischer Weise mit dem Interesse am Lesen und an Mathematik interagiert, um Zuwächse in der Lesekompetenz und der mathematischen Kompetenz zu erzielen. Mit anderen Worten, fluide Intelligenz und Interesse befruchten sich gegenseitig, wobei Schüler, die sowohl eine hohe fluide Intelligenz als auch ein hohes Interesse haben, die höchste Rate beim Erwerb von Fähigkeiten und Wissen aufweisen. Diese Ergebnisse tragen zu den Entwicklungstheorien der Intelligenz bei, indem sie die Behauptung unterstützen, dass sowohl fluide Intelligenz als auch intellektuelle Investitionsmerkmale für die Entwicklung von kristallisierter Intelligenz wesentlich sind, und indem sie zeigen, dass das Zusammenspiel zwischen kristallisierter Intelligenz und Investitionsmerkmalen interaktiv und wechselseitig ist.

    Literatur

    Lechner, Clemens M., Miyamoto, Ai & Knopf, Thomas (2019). Should students be smart, curious, or both? Fluid intelligence, openness, and interest co-shape the acquisition of reading and math competence. Intelligence, 76, doi:10.1016/j.intell.2019.101378.


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Ein Gedanke zu „kristalline Intelligenz“

    1. Begriffsbestimmung

      Unter kristalliner Intelligenz versteht man das Faktenwissen, das sich Menschen im Laufe ihres Lebens aneignen. Dazu gehört etwa das Wissen über die Hauptstädte der Welt, der Wortschatz und die Bildung im Allgemeinen. Die kristalline Intelligenz lässt sich bis ins hohe Alter steigern.

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert