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Sonntagsneurose

    Das Phänomen der Sonntagsneurose, Wochenendneurose, Leisure-Sickness oder Weekend-Blues ist schon lange bekannt, denn der Psychoanalytiker Sándor Ferenczi, ein Schüler Sigmund Freuds, beschrieb Anfang des vergangenen Jahrhunderts zum ersten Mal die Symptome einer Sonntagsneurose bei seinen Klienten, wobei die Probleme bei den Betroffenen von Magen-Darm-Störungen über Kopfschmerzen bis hin zu einer depressiven Störung reichten.

    Die Sonntagsneurose gehört zu den zeitgeistigen Erkrankungen zählt man, wobei diese auch als Entlastungsdepression oder populärwissenschaftlich als Ferienkrankheit oder Freizeitkrankheit bezeichnete Verfasstheit vor allem besonders ehrgeizige, übermotivierte Menschen betrifft, die sich im Alltag wenige Pausen gönnen oder sich auch in der Freizeit für ihren Beruf engagieren. Workaholics und Perfektionisten sind besonders häufig betroffen, denn jemand, der sich permanent zu viel Arbeit aufbürdet, sich für alles verantwortlich fühlt, Angst vor Fehlern hat und nicht Nein sagen kann, lebt in einem Dauerstress. Dabei werden permanent Stresshormone ausgeschüttet, sodass es zu einer dauerhaften Anspannung und Nervosität kommt, die auch den Blutdruckerhöht, sodass in dem Augenblick, wenn die Anspannung am Wochenende oder vor allem im Urlaub nachlässt, auch das Immunsystem herunterfährt und die oder der Betroffene anfälliger für Infektionen wird.

    Jüngst hat man herausgefunden, dass es einen Zusammenhang zwischen Bildung und Laune am Wochenende gibt, denn Männer mit mittlerem Bildungsgrad sowie Frauen und Männer mit höherer Bildung sind mindestens einen Tag am Wochenende unglücklicher als unter der Woche. Bei Frauen mit mittlerem Bildungsgrad ist eher der Samstag der Tiefpunkt, während es bei Frauen mit höherer Bildung eher der Sonntag ist, wobei bei Männern mit hohem Bildungsniveau tendenziell sogar das ganze Wochenende betroffen ist.

    Allerdings sind Menschen, die ein mittleres oder gar hohes Bildungsniveau haben, die gesamte Zeit über glücklicher und zufriedener als Menschen mit geringerer Ausbildung, wobei es daran liegen könnte, dass diese nicht unter einer Wochenendneurose leiden, dass sie eher froh sind, nicht arbeiten zu müssen, während Menschen mit höherem Bildungsniveau dagegen öfter das Glück haben, einen Beruf auszuüben, der sie erfüllt. Die Sonntagsneurose scheint auch damit zu tun zu haben, wie stark sich Menschen über ihren Beruf identifizieren, denn nicht nur die Bildung, sondern auch die Position im Betrieb spielt eine wichtige Rolle.

    Was kann man dagegen tun? Man sollte am Wochenende ganz bewusst Zeit für Freunde und Familie einplanen und schöne Momente am Wochenende willentlich genießen. Auch bestimmte Rituale, die an jedem Wochenende fix eingeplant werden, können die Sonntagsneurose zumindest zum Teil abmildern, denn durch feste Pläne am Wochenende wird das Gehirn davon abgehalten, in Muster zurückzufallen, die zu den Problemen in der arbeitsfreien Zeit führen.

    Literatur

    Sima, J. (2020). Meine Arbeit ist mein einziges und liebstes Hobby.
    WWW: https://www.t-online.de/finanzen/beruf-karriere/beruf/id_89043962/weekend-blues-und-burnout-arbeit-ist-mein-einziges-und-liebstes-hobby-.html (20-12-07)
    Stangl, W. (2012). Workaholic – die Sucht nach der Arbeit. [werner stangl]s arbeitsblätter.
    WWW: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/SUCHT/Arbeitssucht.shtml (12-12-08)
    Stangl, W. (2018). Stichwort: ‚Leisure-Sickness‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
    WWW: https://lexikon.stangl.eu/15498/leisure-sickness/ (18-12-08)
    https://psychologie-news.stangl.eu/75/zeitgeistige-erkrankungen (08-04-12)


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