Das Psychodrama nach J. L. Moreno wurde als integratives Verfahren in und für Gruppen entwickelt, und bietet auf der Basis eines mehrdimensionalen Verständnisses für Menschen in sozialen Systemen Konzepte für die Arbeit mit Einzelnen, Paaren, Familien, Gruppen, Teams und Organisationen. Darüber hinaus werden gesellschaftliche und zeitgeschichtliche Einflüsse, männliche und weibliche Rollenstereotype und Sinnfragen in die Betrachtung aufgenommen. Das gruppenzentrierte Psychodrama befasst sich dabei mit den dynamischen und soziometrischen Gesetzmäßigkeiten der Gruppe, den Interaktionen und Konstellationen ihrer Mitglieder im Hier und Jetzt, aber auch mit den Ursachen, die die Produktivität und den Zusammenhalt der Gruppe behindern oder fördern können. Mit Hilfe soziometrischer Techniken wie Soziogramm oder Gruppenskulptur lässt sich Klarheit über Charakter und Intensität der jeweiligen Beziehungsgefüge und der Rolle der einzelnen darin gewinnen, etwa über eingestandene oder uneingestandene Anziehung, Distanz und Dominanz. Dabei treten u. U. verborgene Gruppenthemen und kritische Untergruppengefüge hervor und werden in Gruppenspielen sichtbar. Das gruppenzentrierte Psychodrama wirkt dabei in zwei Dimensionen, denn einerseits befördert es Kohäsion und Arbeitsfähigkeit einer Gruppe, andererseits hilft es gleichzeitig dem Einzelnen, seinen Platz bzw. seine Rolle, seine Funktion, seine Position und seinen Status im sozialen Gefüge einer Gruppe zu erkennen und eigenverantwortlich und unter Anleitung auch zu entwickeln. Das themenzentrierte Psychodrama stellt ein für die Gruppe, den Einzelnen oder eine Organisation wesentliches Thema in den Vordergrund, das auf verschiedenen Wegen erarbeitet und variiert werden kann, etwa in Vignetten, Bildern oder symbolischen Handlungen. Themenzentrierung, sei es durch direkte Erarbeitung eines Themas oder durch Verwendung etwa eines Märchenthemas als Folie, befördert einen mehrdimensionalen Lernprozess und bietet einen anregenden, motivierenden und gleichzeitig geschützten Rahmen. Das personenzentrierte Psychodrama ermöglicht durch die szenische Darstellung gegenwärtiger, vergangener, zukünftiger oder phantasierter Situationen innerhalb der Gruppe, in Paaren oder in Einzelsitzungen die Klärung problematischer zwischenmenschlicher Beziehungen, das Erkennen und Bearbeiten von Kommunikationsstörungen und dysfunktionalen Interaktionen, die Aufdeckung von Konfliktursachen durch freie Assoziation von Szenen in der psychodramatischen Aktion, die Entwicklung fehlender Rollen und innerer Figuren sowie den Abbau bzw. die Umwandlung destruktiver Rollenmuster. Hinzu kommt das kathartische sowie das bewusst reflektierende Wiedererleben abgewehrter Geschehnisse und Gefühle im Spiel und ihre Integration in das gegenwärtige Erleben, das Erkennen und Akzeptieren von Grenzen und Bewältigung der damit verbundenen Kränkung und Frustration, das Einüben neuer Verhaltensweisen im Rollenspiel, und schließlich das Entdecken und Erproben bisher ungenutzter oder unbekannter Möglichkeiten zur individuellen Entfaltung und sozialen Begegnung.
Das Psychodrama verfügt entsprechend seinem Menschenbild über eine eigene Persönlichkeitslehre, die in den Begriffen der Rolle und des sozialen Atoms verankert ist. Menschen lernen und leben ihre Rollen in ihrem jeweiligen Bezugssystem, ihrem sozialen Atom, wobei sich ihre Persönlichkeit in Umfang und Qualität ihres Bezugssystems und Vielfalt und Beweglichkeit ihres Rollenrepertoires realisiert. Die Entwicklung von Rollenübernahmen und deren Störungn, die Bedingungen für gelingende interpersonelle Wahrnehmung wie Selbstwahrnehmung und deren Störungen, die Erfahrung subjektiver Freiheitsgrade bzw. deren Einengung, Spontaneität und Angemessenheit von Handlungsvollzügen im jeweiligen situativen Kontext sind somit Gegenstand der das Psychodrama leitenden Theorie.
1. Definition
Psychodrama, eine von J.L. MORENO begründete Methode der Gruppenpsychotherapie, die – neben ihren diagnostischen Möglichkeiten – szenische Darstellung (Stegreiftheater), gruppendynamisches Setting und analytische Gruppenarbeit vereinigt. Mit Hilfe versch. Techniken wie Rollenwechsel, Doppeln, »Leerer Stuhl«, Spiegeln usw. werden die Konflikte des einzelnen oder der Gesellschaft (Sozialdrama) nicht allein verbal abgehandelt, sondern mit verteilten Rollen (Vater-Mutter etc.) in Szene gesetzt. Einmal Erlebtes oder in die Zukunft hinein Gedachtes, konflikthafte Phantasien oder Träume sollen möglichst spontan und konkret dargestellt werden (acting out). Dies dient zum Konflikterlebnis und dessen Verarbeitung. Nicht nur der Hauptdarsteller (Protagonist), auch die Mitspieler (Hilfs-Ich) und die Gruppe kommen über diese Methode zur Selbst- und Du-Erfahrung (Leutz & Widlöcher, 1974, S. 461).
2. Definition
Mit dem Psychodrama wurde zu Beginn der zwanziger Jahre von dem Wiener Psychiater J.L. Moreno, dem Begründer der modernen Gruppenpsychotherapie, eine Methode entwickelt, bei der Konflikte und seelische Störungen durch improvisiertes Spiel bearbeitet werden. Durch die Reinszenierung traumatischer Situationen wird nicht nur Einsicht in die Ursachen gewonnen, sondern es ist auch ein kathartisches Ausagieren von Konflikten möglich. Im anschließenden Gruppengespräch kommen gruppenanalytische und gruppendynamische Verfahrensweisen zum Einsatz (Legewie & Ehlers, 1994, S. 367).
3. Definition
Das Psychodrama, eine von J. L. Moreno entwickelte Form der Psychotherapie, dient zum Bewusstwerden und Auflösen von Konflikten und der Förderung der Spontaneität. Diese Form der Therapie wird von 6 bis 12 Personen abgehalten, und untergliedert sich in 3 wichtige Phasen: das Aufwärmen, das Spiel und die Besprechung. Beim eigentlichen „Spiel“ nehmen die Mitglieder die Rollen anderer auf und bringen ihnen so ihre Probleme nahe. Durch dieses Konfrontieren sollen aufgestaute Probleme gelöst werden (vgl. Grubitzsch & Weber, 1998, S. 269).
4. Definition
Das von Jacob Moreno entwickelte Psychodrama soll dazu führen, dass die Wahrheit durch das Mittel des Dramas erforscht wird. In diesem Verfahren stellen Patienten die Rollen anderer bekannter Personen nach, die in ihrem Leben von Bedeutung sind. Moreno war der Ansicht, dass dieser Rollentausch sowohl psychische Energien freisetzen würde, als auch die Gefühle erklären würde, für die ihr Verhalten bei anderen Menschen gesorgt hat (vgl. Cohen, 1995, S. 237).
5. Definition
Psychodrama: von J.L. MORENO begründetes Verfahren der tiefenpsychologischen Gruppentherapie, bei dem die Patienten ihre Konflikte durch spontanes Spiel und improvisierte Übernahme wechselnder Rollen schauspielerisch ausdrücken. Dem Patienten soll so die Dynamik des sozialen Beziehungsgefüges einsichtig werden, in das er eingebettet und von dem er in seinem Befinden und seiner Entwicklung abhängig ist. Das Durchleben, die Abreaktion (Katharsis) und ein Bewußtwerden der Konflikte sollen helfen, Einstellungen und Verhaltensweisen sowie konflikthafte Faktoren der eigenen Lebenswelt zu verändern (Hillig, 1996, S. 312).
Begründer des Methodensystems ist Jakob L. Moreno, ein Pionier der Gruppenpsychologie und der Gruppenpsychotherapie, der die Methoden des Psychodramas und der Soziometrie als Arzt eines Flüchtlingslagers, als Leiter eines Stegreiftheaters, als Supervisor von Gefängnissen und Heimen und nicht zuletzt als Leiter eines psychiatrischen Krankenhauses entwickelte. Moreno und dessen Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse, fortgeführt mit der Tradition der großen Sozialpsychologen wie Kurt Lewin, verbunden mit vielen Theorien und Protagonisten der humanistischen Psychologie wie Fritz Perls und nicht zuletzt der systemischen Perspektive befindet sich das Psychodrama in steter Entwicklung und gegenseitigem verfahrensübergreifendem Austausch. Das Psychodrama nimmt im Spektrum der psychodynamischen Verfahren eine integrative und in seiner Vielfalt besondere Stellung ein, und zwar mit Überschneidungen und Berührungen vor allem zur Tiefenpsychologie, zur systemischen Familientherapie, der Gestalttherapie und verschiedenen Leib- oder Körpertherapien, aber auch mit der Verhaltenstherapie. Das Psychodrama gehört damit zu den Therapie-, Lern- und Selbsterfahrungsmethoden, die die emotionale Expression in unterschiedlicher Intensität für zentral halten. Das Psychodrama nutzt und fördert dabei die menschliche Fähigkeit zu szenischem Spiel, zum Handeln in Rollen, zur Darstellung in Bildern und Symbolen, zu ursprünglicher und selbstbewusster Leiblichkeit. Das Psychodrama betont und entwickelt in seinem methodischen Vorgehen aber auch mitmenschliche Gegenseitigkeit und soziale Kompetenz ebenso wie Autonomie und Wahlmöglichkeiten. Dabei bedient es sich theoretischer Modelle, um die Vielfalt menschlicher Ausdrucksformen aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und zu verstehen.
Nach Morenos Auffassung ist in jedem Menschen ein kreatives Potential angelegt, das der Entfaltung in sozialen und psychischen Rollen bedarf, um sich als Mensch mit sich selber und mit der Umwelt zurechtzufinden und Probleme aktiv handelnd zu bewältigen. Moreno sieht den Menschen als Teil des Kosmos, als schöpferisches und soziales Wesen, das Verantwortung für sein eigenes Tun und Mitverantwortung für die Handlungen der Gruppen und der gesellschaftlichen Systeme, in denen es lebt, trägt oder tragen können sollte. Wenn menschliches Leben Bewegung und Entwicklung im Kontext sozialer, natürlicher und kultureller Umwelt ist, dann ist Krankheit zugleich Stau, Erstarrung und Fixierung. Diese zeigt sich in einseitigen, eingeschränkten, schädigenden Beziehungs- und Handlungsmustern, die sich im sozialen und kulturellen Kontext eines Menschen spiegeln. Moreno betont dabei den engen Zusammenhang zwischen psychischer Krankheit bzw. Gesundheit der Einzelnen und den konstruktiven bzw. destruktiven sozialen Systemen seiner Umgebung, für die eine entsprechende interpersonale Behandlungsmethodik geschaffen werden muss.
Siehe dazu Psychodrama & Moreno.
Literatur
Cohen, D. (1995). Lexikon der Psychologie. München: Wilhelm Heyne Verlag.
Grubitzsch, S. & Weber, K. (1998). Psychologische Grundbegriffe. Ein Handbuch. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag.
Hillig, A. (1996). Schüler Duden. Die Psychologie. Ein Sachlexikon für die Schule. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus.
Legewie, H. & Ehlers, W. (1994). Knaurs moderne Psychologie. München: Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf.
Leutz, G. & Widlöcher, D. (1976). Dorsch Psychologisches Wörterbuch. Bern: Verlag Hans Huber.
W. Stangl (1998). Psychodrama und Gruppenpsychotherapie: Jakob Levy Moreno. [werner stangl]s arbeitsblätter.
WWW: https://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/PSYCHOTHERAPIE/Psychodrama-Moreno.shtml (98-04-05)
http://www.amrein-praxis.ch/sites/default/files/Psychodrama.pdf (14-11-21)