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Flipped Classroom

    Inhaltsverzeichnis

    Als Flipped Classroom, flip teaching oder inverted classroom bezeichnet man eine Unterrichtsmethode des integrierten Lernens, in der Hausaufgaben und Stoffvermittlung insofern vertauscht werden, als die Lerninhalte zu Hause von den SchülerInnen erarbeitet werden und die Anwendung der Inhalte in der Bildungseinrichtung selber geschieht. Der Flipped Classroom ist daher ein pädagogisches Modell, bei dem die traditionelle Reihenfolge von Wissensvermittlung und Übungsphasen umgekehrt wird. Während im klassischen Unterricht die Lehrkraft die Inhalte in der Schule präsentiert und die Schülerinnen und Schüler anschließend zu Hause Übungsaufgaben bearbeiten, erfolgt beim Flipped Classroom die Vermittlung der Inhalte vorab außerhalb des Klassenzimmers – meist in Form von digitalen Materialien wie Lehrvideos, Podcasts oder interaktiven Online-Modulen. Die Präsenzzeit in der Schule wird dann für vertiefende Diskussionen, Gruppenarbeiten, problemorientiertes Lernen oder praktische Anwendungen genutzt (Bergmann & Sams, 2012).

    Vor allem Unterrichtende aus naturwissenschaftlichen Fächern bedienen sich dieses Konzepts. Die ursprüngliche Idee ist, dass die LehrerInnen ihre Vorträge, die sie sonst als Frontalunterricht vor den SchülerInnen gehalten hätten, aufnehmen und als Filme oder Screencasts im Internet zur Verfügung stellen, wobei die SchülerInnen die Aufgabe haben, sich zu Hause diese Filme anzuschauen. In der Schule selber erhalten die SchülerInnen dann Aufgaben gestellt, die zu den Vorlesungen passen.

    Einen Vorteil dieser Methode ist, dass die SchülerInnen sich die Vorlesungen in Ruhe anhören und ansehen können, an jeder Stelle anhalten oder sich jede Stelle noch einmal anhören können und somit ihr individuelles Lerntempo wählen können. Während der Live-Arbeitsphasen können die LehrerInnen mehr Zeit in die SchülerInnen investieren, auch werden diese in den gemeinsamen Arbeitsphasen eher aktiviert.

    Flipped Classroom verändert nicht nur für die Lernenden die Lernperspektive, auch die Lehrenden verändern ihre Rolle, wobei an Universitäten und Hochschulen Lehrende mithilfe von Flipped Classroom ihre vielfältigen Aufgaben in Forschung, Lehre und Transfer auch zeitlich besser bewältigen können. Zudem ist der Ertrag aus einer fundierten Diskussion mit Studierenden höher und der Lehrende entwickelt sich weg vom reinen Wissensvermittler stärker hin zum Forscher und Coach, der in der Lage ist, sich in spezielle Themengebiete zu vertiefen. Für StudentInnen bietet diese Lehrmethode mehr Flexibilität und Eigenkontrolle, wie sie sich das Wissen aneignen, und der folgende Diskurs mit dem Lehrenden erhöht ihre Analyse- und Handlungskompetenz, indem das im Selbststudium erworbene Wissen kritisch hinterfragt zum Einsatz kommt.


    Im Überblick

    Grundprinzipien des Flipped Classroom

    • Vorbereitende Wissensaufnahme: Lernende erhalten digitale Lehrmaterialien (z. B. Videos, Texte oder interaktive Inhalte), die sie zu Hause oder in einem beliebigen Umfeld selbstständig durcharbeiten.
    • Aktive Präsenzphase: Die Unterrichtszeit wird für kooperative und interaktive Lernaktivitäten genutzt, bei denen Lehrkräfte als Moderator*innen oder Coaches agieren, um das Verständnis zu vertiefen und individuelle Unterstützung zu leisten.
    • Differenzierte Lernprozesse: Schülerinnen und Schüler können ihr Lerntempo individuell anpassen, was insbesondere in heterogenen Klassen von Vorteil ist.
    • Technologiegestützte Lernprozesse: Der Einsatz digitaler Medien und Plattformen ermöglicht eine flexible und adaptive Gestaltung des Unterrichts.

    Vorteile des Flipped Classroom

    • Individualisiertes Lernen: Da Schülerinnen und Schüler die Lerninhalte in ihrem eigenen Tempo durcharbeiten können, wird differenziertes Lernen ermöglicht.
    • Aktive Unterrichtszeit: Lehrkräfte haben mehr Zeit für gezielte Förderung und können auf individuelle Fragen besser eingehen.
    • Förderung von Selbstregulation: Schülerinnen und Schüler entwickeln eigenverantwortliches Lernen und Zeitmanagement-Fähigkeiten.
    • Vertiefendes Lernen: Durch den interaktiven Unterricht werden höhere kognitive Prozesse (nach Bloom’s Taxonomie) gefördert, wie Analyse, Synthese und Evaluation (Anderson & Krathwohl, 2001).

    Herausforderungen des Flipped Classroom

    • Digitale Infrastruktur: Nicht alle Schülerinnen und Schüler haben Zugang zu den erforderlichen Technologien oder einer stabilen Internetverbindung.
    • Motivation und Selbstdisziplin: Lernende müssen sich eigenständig mit dem Material auseinandersetzen, was hohe Selbstmotivation erfordert.
    • Erhöhter Vorbereitungsaufwand: Lehrkräfte müssen qualitativ hochwertige Lernmaterialien erstellen oder auswählen, was anfangs zeitintensiv sein kann.

    Ein Beispiel

    Flipped ClassroomPhilipp Stangl nützt diese Methode für seinen Mathematik-Unterricht, der über Art Youtube-Videos statt Frontalunterricht stattfindet, den er in der Neuen Mittelschule Radstadt entwickelt hat. Philipp Stangl produziert Youtube-Lernvideos, die sich die Schüler daheim anschauen können, wobei die Videos interaktiv sind, an gewissen Stellen stoppen, dann gilt es, bestimmte Lernaufgaben zu erfüllen, und erst dann läuft der Film weiter. Hat eine Schülerin oder ein Schüler etwas nicht verstanden, kann sie bzw. er sich die betreffende Stelle so oft anschauen wie sie bzw. er will. Zu jedem Video gibt es auch noch Begleitaufgaben, wobei zwei bis drei Aufgaben gelöst werden müssen, die den Inhalt des Videos wiederholen. In den rund fünfminütigen Videos fungiert Stangl selbst als Sprecher, d. h., die Schüler hören eine gewohnte Stimme, was die Konzentration erhöht. Auch das Männchen in den Youtube-Clips sieht dem Lehrer ähnlich. Philipp Stangl wurde übrigens mit dem „Starke Schulen Award“ ausgezeichnet.  Der Preis wird vom Schulbuchverlag Veritas ausgelobt und an besonders engagierte Lehrer und für innovative Schulen und Ideen vergeben. Man kann sich die Videos auf dem Youtube-Channel „mathematik.rocks“ ansehen und damit auch gleich seine vielleicht eingerosteten Mathematikkenntnisse auffrischen.

    Literatur

    Anderson, L. W. & Krathwohl, D. R. (2001). A taxonomy for learning, teaching, and assessing: A revision of Bloom’s taxonomy of educational objectives. Longman.
    Bergmann, J. & Sams, A. (2012). Flip your classroom: Reach every student in every class every day. International Society for Technology in Education.
    O’Flaherty, J. & Phillips, C. (2015). The use of flipped classrooms in higher education: A scoping review. The Internet and Higher Education, 25, 85–95.
    Stangl, W. (2016). Philipp Stangl – stangls stangls.
    WWW: https://stangl.stangl.eu/philipp-stangl


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