Eine Sonderform unter den Personalauswahlmethoden sind Assessment-Center, die meist angewandt werden, wenn anspruchsvolle und leitende Positionen zu besetzen sind. Oft dauern diese Auswahl- und Einschätzungstests mehrere Tage, wobei neben Tests zusätzliche Methoden wie Fallstudien, Präsentationen, Einzelinterviews, Gruppendiskussionen und vieles mehr zum Einsatz kommen. Schwerpunkt sind in vielen Fällen die Lösung von praxisnahen Problemstellungen aus dem Alltag. Ziel eines Assessment Centers ist es, die persönlichen Merkmale und Verhaltensweisen einer Person und damit die Eignung für eine bestimmte Stelle in möglichst realitätsnahen Aufgaben herauszufinden. Auf Assessment Center kann man sich nur schwer vorbereiten, da man nichts auswendig lernen kann, sondern der beste Umgang damit ist, sich möglichst so zu geben wie man ist. Nützlich kann es sein, sich vorher über die Philosophie, Gebräuche, Strategie und Geschichte eines Unternehmens zu informieren. Man sollte bei der Vorbereitung Überlegungen zur ausgeschriebenen Stelle anstellen und überlegen, mit welchen Herausforderungen man in diesem Beruf konfrontiert werden könnte. Man kann sich zwar schon vor dem Assessment Center Gedanken darüber machen, wie man auf bestimmte Fragestellungen und Aufgaben reagieren würde, um in der Situation selbstsicher genug zu sein, aber keinesfalls sollte man Phrasen oder Floskeln auswendig lernen, die nicht zur eigenen Person passen, nur um einen „guten Eindruck“ zu hinterlassen. Es geht in einem Assessment Center vielmehr darum, die richtige Person auf den richtigen Arbeitsplatz zu holen oder dafür zu entwickeln. Wenn man authentisch ist und die erforderlichen Eigenschaften unter Beweis stellen kann, sind die Chancen sehr hoch die Erfüllung im idealen Job zu finden und dem Unternehmen lange und produktiv erhalten zu bleiben. Häufige Übungen im Assessment Center sind
- Präsentation der eigenen Person oder eines Projektes
- Gruppendiskussion
- Rollenspiele
- Postkorbübung
- Stressinterview
- Konzentrationsübungen
- Persönlichkeitstests
- Gruppendynamikübungen
Meist sind sehr unterschiedliche Aufgaben zu bewältigen, bei deren Lösung man beobachtet wird, wobei die Aufgaben vor allem aus dem Bereich der sozial-kommunikativen Kompetenzen sind, da es im Assessment Center weniger um das Prüfen von gelernten Fakten, als um die sozialen Faktoren geht. Einstellen sollte man sich darauf, dass man in Assessment Center oft mit den KonkurrentInnen konfrontiert wird, wobei diese Konkurrenz für manche Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Problem darstellt, denn es gilt die richtige Balance zwischen Konkurrenz und Kooperation zu finden, zumal von den BeobachterInnen besonders darauf geachtet wird.
Kritische Anmerkungen zum Einsatz von Assessment-Centern
Assessment Center werden mehr und mehr von Nicht-Fachleuten durchgeführt werden, die zu wenig von Diagnostik verstehen, wobei es ein Fehler ist, der eigenen Beobachtung mehr zu vertrauen statt wissenschaftlicher Arbeit. Viele unseriöse Anbieter betrieben Etikettenschwindel, denn da werden zehn Hochschulabsolventen an einem Tag zusammengesteckt und lediglich eine Gruppendiskussion und eine Präsentation durchgeführt. Wenig hilfreich ist es auch, wenn Führungskräfte des Unternehmens selbst im Assessment-Center mit dabei sind, denn es kommt häufig vor, dass Manager die Einwände professioneller Assessoren ignorieren und die Teilnehmer durchsetzen, von denen sie überzeugt sind. Auch wenn es eine DIN-Norm für die Eignungsdiagnostik gibt, wie also ein gutes Assessment-Center aufgebaut sein sollte: Gruppendiskussionen, Übungen, in denen Arbeitssituationen simuliert werden, Rollenspiele, Präsentationen und Fallstudien, verschiedene Tests, Einzelinterviews mit Bewerbern und die Analyse biographischer Daten, wobei keines dieser Instrumente allein ausreicht, sondern die Gesamtschau entscheidend ist. Gut geschulte Assessoren fallen als Beobachter nicht auf Stereotype hereinfallen und beobachten nicht Aspekte, die für eine aktuelle Aufgabe nicht relevant sind. Häufig wird von ungeschulten Assessoren die Fähigkeit zur Selbstdarstellung übermäßig honoriert, d.h., das Verhalten wird nur an der Oberfläche beobachtet, sodass ein der freundlicher anpassungsbereiter Vielredner am besten abschneidet“, sagt Hossiep. Wenn sich Assessoren vom Selbstmarketing blenden lassen, ziehen zurückhaltende bessere Bewerber den Kürzeren.
Übrigens versuchen viele Unternehmen, die Inhalte ihrer Assessment Center geheim zu halten und umgeben ihrem Assessment Center ein Schleier des Geheimnisvollen, wodurch viele Bewerber Angst vor dem haben, was sie in einem Assessment Center erwartet. Die Personalabteilungen verstecken dadurch ihre Auswahlverfahren hinter anderen Begriffen verstecken, wie Management- oder Personalentwicklungsseminar, Führungskräfte-Potentialtest sowie Auswahl-, Förderungs- oder Qualifizierungsseminar, Development-Center, Kontakt-Tag und Standortbestimmungsseminar, um den BewerberInnen damit die Angst vor einem Assessment Center zu nehmen.
Nach Kanning (2016) berichten viele Bewerber von methodisch unsauber durchgeführten Assessment-Centern, die die Ergebnisse verzerrten. So gaben 57 Prozent an, in den Pausen beobachtet worden zu sein, 47 Prozent berichteten von persönlichem Kontakt zu den Beobachtern und in 42 Prozent der Fälle tauschten sich die Beobachter zwischen den Übungen aus. Die häufigsten Assessment-Center-Übungen waren Selbstvorstellung (80 Prozent), Gruppendiskussion (78 Prozent), Rollenspiele (66 Prozent) und Vortrag mit Vorbereitung (60 Prozent).
Zur Geschichte
Ab Beginn des vorigen Jahrhunderts entwickelten Reichswehrpsychologen ein Auswahlverfahren, dass die psychologische Eignung von Offiziersanwärtern, Flugzeugführern, Kraftfahrern und Funkern testen sollte. In den 1950er Jahren wurden diese Auswahlverfahren weiterentwickelt und in den USA zunehmend auch für die Besetzung von Stellen in der Wirtschaft genutzt, wobei als erstes Unternehmen AT& Assessment Center nutzte.
Praktische Tipps unter
https://www.stangl-taller.at/TESTEXPERIMENT/teststrategien.html
Assessment Center: Anforderungsmerkmale häufig illusorisch
Personalauswahlverfahren: BewerberInnen bereiten sich vor und verbessern ihr Testergebnis
Literatur
Assessment-Center – Es wird zu wenig auf Werte geachtet.
Süddeutsche vom 3. Februar 2010
Uwe Peter Kanning (2016). Wie Bewerberinnen und Bewerber die Praxis der Personalauswahl erleben und bewerten. Report Psychologie, 41, 56-66
Der Erfindet Thomas Alva Edison hatte eine amüsante Methode entwickelt, um seine Mitarbeiter auszuwählen: Er bat diese, einen Teller Suppe zu essen. Diejenigen, die Salz hinzufügten, bevor sie die Suppe probierten, wurden sofort ausgeschieden, denn dieser Test zielte darauf ab, die Bewerber auszusondern, die mit Vorurteilen an eine Sache herangingen. Edison erlaubte übrigens auch seinen Mitarbeitern nicht, eine Nacht lang ruhig durchzuschlafen, denn er selber praktizierte polyphasischen Schlaf, wobei er mehrmals am Tag für kurze Zeit schlief, um produktiver zu sein, und seine Mitarbeiter mussten sich diesem Rhythmus anpassen.