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epigenetische Marker

    Das menschliche Genom besitzt über 20 000 Gene, von denen der Großteil brachliegt, denn eine einzelne Körperzelle benötigt kaum die Hälfte ihres Genoms, um ihre Funktion zu erfüllen. Die Epigenetik beschäftigt sich dabei damit, welcher Mechanismus  das An- und Abschalten der Gene steuert und erklärt etwa, wie identische Erbinformationen unterschiedliche Zellen oder gar Lebewesen erzeugen. Aus einer mensch­lichen Stammzelle entstehen beanntlich mehr als zwei hundert ver­schiedene Arten von Gewebe, wobei es das Epigenom ist, das die Richtung der konkreten Entwicklung einer Zelle vorgibt.

    Somit hat jede Zelle eine Art Gedächtnis, das bestimmt, welche Gene bzw. Genabschnitte verwendet und welche abgeschaltet werden. Das Epigenom bezeichnet dabei die Gesamtheit der epigenetischen Schalter einer Zelle, bezeichnet also die Sprache, in der das Genom mit der Umwelt kommuniziert, wobei diese Erbe-Umwelt-Interaktion am Beginn des Lebens, also vor allem in der Kindheit, besonders gut funktioniert. Dabei reagieren epigenetische Marker auf starke negative Umwelteinflüsse wie etwa ein traumatisches Erlebnis und verändern dadurch dauerhaft die Aktivierbarkeit einzelner Abschnitte des menschlichen Erbguts. Diese Marker funktionieren demnach wie Schalter, die an oder bei den Genen sitzen und sie kontrollieren, wobei Zellen mit diesen Schaltern ihren biochemischen Zustand regelrecht einfrieren können, man spricht dabei auch von einer Prägung auf molekularbiologischer Ebene.

    Man weiß heute, dass sich Einflüsse starker ­Belastungen etwa während der Schwangerschaft und in den ersten Jahren nach der Geburt sich nachhaltig auf Körper und Geist auswirken. Das ist einer der Hauptgründe, warum Menschen auch als Erwachsene unterschiedlich stark auf Stress reagierten, denn die Stressempfindlichkeit wird zu etwa siebzig Prozent in den Monaten um die Geburt im epigenetischen Muster des Gehirns und Hormonsystems festgelegt. Wenn Kinder früh in ihrem Leben traumatisiert wurden und etwa den Risikotyp eines bestimmten Gens geerbt hatten, entwickeln sie als Erwachsene eher als andere eine Depression, eine posttraumatische Belastungsstörung, aggressives Verhalten oder eine bipolare Störung und haben ein erhöhtes Suizidrisiko. Besitzt ein Mensch diesen genetischen Risikotyp nicht, ist er zwar nicht gegen diese Leiden gefeit, aber der Faktor eines frühkindlichen Trauma scheint keinen oder nur einen geringen Einfluss zu haben.

    Siehe dazu auch epigenetische Markierung.


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