Die Telomerase ist ein Enzymkomplex, der eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung der Telomere spielt – jener speziellen DNA-Sequenzen am Ende der Chromosomen, die die Chromosomenenden schützen und deren Stabilität gewährleisten. Telomere verkürzen sich mit jeder Zellteilung, was letztendlich zur Zellalterung und zum programmierten Zelltod, der Apoptose, führen kann.
Die Telomerase besteht aus einer katalytischen Protein-Untereinheit und einer RNA-Komponente, die als Matrize für die Verlängerung der Telomere dient. Durch Hinzufügen von zusätzlichen repetitiven DNA-Sequenzen an den Chromosomenenden ist die Telomerase in der Lage, die Telomerlänge zu erhalten und die Lebensspanne der Zellen zu verlängern.
Die Aktivität der Telomerase ist in den meisten Körperzellen des erwachsenen Organismus gering reguliert, da eine dauerhafte Telomerasewirkung zu einer unbegrenzten und unkontrollierten Zellteilung führen könnte – ein Zustand, der mit Krebsentstehung in Verbindung gebracht wird. Allerdings ist die Telomerase in bestimmten Zelltypen, wie Keimbahnzellen und Stammzellen, stärker aktiv, um deren hohes Teilungspotenzial und Selbsterneuerungsfähigkeit aufrechtzuerhalten.
Neuere Forschungen deuten darauf hin, dass Veränderungen in der Telomerase-Regulation mit verschiedenen Krankheitsbildern wie vorzeitiger Alterung, neurodegenerativen Erkrankungen und Krebsentstehung in Zusammenhang stehen können. Das tiefere Verständnis der Telomerase-Funktion könnte daher zu neuen Ansätzen in der Diagnose und Behandlung solcher Erkrankungen führen.
Übrigens: Im Jahr 2010 führte rin Forschungsteam ein grundlegendes Experiment durch, welches den Grundstein für die nachfolgende, bahnbrechende Forschung zur Telomerase legte. Durch die Deaktivierung des TERT-Gens bei Mäusen konnten die Wissenschaftler eine vorzeitige Alterung der Tiere beobachten. Die eigentliche Überraschung zeigte sich jedoch, als das Gen reaktiviert wurde: Anstelle eines einfachen Alterungsstopps wurde eine tatsächliche Zellverjüngung im gesamten Körper der Mäuse beobachtet. Dieses unerwartete Ergebnis eröffnet neue Perspektiven in der Anti-Aging-Forschung.
Literatur
Shay, J. W., Wright, W. E. (2019). Telomeres and telomerase: three decades of progress. Nat Rev Genet., 20, 299-309.
de Lange, T. (2018). Shelterin-Mediated Telomere Protection. Annu Rev Genet., 52, 223-247.