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Pheromon

    Als Pheromone werden Botenstoffe bezeichnet, die der Informationsübertragung zwischen artgleichen Individuen dienen, also Substanzen sind, die von einem Individuum nach außen abgegeben werden und bei einem anderen Individuum der gleichen Art spezifische Reaktionen auslösen. Heute versteht man im Wesentlichen darunter Duftstoffe, die als Erkennungs- und Sexuallockstoff dienen und bewusst oder unbewusst Verhaltensweisen anderer Individuen beeinflussen können und sollen. Pheromone haben ihrerseits dabei direkten Einfluss auf das Hormonsystem sowie die vegetativen Funktionen, so etwa Androstenon, ein Duftstoff aus den Achselschweißdrüsen des Mannes, der in der Lage ist, den Menstruationszyklus der Frau zu synchronisieren, denn dieser Geruch wird lediglich zur Zeit des Eisprungs der Frau als angenehm wahrgenommen, zu den übrigen Zeiten aber als unangenehm. Pheromone aus Sekretdrüsen der Vagina sowie Schweißdrüsen der weiblichen Achselhöhle führen bei Männern in Tiefschlafphasen zu einer Veränderung von Herzfrequenz und Atemfrequenz und sind in der Lage, die Trauminhalte zu modulieren.

    Hare et al. (2017) haben an heterosexuellen Frauen und Männern nun untersucht, welche Wirkung mit Pheromonen angereicherte Parfüms auf mögliche Sexualpartner haben, und zwar die Stoffe Estratetraenol und Androstadienon, zwei Komponenten teurer Parfüms, die damit werben, bei Frauen beziehungsweise Männern die Anziehungskraft auf das andere Geschlecht zu erhöhen. Zunächst wurden die Probanden und Probandinnen gebeten, aus männlichen und weiblichen Computerfotos zusammengesetzte geschlechtsneutrale Gesichter einem Geschlecht zuzuordnen und dann diese nach Attraktivität zu ordnen und anzugeben, ob sie der jeweiligen Person einen Seitensprung zutrauten. Dabei zeigte sich, dass die gleichzeitige Applikation der beiden Pheromone in beiden Versuchen keine Auswirkungen auf die Entscheidungen gehabt hatte, was allerdings auch daran liegen kann, dass die beiden verwendeten Pheromone möglicherweise gar keine Sexualpheromone sind.

    Lobmaier et al. (2018) haben die individuellen Unterschiede im Körpergeruch von Frauen überprüft, und zwar ob einige Frauen generell attraktiver riechen als andere oder ob Geruchspräferenzen eine Frage des individuellen Geschmacks sind. Dabei untersuchte man, ob der Spiegel der Fortpflanzungshormone die Attraktivität des Körpergeruchs von Frauen erklärt, um zu klären, ob die Attraktivität des Körpergeruchs als chemosensorischer Marker der reproduktiven Fitness fungieren könnte. Bei den Frauen wurde der Duft kontrolliert, um alle Faktoren zu minimieren, die den Duft verfälschen könnte, denn so durften die Frauen nicht mittels Pille“die Empfängnis verhüten, in der Zeit der Dufterhebung nicht mit jemandem das Bett teilen, sie mussten neutrale Duschmittel verwenden, durften an diesen Testtagen keinen Alkohol trinken und keine scharfen Speisen essen. Zur Zeit der höchsten Fruchtbarkeit klebten diese Frauen über Nacht Baumwolle-Pads in ihre Achselhöhlen, wobei zusätzlich über Speichelproben ihre Hormonspiegel bestimmt wurde, um zu klären, ob der Östradiol-, Progesteron-, Testosteron- und Cortisolspiegel im Speichel die Attraktivität des Körpergeruchs erklärt. Die Männer mussten anschließend für jeden Geruch 0 bis 100 Punkte vergeben. Die Ergebnisse zeigten, dass Frauen mit hohen Östrogen- und niedrigen Progesteronwerten olfaktorisch am anziehendsten für Männer waren, was aus evolutionsbiologischer Sicht sinnvoll ist, denn dieser Hormonspiegel mit hohem Östrogen und wenig Progesteron deutet auf eine aktuell hohe weibliche Fruchtbarkeit hin. Männer suchen also gemäß Evolutionstheorie nach Frauen, mit der sie sich möglichst erfolgreich fortpflanzen können. Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass die Attraktivität nicht durch den Cortisol- oder Testosteronspiegel erklärt werden kann. Indirekt lässt sich aus den Ergebnissen auch erschließen, dass hormonelle Verhütung den körpereigenen Geruch verfälschen und so die Attraktivität vermindern könnte.

    Berger et al. (2017) haben gezeigt, dass der Magnolien-ähnliche Duftstoff Hedion menschliches Kooperationsverhalten beeinflussen kann, wobei dieses Pheromon reziproke Verhaltensweisen verstärkte. Hedion war zuvor als ein Duft identifiziert worden, der an einen menschlichen Pheromonrezeptor andockt, wodurch eine Aktivierung jener Gehirnregion entsteht, die an der Hormonsteuerung beteiligt ist. In Versuchen reagierten Menschen unter dem Einfluss des Duftstoffs Hedion auf das Vertrauen anderer Personen mit erhöhter Vertrauensbereitschaft, denn verhielten sich die anderen Probanden nicht kooperativ, neigten sie stärker dazu, diese dafür zu bestrafen. Die Reaktionsänderungen wurden in Anwesenheit von Hedion im Vergleich zu Situationen gemessen, in denen kein Duft oder ein anderer Kontrollduft vorhanden war, wobei die Konzentration aller Duftstoffe so gering war, dass die Probanden und Probandinnen diese während des Tests nicht bewusst wahrnehmen konnten. Insgesamt reagierten die Versuchspersonen freundlicher auf Freundlichkeit und etwas unfreundlicher auf unfaires Verhalten. Reziproke Verhaltensweisen sind bekanntlich von zentraler Bedeutung für menschliche Interaktion, da sie Kooperation ermöglichen, und stehen daher im Zentrum vieler auch psychologischer Verhaltensmodelle. Auch der Duftstoff Cineol beeinflusst den Menschen, indem er ihn wach und belebt macht, weil er den  Nervus trigeminus aktiviert, während Geraniol beruhigt und entspannt, indem es an denselben Rezeptoren andockt wie manche Beruhigungsmittel.

    Literatur

    Berger, Sebastian, Hatt, Hanns & Ockenfels Axel (2017). Exposure to Hedione Increases Reciprocity in Humans. Frontiers in Behavioral Neuroscience, 11, doi:10.3389/fnbeh.2017.00079.
    Hare, Robin M., Schlatter, Sophie, Rhodes, Gillian & Simmons, Leigh W. (2017). Putative sex-specific human pheromones do not affect gender perception, attractiveness ratings or unfaithfulness judgements of opposite sex faces. doi:10.1098/rsos.160831.
    Lobmaier, Janek S., Fischbacher, Urs, Wirthmüller, Urs & Knoch, Daria (2018). The scent of attractiveness: levels of reproductive hormones explain individual differences in women’s body odour. Proceedings of the Royal Society B, doi:10.1098/rspb.2018.1520.


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