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Desoxyribonukleinsäure

    Die Desoxyribonukleinsäure (DNS, englisch DNA) ist ein in allen Lebewesen und DNA-Viren vorkommendes Biomolekül und die Trägerin der Erbinformation. Sie enthält die Gene, welche die Information für die Herstellung der Ribonukleinsäuren  (RNA) enthalten. Im Normalzustand ist DNA in Form einer Doppelhelix organisiert, chemisch gesehen handelt es sich um Nukleinsäuren, lange Kettenmoleküle (Polymer), die aus vier verschiedenen Bausteinen, den Nukleotiden aufgebaut sind. Jedes Nukleotid besteht aus einem Phosphat-Rest, dem Zucker Desoxyribose und einer von vier organischen Basen Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin, oft abgekürzt mit A, T, G und C.

    Der Bauplan für Proteine entsteht durch einen komplexen Kopierprozess, denn zunächst werden die Basisinformationen der Desoxyribonukleinsäure dupliziert, aus der Kopie, der Ribonukleinsäure (RNA), werden anschließend einzelne Abschnitte (Introns) herausgeschnitten (RNA-Spleißen), so dass ein Bauplan für die Produktion eines bestimmten Proteins entsteht. Bisher nahm man an, dass neuronale Reize die komplette Neuproduktion von RNA-Molekülen in Gang setzten, doch Untersuchungen von Mauger et al. (2016) haben gezeigt, dass Nervenzellen im Gehirn einen Vorrat an DNA-Kopien anlegen, um schneller auf Reize reagieren zu können, sodass die benötigten Proteine schnell hergestellt werden können, vermutlich ein Grund dafür, warum sich Nervenzellen des Gehirns bei Lernprozessen so schnell anpassen können. Trifft ein neuronaler Reiz auf die gelagerten RNA-Moleküle, werden sie mobilisiert, um die Funktion der Nervenzellen anzupassen. Da das Kopieren der DNA, das insbesondere bei grossen Genen sehr langsam ist, bereits im Vorfeld durchgeführt wird, spart der neu entdeckte Mechanismus viel Zeit. Das Kopieren des Originals (Transkription) der DNA wird von den Nervenzellen also bereits im Vorfeld erledigt, sodass reife RNA-Moleküle innerhalb von Minuten fertiggestellt werden können. Für große Gene würde der Prozess vom Signal bis zur Fertigstellung eines Proteins zehn bis zwanzig Stunden in Anspruch nehmen.

    Gibt es ein Mastergen der Geschlechtsentwicklung?

    Übrigens wird die DNA heute wird nicht mehr als alleinige Trägerin von Informationen betrachtet, sondern ihre Informationen entstehen erst im Kontext von zellulären und Umwelt-Ereignissen. Man ist daher in der Biologie von dieser Ansicht abgerückt und immer weniger BiologInnen gehen heute davon aus, dass die DNA das Individuum vorbestimmt. Dennoch hält sich diese deterministische Auffassung in populären Vorstellungen und ist etwa auch in biologischen Auffassungen von Geschlecht weiter präsent. Aktuelle biologi-sche Konzepte beschreiben zwar die Entstehung und Bestimmung des Geschlechts als das Ergebnis eines Netzwerkes von miteinander interagierenden Genen beziehungsweise deren abgelesenen Produkten, doch zugleich besteht aber die Vorstellung weiterhin, diesem Netzwerk sei ein einzelnes Gen vorgeschaltet, also eine Art Mastergen, das die Entwicklung von „weiblich“ zu „männlich“ determiniert.  Generell setzt sich in der Biologie die Auffassung durch, dass Entwicklungsprozesse nicht einfach auf die Wirkung eines oder weniger Gene reduziert werden können, sondern es zeigt sich, dass verschiedene Gene beziehungsweise Genprodukte in komplexer Weise zusammenwirken und auf Einflussfaktoren der Zelle, des Organismus sowie der Umwelt reagieren.

    So muss etwa das Verständnis der Geschlechtsentwicklung vor diesem Hintergrund überdacht werden, denn Chromosomen, Gene und andere Faktoren determinieren nicht das biologische Geschlecht, vielmehr bilden sich die als geschlechtlich betrachtete Merkmale wie Genitalien entsprechend den individuell spezifisch wirkenden Faktoren in einem Prozess aus, dessen Ergebnis nicht vorbestimmt ist. Ein solcher Prozess ist zu jedem Zeitpunkt offen für verschiedenste Einflüsse der Zelle, des Organismus und der Umwelt, sodass sich Merkmale, also auch die Genitalien, individuell unterschiedlich ausprägen, wobei zahlreiche Kombinationen auch zwischen heute als „weiblich“ beziehungsweise „männlich“ betrachteten Merkmalen auftreten. Somit stellt die binäre Einteilung in „weiblich“ und „männlich“ lediglich eine gesellschaftliche Einordnung dar, die vielfach noch mit einer Auf- oder Abwertung verbunden ist.

    Literatur

    Mauger, O., Lemoine, F. & Scheiffele, P. (2016). Targeted Intron Retention and Excision for Rapid Gene Regulation in Response to Neuronal Activity, Neuron, 92, 1266-1278.
    Voß, Heinz-Jürgen (2009). Angeboren oder entwickelt? Zur Biologie der Geschlechtsentwicklung (S. 13-20). Gen-ethischer Informationsdienst 9.


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