Zum Inhalt springen

Lernpyramide

    Inhaltsverzeichnis

    Die Lernpyramide. auch als Lernkegel bzw. Learning Cone bekannt, ist eine Grafik, die eine hypothetische Hierarchie der Effektivität verschiedener Lernmethoden darstellt, wobei postuliert wird, dass Menschen sich an verschiedenen Arten von Lehrmaterial unterschiedlich gut erinnern, wobei einige Methoden als effektiver angesehen werden als andere. Typischerweise wird angenommen, dass das reine Lesen von Informationen am wenigsten effektiv ist, gefolgt von anderen passiven Lernmethoden wie dem Hören von Vorträgen, während aktives Engagement, wie zum Beispiel das Diskutieren von Themen oder das Anwenden des Gelernten in praktischen Übungen, als wesentlich effektiver angesehen wird.

    Das Konzept wurde von den Bildungstheoretikern Edgar Dale und dem Nationalen Institut für Ausbildungslabore entwickelt, wobei dieses Modell betont, dass Lernende Informationen effektiver behalten, wenn sie aktiv am Lernprozess teilnehmen1. Hier sind die wichtigsten Aspekte einer Lernpyramide:
    Die Lernpyramide zeigt die Variation der Bindungsniveaus, die mit verschiedenen Lernmethoden verbunden sind, wobei aktive Lernmethoden  zu besserer Wissenserhaltung als passive Methoden führen. Edgar Dale hinterfragte das traditionelle passive Vorlesungsformat und betonte erfahrungsbasierte und interaktive Lernmethoden, wobei seine Arbeit zur Schaffung des Learning Cone führte, einer visuellen Darstellung, die bis heute bei Pädagogen und Schulungsanbietern Anklang findet.
    Die Lernpyramide beschreibt sieben verschiedene Lernmethoden, die sich jeweils durch ihre Wirksamkeit im Hinblick auf die Wissenserhaltung auszeichnen.

    Beispiele

    Dieses Beispiel einer Lernpyramide ist in mehrere Ebenen unterteilt, die jeweils eine bestimmte Lernmethode und die dazugehörige durchschnittliche Merkfähigkeit repräsentieren, wobei die Prozentangaben Durchschnittswerte darstellen und je nach den individuellen Fähigkeiten, dem Interesse und dem Fachgebiet des Lernenden variieren können.

    • Unterrichten bzw. unmittelbare Anwendung des Gelernten (90% Merkfähigkeit): Wenn Lernende anderen Wissen vermitteln oder das Gelernte unmittelbar anwenden, merken sie sich in der Regel etwa 90% der Informationen. Diese hohe Quote resultiert aus den kognitiven Leistungen, die notwendig sind, um den erworbenen Inhalt gut verständlich zu erklären.
    • Lernen durch Praxis (75% Merkfähigkeit): Lernende, die sich durch praktische Übungen mit dem Material auseinandersetzen, können sich etwa 75% der Informationen merken. Das Gelernte in der Praxis umzusetzen, verankert Wissen stärker als passive Lernmethoden.
    • Diskussionsgruppen (50% Merkfähigkeit): Der Austausch von Ideen und Standpunkten in einer Diskussionsgruppe festigt das Gelernte und führt zu einer Merkfähigkeit von etwa 50%.
    • Vorführung (30% Merkfähigkeit): Visuelles und erfahrungsorientiertes Lernen, beispielsweise durch das Beobachten von Experimenten, unterstützt das Verständnis und die Merkfähigkeit mit einer Effizienz von etwa 30%.
    • Audiovisuelles Lernen (20% Merkfähigkeit): Audiovisuelle Methoden tragen zu einer Merkfähigkeit von etwa 20% bei. Die Kombination von Bild und Ton schafft ein ansprechenderes Lernerlebnis als rein textbasiertes Material.
    • Lektüre (10% Merkfähigkeit): Obwohl das Lesen eine verbreitete Lernmethode ist, führt diese passive Art des Lernens zu einer geringen Merkfähigkeit von nur 10%. Sie sollte stets durch andere Methoden verstärkt werden.
    • Vorlesung (5% Merkfähigkeit): An der Spitze der Pyramide ergibt sich bei traditionellen Vorlesungen eine ernüchternde Merkfähigkeit von lediglich 5%. Die passive und oft wenig ansprechende Gestaltung von Vorlesungen erschwert es den Studierenden, die präsentierten Informationen zu behalten.

    Ein weiteres Beispiel eine Lernpyramide – hier in umgekehrter Reihenfolge:

    • Vorträge: Dies ist eine passive Methode, bei der Informationen mündlich präsentiert werden. Die Wissenserhaltung ist gering.
    • Lesen: Das Lesen von Texten ist ebenfalls eine passive Methode. Die Wissenserhaltung ist etwas besser als bei Vorträgen.
    • Audiovisuelle Präsentationen: Diese Methode kombiniert visuelle und auditive Elemente. Sie ist effektiver als reine Vorträge oder Lesen.
    • Demonstrationen: Aktive Teilnahme durch Beobachtung und praktische Anwendung. Die Wissenserhaltung ist höher.
    • Diskussionen: Interaktion mit anderen Lernenden. Die Wissenserhaltung ist noch besser.
    • Praktische Anwendung: Aktives Tun, Anwenden des Gelernten. Die Wissenserhaltung ist hoch.
    • Unterrichten: Die höchste Stufe der Lernpyramide. Durch das Lehren anderer festigt man sein Wissen am besten.
    Lernpyramide mit Zahlen

    Diese Zahlen stammen vermutlich von Paul John Phillips, der an der University of Texas in Austin arbeitete und Traings für die Erölindustrie abhielt. Während des 2. Weltkriegs unterrichtete Phillips Visual Aids an der U. S. Army’s Ordnance School in Aberdeen (Maryland), wo diese Zahlen erstmals publiziert wurden (vgl. Thalheimer, 2006).

    cone of learning Dale

    Kritik

    Klimsa (1995, S. 9) kritisiert aus kognitions- und medienpsychologischer Sicht diese naive Darstellung, die von einer simplen Summierungstheorie ausgeht, die in keiner Weise der Funktionsweise unseres Gehirns entspricht: „Wären die Prozentangaben aber zuverlässig ermittelt, so müsste man wohl davon ausgehen, dass der gleichzeitige Einsatz mehrerer Medien für Informations- und Lernprozesse in jedem Fall vorteilhaft ist. Wie jedoch die Studie von Wagenaar, Varey und Hudson (1984) zeigte, kann man solch einfache Schlussfolgerungen nicht ziehen. Wagenaar et al. stellten fest, dass die gleichzeitige Informationspräsentation in visueller und auditiver Form keine bessere Erinnerungsleistung zur Folge hatte als nur die auditive Form. In einem Experiment nutzten sie die Kombination von Bildern und Wörtern und wiesen dadurch nach, dass bisensorisch rezipierte Informationen schlechter erinnert werden als man dies durch die jeweilige Kombination erwarten könnte.“ Schulmeister (2001) bezeichnet diese „Statistik“ gar als Heidis „Brain-Based Murks“. Diese auch von anderen Autoren (z.B. Gudjons 2001, Klippert 2002) wiedergegebene Statistik setzt jedoch Behalten mit Verstehen gleich und behauptet, dass theoretische Einsicht am besten aus praktischer Erfahrung gewonnen werden kann. Der Hinweis auf Personen, die offensichtlich aus Erfahrung nichts gelernt haben, kann das leicht widerlegen. Auch besteht in Konzepten zum handlungsorientierten Lernen die Gefahr, das Handeln zu einem Ersatz für das Nachdenken zu machen. Lernen erfordert häufig eine Distanzierung von den unmittelbaren Phänomenen und Erfahrungen. Die Effizienz des Lernens ist von den kognitiven Aktivitäten der Lernenden abhängig, nicht von den handlungspraktischen (Stangl, 2024).

    Nach Thalheimer (2006) stammen die Überlegungen zu dieser „Lernpsyramide“ von Edgar Dale (1969), der in seinem schon früher pubizierten Cone of Experience eine Abstufung unterschiedlicher Aktivitätsformen beim Lernen darstellte. Dieses von Dale 1946 also eher intuitiv und explizit ohne Zahlen publizierte Modell entwickelte in der Folge ein Eigenleben. Daraus wurde durch Interpretationen anderer schließlich. Die Zahlen stammen vermutlich von Paul John Phillips, der an der University of Texas in Austin arbeitete und Traings für die Erölindustrie abhielt. Während des 2. Weltkriegs unterrichtete Phillips Visual Aids an der U. S. Army’s Ordnance School in Aberdeen (Maryland), wo diese Zahlen erstmals publiziert wurden (vgl. Thalheimer, 2006).

    Zusammengefasste Kritik an der Lernpyramide:
    • Mangel an wissenschaftlicher Evidenz: Obwohl die Lernpyramide weit verbreitet ist, gibt es keine umfassende wissenschaftliche Forschung, die ihre Wirksamkeit eindeutig belegt. Die ursprünglichen Daten von Edgar Dale waren eher anekdotisch und nicht streng empirisch.
    • Vereinfachung komplexer Prozesse: Die Pyramide stellt den Lernprozess als lineare Hierarchie dar, was die Realität komplexer ist. Tatsächlich interagieren verschiedene Lernmethoden miteinander, und ihre Effektivität hängt von vielen Faktoren ab.
    • Individuelle Unterschiede: Jeder Lernende ist einzigartig. Was für eine Person effektiv ist, mag für eine andere nicht gelten. Einige Menschen lernen besser durch Lesen, während andere von praktischer Anwendung profitieren.
    • Kulturelle und kontextuelle Unterschiede: Die Wirksamkeit von Lernmethoden kann auch von kulturellen und kontextuellen Faktoren abhängen. Was in einer bestimmten Kultur oder in einem bestimmten Bildungsumfeld funktioniert, muss nicht zwangsläufig überall gelten.
    • Aktualität: Die ursprüngliche Lernpyramide stammt aus den 1940er Jahren. Seitdem hat sich die Bildungsforschung weiterentwickelt, und es wurden neue Erkenntnisse gewonnen. Es ist wichtig, aktuelle Ansätze zu berücksichtigen.

    Letztlich beruht das Konzept der Lernpyramide auf unbegründeten Annahmen und hat auch keine solide empirische Evidenz, da Menschen auf unterschiedliche Weise lernen, und die Effektivität einer Lernmethode auch von verschiedenen Faktoren wie dem Fachgebiet, dem individuellen Lernstil und anderen Umständen abhängt.

    Literatur

    Dale, Edgar (1946). Audio-visual methods in teaching. New York: Dryden.
    Green, Norm & Green, Kathy (2005). Kooperatives Lernen im Klassenraum.
    Klimsa, Paul (Hrsg.) (1995). Multimedianutzung aus psychologischer und didaktischer Sicht. In Issing ,Ludwig J. & Klimsa, Paul (Hrsg.), Information und Lernen mit Multimedia. Weinheim: Psychologie Verlags Union.
    Stangl, W. (2004, 12. Februar). Lernstrategien – Lerntypen – Lernstile. [werner stangl]s arbeitsblätter.
    https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/LERNEN/Lernstrategien.shtml
    Thalheimer, Will (2006). People remember 10%, 20%…Oh Really?
    WWW: http://www.willatworklearning.com/2006/05/people_remember.html (10-09-01)

    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    Inhaltsverzeichnis

    Inhaltsverzechnis