Diese Form der Aggression ist gegen die eigene Person gerichtet und wird daher auch als Selbst-Aggression bezeichnet. Während bei der „normalen“ Aggression, der Fremd-Aggression, die schädigende Verhaltensweise nach außen gerichtet wird, ist die Auto-Aggression gegen die eigene Person, also den Aggressor selber gerichtet.
Autoaggression ist im Sinne der Psychoanalyse ein Abwehrmechanismus. Einer der möglichen Ursachen für Autoaggression liegt darin, dass jemand eine nicht eingestandene und nicht akzeptierbare Aggression gegen andere in Aggression gegenüber der eigenen Person verwandelt. So vermutet man, dass der Masochismus, zeigt er sich sexuell oder in selbstquälerischem Engagement für die anderen, nicht bloß eine Möglichkeit ist, um verdrängte Schuldgefühle zu kompensieren, sondern auch um verdrängte Aggressionen auszuleben. So steckt wohl in jeder sexuell masochistischen Handlung verdrängter Sadismus. In der christlichen Mystik hat die Autoaggression – in der Form der Kasteiung und der Selbstgeißelung – eine aus tiefenpsychologischer Sicht eher zwiespältige Tradition. Ins gleiche Kapitel gehört die Geißler-Bewegung des ausgehenden Mittelalters, wo ganze Züge ‚frommer‘ Menschen das Land durchquerten, dabei offen ihre Sündhaftigkeit bekannten und sich selbst und ihre Bußgenossinnen und -genossen blutig peitschten. Dass damit ‚Schuld getilgt‘ werden sollte, war lediglich die offizielle Begründung für ein wohl schlicht Schuldgefühle abwehrendes, womöglich sogar masochistisches Verhalten. Da sich kasteienden Menschen oft genug gerade jene sind, die jeder sexuellen Praxis bewusst abschworen, kann man aus psychoanalytischer Sicht vermuten, dass die Selbstkasteiungen als Form der masochistischen Ersatzbefriedigung dienen und daher sexuellen Charakter besitzen.
Manche Verhaltensweisen, die gegen die Person selbst gerichtet sind, können als Formen der Autoaggression gedeutet werden und haben als soziale Handlungen oft Appellcharakter, d. h., dass sie sich indirekt an andere Personen gerichtet. Dazu zählen etwa Esssucht, Magersucht, Bulimie, Allergien, Neurodermitis, Stottern, Asthma, Nägelkauen, nervöse Tics, selbst herbeigeführte Verletzungen wie das Einritzen der Haut, Depressionen, Schuldgefühle, Schmerzen, insbesondere Kopf-, Rücken-, Magenschmerzen, Missbrauch von Sucht- und Rauschmitteln, z.B. Alkohol, Drogen, Zigaretten, Tabletten.
Quelle
Fellner, Richard L. (2004). Die Psychoanalyse Sigmund Freuds.
WWW: http://www.psychotherapiepraxis.at/artikel/psychoanalyse/psychoanalyse.phtml (11-03-21)