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Urban Legends

    Gerüchte sind wie Torpedos, denn sobald sie gestartet sind,
    rasen sie aus eigener Kraft voran.
    Robert Knapp

    Urban Legends sind eine Art moderner Sagen, auch moderner Mythen, vorwiegend namensgebend Großstadtlegenden (urban legends, urban myths, urban tales, contemporary legends), die verwandt mit Ammenmärchen und Schauermärchen, oft mehr oder weniger skurrile Anekdoten, die mündlich, heutzutage meist auch per E-Mail oder über soziale Netzwerke als Fake News oder Hoax weitergegeben werden und deren Quelle sich in aller Regel nicht mehr zurückverfolgen lässt. Manchmal werden sie auch, bedingt durch unzureichende Recherche, als Nachrichten in einem oder mehreren Medien verbreitet. Da Urban Legends stets einen Kern von Realistik enthalten, gehören sie für viele Menschen zu ihrem Bild der Wirklichkeit, das sie dann nur sehr ungern korrigieren.

    Solche Urban Legend appellieren in der Regel an starke Emotionen wie Angst oder Ekel und an Vorurteile, was aus der Sicht der Psychologie nachvollziehbar ist, da solche bedrohlichen Inhalte im Gegensatz zu positiven Inhalten nachhaltiger erinnert und dadurch verbreitet werden. So drückt der Hamster in der Mikrowelle das Unbehagen mancher Menschen gegenüber neuen Technologien aus. Anders als Märchen müssen Urban Legends zumindest vorstellbar sein und einen realen Anknüpfungspunkt besitzen. Dabei werden tatsächlichen Ereignisse, Falschmeldungen, Halbwahrheiten, Gerüchte und Verschwörungstheorien zu einem langlebigen Phantom, das die evolutionär bedingte Furcht vor dem Unbekannten konkretisiert und oft auch personifiziert. Urban Legends können insofern Unheil anrichten, indem sie Vorurteile verstärken oder Verdächtigungen in die Welt setzen, wenn etwa über Randgruppen der Gesellschaft üble Klischees verbreitet werden. Aktuell gibt es zahlreiche Internet-Portale, die über Flüchtlinge und damit verbundene Gerüchte aufklären. Bekannte Mythen sind etwa der Impf-Mythos, der besagt, dass Impfen Autismus verursacht oder sogar mit dem Serum Mikrochips zur Gedankenkontrolle injiziert werden. Geglaubt wird häufig das, was sich gut anfühlt, wahr ist das, was wahr sein soll. Vermutlich ist dies eine Reaktion auf die verstörende Komplexität der Welt. Eine Studie wie nach, dass mehr als die Hälfte der Twitter- und Facebook-User nur die Überschriften von Artikeln lesen und diese dann sofort teilen, ohne zu wissen, was in dem folgenden Text konkret steht. Das Internet und Urban Legends ergänzen sich somit, denn Menschen, die das glauben, was sie glauben wollen, haben jetzt ein Medium, das nur noch die passenden Informationen durchlässt, sodass das Internet die perfekte Filterblase für Gerüchte und Wandersagen jedweder Art schafft.


    Beispiel für ein solches Gerücht: Apple soll sich 1976 beim Design seines Logos, einem angebissenen Apfels, vom Tod des Computerpioniers Alan Turing inspirieren haben lassen, denn dieser vollzog seinen Selbstmord mit Hilfe eines vergifteten Apfels. Diese Geschichte wurde jedoch von Apple-Gründer Steve Jobs dementiert. Andere bringen dieses Logo mit dem Apfel in Verbindung, den Eva in der Bibel Adam reicht. Eine andere Erklärung ist ein Bezug zum Apfel Newtons. Eine offizielle Begründung: The apple shape itself didn’t have anything to do with computers. It’s to get people to notice that an Apple computer was not some piece of hard-edged metal that has no place in your home and that your kid wouldn’t want to be near. Lots of different fruits have a stem, are sort of round with a leaf dangling off of it. So the bite in the apple was initially meant to indicate that it was an apple, and not something else. Also metaphorically the bite indicated biting into all the knowledge users would get out of this computer.


    Übrigens: Gerüchte verbreiten sich umso effektiver, je glaubwürdiger eine Quelle klingt, wobei schon die Behauptung genügt, dass die Geschichte vom Freund eines Freundes stammt. Menschen sind zudem auch eher bereit, eine Geschichte weiterzuerzählen, wenn sie mit einem solchen Ursprung versehen ist. Gerüchte gedeihen auch immer dann besonders gut, wenn bei den Menschen Angst oder Unsicherheit herrschen, denn Gerüchte erfüllen das menschliche Bedürfnis nach Erklärungen, indem sie unübersichtliche Situationen scheinbar vereinfachen. Auch stillen Gerüchte die menschliche Sehnsucht nach Aufmerksamkeit, denn wer Gerüchte weitererzählt, kann sich oft auch als Eingeweihter profilieren.

    Kurioses: Die Institute der Universität Innsbruck haben sich zum 350-Jahr-Jubiläum der Universität mit Aspekten rund um Frau Hitt befasst – von geologischen bis zu juristischen.“ Die Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck untersuchte „Urban Legends“ in den Varianten der Frau-Hitt-Sage. In einer davon tollte Frau Hitts Sohn am Rande eines Sumpfs herum, als sich das Erdreich unter einem seiner Schritte löste und er in den Schlamm plumpste. Zwar gelang es dem jungen Riesen, sich zu befreien, doch danach war sein gesamter Körper von übelriechendem Morast bedeckt. Frau Hitt war so erschrocken über diesen Anblick, dass sie ihren Dienern befahl, ihren Sohn zu reinigen – mit Milch und Weißbrot. Die hungrigen Diener, die das Brot nur zu gern gegessen hätten, folgten ihrem Wunsch. Doch kaum hatten sie mit der Arbeit begonnen, erschütterte ein Erdbeben die Berge rund um den Inn. Frau Hitts Palast brach in sich zusammen, toste ins Tal und riss alle Bäume mit sich. Statt blühender Almen sieht man dort oben seitdem nur eine Steinwüste. Frau Hitt selbst wurde vom Blitz getroffen, woraufhin sie zu Fels erstarrte und noch heute als graue Formation auf der Nordkette zu erahnen ist.

    Lateral Reading

    Lateral Reading ist eine Strategie, die verwendet wird, um die Glaubwürdigkeit von Informationen im Internet zu bewerten, wobei im Gegensatz zum traditionellen vertikalen Lesen, bei dem der Leser eine Webseite oder Quelle direkt liest, um deren Glaubwürdigkeit zu beurteilen, das laterale Lesen das Überprüfen verschiedener Quellen und Informationen beinhaltet, um eine fundierte Meinung zu bilden.
    Bei der lateralen Lesepraxis verlässt sich der Leser bzw. die Leserin nicht ausschließlich auf die Informationen auf einer bestimmten Webseite oder Quelle, sondern prüft auch andere Quellen, um die Glaubwürdigkeit und den Kontext der präsentierten Informationen zu bewerten. Das kann etwa bedeuten, dass man Suchmaschinen verwendet, um nach anderen Berichten oder Analysen zu suchen, oder andere glaubwürdige Quellen zu Rate zieht, um die Richtigkeit und den Kontext der Informationen zu überprüfen. Laterales Lesen ist eine flexible Lesetechnik, die an verschiedene Bedürfnisse und Lernstile angepasst werden kann, das sowohl individuell bei einer eigenen Recherche als auch in Gruppenarbeit etwa in Schulklassen eingesetzt werden kann. Lateral Reading ermöglicht es darüber hinaus den Lesern und Leserinnen, ein umfassenderes Verständnis für ein Thema zu entwickeln und eine breit informierte Meinung zu bilden, indem man verschiedene Perspektiven und Quellen berücksichtigt. Diese Methode ist besonders nützlich in einer Zeit, in der Fehlinformationen und Fake News im Internet weit verbreitet sind.
    Wenn man also das Internet und andere digitale Quellen gewinnbringend, d. h. kritisch nutzen will, dann lohnt der Blick auf das Handeln von Faktencheckern. Laterales Lesen bedeutet etwa seitwärts stattfindendes Lesen mit mehreren parallel geöffneten Tabs im Browser, was dazu dient, sich zügig im Sinne einer Standortbestimmung von einer Website auf eine weitere zu begeben, um Hintergrundinformationen einzuholen, die die Plausibilität und Glaubwürdigkeit von Aussagen und deren Quellen unterfüttern. Im Wesentlichen beinhaltet das laterale Lesen zwei Strategien:
    • Corroboration (Stimmen Aussagen aus unterschiedlichen Quellen überein?): Dabei wird geprüft, ob Informationen aus mehreren Dokumenten und von mehreren Quellen ähnlich oder widersprüchlich geschildert werden. Dies dient dazu, die Strittigkeit beziehungsweise die Plausibilität anhand eines Abgleichs externer Informationsquellen zu prüfen.
    • Sourcing (Ist die Quelle einer Aussage vertrauenswürdig?): Hier stützen sich die Leserinnen und Leser vor allem bei geringem eigenen Vorwissen auf Metadaten, also auf Informationen über Informationen wie Quellenangaben zum Autor, zum Erscheinungskontext, aber auch zum Stil, um dadurch die Glaubwürdigkeit der Informationen zu prüfen.

    Literatur

    https://de.wikipedia.org/wiki/Moderne_Sage (18-11-21)
    https://www.tt.com/lebensart/freizeit/15547471/frau-hitt-die-sagenhafte-riesenkoenigin-zum-greifen-nah (19-04-16)
    https://www.jetzt.de/urbane-mythen/warum-urbane-legenden-immer-schwachsinn-sind (16-09-02)
    https://www.sueddeutsche.de/politik/psychologie-also-ehrlich-1.4780266 (20-01-31)
    https://www.fineprintart.com/history-of-the-apple-logo/ (20-01-31)


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