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Denkpsychologie

    Die Denkpsychologie bezeichnet eine Richtung der Psychologie, die von der Würzburger Schule ausgeht und der Allgemeinen Psychologie zugerechnet wird. Die Denkpsychologie befasst sich vorwiegend mit der wissenschaftlichen Erforschung des Denkens im Bereich Problemlösung, des logischen Schlussfolgerns und der Begriffsbildung bzw. auch mit Formen des induktiven Denkens.

    Die Würzburger Schule der Psychologie unternahm Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals den Versuch, Denkprozesse mit der psychologischen Methode der systematischen Selbstbeobachtung zu untersuchen. Der assoziationspsychologische Rahmen der bisherigen Psychologie wurde endgültig in der Würzburger Schule verlassen, daher gilt Würzburg als Geburtsort der Denkpsychologie mit seinem Begründer Oswald Külpe. Die Grundfrage bestand darin, zu erforschen, was Individuen erleben, wenn sie denken, urteilen und wollen. Man wollte die kleinsten Einheiten des Denkens und die Mechanismen ihrer Verknüpfung erforschen, wobei unbewusste Mechanismen des Denkens einbezogen wurden. Durch die Methode der Introspektion, die weiterhin einen hohen Stellenwert einnahm, wurde der Gedankenfluss beim Lösen einfacher und komplizierter Aufgaben untersucht. Während die Leipziger Schule davon ausging, daß alle seelischen Vorgänge anschauliche Elemente enthielten, die auch Verbindungen eingehen, wurden Denkprozesse als solche wenig untersucht, zumal man die Introspektion als wissenschaftliche Methode nur sehr eingeschränkt gelten ließ. Oswald Külpe betonte die Einheit des Seelenlebens und bezeichnete die eigene Erfahrung als die Grundquelle, also die systematische, experimentelle Selbstbeobachtung als Basis einer beschreibenden Psychologie. Külpe fordert eine richtiggehende Ausbildung der Versuchspersonen, wenn Assoziationen und Gedankenprozesse, die Probanden und Probandinnen auf bestimmte Reizwörter äußerten, untersucht werden sollten. Die Würzburger Psychologen entdekten, dass viele Gedanken unanschaulichen Charakter haben, verbal nicht oder kaum beschreibbar sind, dass das menschliche Denken zielgerichtet verläuft und auch durch unbewusste Kräfte gesteuert wird. Narziß Ach bezeichnete diese Kräfte als determinierende Tendenzen. Das Erlebnis des Problemlösens nennt er auch Aha-Erlebnis. Wundt kritisierte diese Art von Experimenten, da sie seiner Meinung nach nicht den methodischen Anforderungen entsprechen: Der Versuchsleiter hat keinen Einfluss auf den zu beobachtenden Sachverhalt, der Versuch kann nicht repliziert oder modifiziert werden. Einwände, die sicherlich nicht völlig unbegründet sind. Dennoch hatte die Würzburger Schule großen Einfluss auf die Gestaltpsychologie und hat die kognitive Psychologie erst möglich gemacht. Der Behaviorismus hatte diese Richtung dann recht schnell verdrängt. Erst heute, u.a. durch die Attributionsforschung, wurden ihre Methoden wiederentdeckt.

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