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Emergenz

    Emergenz beschreibt ganz allgemein das Entstehen neuer Merkmale in einem komplexen System (Ganzheit) durch das Zusammenspiel einfacher Elemente nach bestimmten Regeln, wobei diese Eigenschaften mehr sein können als die Summe der Eigenschaften der einfachen Elemente, d. h., durch das Zusammenspiel von Einfachem entsteht etwas Neues und Komplexeres. Unter Emergenz versteht man in der Psychologie demnach die spontane Herausbildung von neuen Eigenschaften oder Strukturen auf der Makroebene von Systemen infolge des Zusammenspiels seiner Elemente. Dabei lassen sich die emergenten Eigenschaften eines Systems nicht vollständig auf Eigenschaften der zusammenspielenden Elemente zurückführen, die diese für sich alleine aufweisen. Das triff in hohem Maße auch auf psychische Phänomene wie das Bewusstsein zu. Emergenz betont den Sachverhalt, dass das Gesamtverhalten komplexer Systeme nicht aus einer vollständigen Information über seine Elemente und ihre Wechselwirkungen abgeleitet werden kann.

    Biologie und Psychologie billigen bekanntlich allen höheren Lebewesen ein Bewusstsein zu, das zunächst nichts weiter ist als die Integration verschiedener sensorischer Nervenimpulse zu einer Ganzheit, von der aus das Verhalten zur Bewältigung von Aufgaben effektiver gesteuert werden kann. Diese Emergenz von Bewusstsein ist vermutlich ein Produkt der natürlichen Selektion in der Evolution, wobei experimentelle Untersuchungen zeigen, dass auch das Selbstbewusstsein des Menschen ist eine emergente Entwicklung darstellt, die sich aus einem immer komplexeren Bewusstsein ergibt. Ein für viele Laien überraschendes Faktum ist ja, das das menschliche Gehirn im Wesentlichen ein geschlossenes System darstellt. Zwar werden von außen laufend Informationen aufgenommen, die aber stets erst in die elektro-chemische Sprache der Neuronen übersetzt und durch systemeigene Mechanismen der Verknüpfung, Rückkoppelung und Verrechnung bearbeitet werden müssen. Den Menschen wird dabei nur ein winziger Bruchteil der Milliarden neuronaler Aktivitäten bewusst, wobei die Sinnesdaten, die die Grundlage der Erfahrungen bilden, mit den Dingen, wie sie in der Realität existieren, kaum etwas zu tun haben. Doch nur durch diese Abschottung und durch radikale Vereinfachung, Selektion und Aussparung der umgebenden Komplexität können Lebewesen erst überleben, ohne dabei die vermeintlichen Leistungen des Gehirns zu vermissen, die mit dem Besitz eines Bewusstseins, noch dazu eines ichhaften, verbunden sind. Letzteres ist zumindest nach Ansicht von Experten nicht unbedingt für das Leben und Überleben notwendig, auch wenn manche denken, dass sich das Bewusstsein vermutlich nicht allein auf sein materielles Substrat mit dem Gehirn als Basis reduzieren lässt. Meist wird dann mit dem Begriff der Emergenz angedeutet, dass die bewussten Phänomene, die aus der Funktionsweise ja an sich bewusstloser Neuronen hervorgehen, etwas grundlegend Neues darstellen.

     


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