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Adaptation

    Der Mensch muss sein Verhalten an sich ständig ändernde Bedingungen der Umwelt anpassen, um erfolgreich mit diesert zu interagieren, was ihm eine hohe Flexibilität abverlangt. Gleichzeitig muss aber auch eine gewisse Stabilität im Verhalten gegenüber kurzzeitigen, zufälligen Änderungen erhalten bleiben, denn nur so können notwendige Entscheidungen getroffen werden.

    Adaptation manchmal auch als Adaption zu finden – bzw. adaptives Verhalten ist eine Form der Anpassung oder Angleichung eines Individuums an seine Umwelt, wobei es zwei Erscheinungsformen gibt. Die Assimilation bezeichnet das Einordnen von Gegenständen in ein bestimmtes, vorhandenes Schema. Unter Akkomodation versteht man die Veränderung bestimmter Schemen. Jean Piaget verfolgte die individuelle kognitive Entwicklung von Kindern und entdeckte dabei subjektive Konstruktionen des Lernens, die er mit den beiden zentralen Begriffen Assimilation und Akko­modation zu erfassen versuchte. Unter Assimilation verstand er dabei die In­tegration von Umwelteinflüssen in ein aufzubauendes Schema und unter Akko­modation die Modifikation dieses Schemas. Wenn Kinder greifen lernen, assimilieren sie verschiedene Greiferfahrungen zu einem Schema, also etwa Bälle, Rasseln, Puppen, etc., die sich alle unterschiedlich greifen lasser. Die Erfahrung Wasser stellt nun für ein Kind einen Fall dar, wo das Greifschema an seine Grenzen stößt, es wird daher akkomo­diert: Das neue Schema „Schöpfen“ entsteht.

    Der Begriff Adaptation  [von latein. adaptare = anpassen; Verb adaptieren] ist eine allgemeine Bezeichnung für die in der Phylogenese entstandene, also genetisch vorgegebene bzw. prädisponierte Möglichkeit von Organismen, bei entsprechenden kurzfristigen, langfristigen bzw. wiederholten Wirkungen von Umweltreizen unter Einbeziehung der verschiedenen, hierarchisch geordneten Funktionsebenen funktionell zu optimieren, und ist daher Teil der Fähigkeit eines Organismus zur Aufrechterhaltung der Homöostase. Als Begriff der Evolutionstheorie bedeutet Adaptation, dass sich Organismen phylogenetisch so entwickeln, dass sie optimal ihrer Umwelt eingefügt bzw. angepasst sind. Adaptation auf der Verhaltensebene subsummiert im Prinzip die beschriebenen Mechanismen, indem der Organismus durch das Verhalten als das funktionale Bindeglied zwischen Organismus und Umwelt  die notwendigen aktuellen Anpassungen im Sinne individueller und inklusiver Fitneß realisiert. So führen etwa Anpassungen an bestimmte Lebenräume bei verschiedensten Tiergruppen zu analogen morphologischen Ausbildungen als Grundlage etwa für gleichartige Fortbewegungsformen wie Schwimmen, Fliegen oder an verschiedene Lebenswelten angepasste Laufformen. Individuelle Lernprozesse , die in ihrer Komplexität von der Gehirnentwicklung abhängig sind, erhöhen die Adaptationsbreite. Handelt es sich um einfache Verhaltensverstärkungen, spricht man von Sensitivierung, das Gegenteil wäre die Habituation bzw. Gewöhnung. Schließlich sind vor allem die höheren Lernformen, z.B. assoziatives und einsichtiges Lernen, die leistungsfähigsten Anpassungsmechanismen. Diese adaptiven Fähigkeiten von Lebewesen sind weitestgehend mit der funktionellen Plastizität des Gehirns verbunden.


    Odermatt & Stutzer (2019) haben untersucht, wie gut Menschen ihr zukünftiges Wohlbefinden vorhersagen können, nachdem sie mit wichtigen Lebensereignissen konfrontiert wurden., also etwa Witwenschaft, Arbeitslosigkeit, Behinderung, Heirat, Trennung oder Scheidung. Dabei zeigte sich, dass sich die Ereignisse auf die vorhergesagte Zufriedenheit langfristig schwächer auswirken als von den Befragten angenommen. Dabei schlugen sich zwar die Lebensereignisse zunächst deutlich im subjektiven Wohlbefinden der Betroffenen nieder, wobei positive Ereignisse mit einem starken Anstieg und negative Ereignisse mit einer starken Verringerung der Lebenszufriedenheit verbunden waren. Doch Menschen überschätzten systematisch, wie lange der Einfluss dieses Ereignisses anhält. So überschätzten frisch Verheiratete, wie zufrieden sie in fünf Jahren sein werden, wobei im Gegensatz dazu Menschen ihre zukünftige Lebenszufriedenheit nach negativen Ereignissen unterschätzten, wenn sie etwa kürzlich ihre Arbeitsstelle verloren hatten, invalid oder teilinvalid geworden waren oder deren Partnerin oder Partner gestorben war. Nur nach einer Trennung vom Partner schätzten die Befragten die Veränderung ihrer Lebenszufriedenheit fünf Jahre später ziemlich richtig ein. Als Ursache für die Fehleinschätzungen vermutet man einen Effekt der Gewöhnung, denn Menschen bedenken unmittelbar nach einem solchen Ereignis zu wenig, dass sie sich an positive und negative Umstände anpassen können.


    Von lateinisch adaptáre, zu deutsch anpassen. „ Im weiteren Sinne Anpassung von Aufmerksamkeit, und selbst von Denken, Fühlen und Wollen an einen Inhalt, ferner eines Sinnesorgans an einen einwirkenden Reiz“ (vgl. Dorsch, 1976, S.6).

    „Im engeren Sinne meint Adaptation die Anpassung der Empfindlichkeit an das Intensitätsniveau von Sinneseindrücken. Daraus resultiert eine logarithmische Empfindlichkeit der Sinne, ein Messprozess, bei dem Verhältnisse statt Differenzen angezeigt werden“ (Städler, 2003, S. 7).

    „Die Modifizierung von Bedürfnissen oder Verhaltensweisen von Personen, die miteinander interagieren, so dass eine bestimmte erwünschte Beziehung zwischen ihnen erstellt und aufrecht erhalten werden kann. Bei Piaget bezeichnet Adaptation einen psychischen Austauschprozess zwischen Organismus und Umwelt, bei dem sich Assimilation und Akkommodation die Waage halten. Das menschliche Denken kann sich nur dann ein Bild von seiner Umwelt machen, wenn es sie durch kognitive Strukturierung oder Umweltstrukturierung in schon bestehende (Denk-) Schemata einfügt (assimiliert); der Idealzustand der Adaptation kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn sich die bestehenden Schemata auch der assimilierten Umwelt anpassen (akkommodieren), da diese Umwelt nicht unbegrenzt manipulierbar und formbar ist. So nimmt ein Kind z. B. ein Stück Holz als Puppe und spielt damit: d. h., einerseits gleicht es das Stück Holz seinen schon bestehenden Verhaltens- und Denkschemata, die es im Umgang mit Puppen gelernt hat, an und behandelt das Stück Holz „wie eine Puppe“ (Assimilation); anderseits zwingen die besondere Struktur und Beschaffenheit des Holzes dem Kind bestimmte Verhaltensweisen auf und unterbinden andere: es kann das Stück Holz z. B. knautschen wie eine Stoffpuppe (Akkommodation)“ (Lexikon der Pädagogik, 1970, S. 7).

    Unter Adaptation versteht man die Anpassung oder Gewöhnung an neue Reizverhältnisse. Dies kann sich auf diverse Gebiete wie z. B. Geruchs-, Geschmacks-, Durck-und/oder Wärmeempfindungen beziehen. Beim Sehen bezieht man sich dabei auf Anpassung des Auges auf plötzliche Helligkeit oder Dunkelheit (vgl. Hehlmann, 1971, S.3).

    „Sie bedeutet die Anpassung speziell der Sinnesorgane an länger dauernde veränderte Verhältnisse. Allgemein erfahrbar ist die Adaptation des Auges an die bestehenden Lichtverhältnisse durch Regulierung der Lichtempfindlichkeit. Gelegentlich wird der Begriff Adaptation auch im Sinne der sozialen Anpassung verwendet“ (Köck/Ott, 1994, S. 11).

    Die Adaption beschreibt die Fähigkeit der Anpassung der Sinneszellen an unterschiedlich stark ausgeprägte Reizstärken, sowohl bei Menschen als auch bei Tieren. Ein Mensch ist demnach in der Lage, etwa über einen längeren Zeitraum sein Gehör so anzupassen, dass er einen dauerhaft vorhanden Lärmpegel ignorieren kann. Besonders bei Kindern ist diese Fähigkeit noch stark ausgeprägt, denn sie können sich auf etwas konzentrieren und alles um sich herum vergessen. Da gesunde Menschen in der Lage sind, Sinnesreize zu adaptieren, lässt sich diese Fähigkeit auch trainieren.


    Adaptation bezeichnet im sinnesphysiologischen Zusammenhang die Anpassung des Auges bzw. der Photorezeptoren an verschiedene Lichtstärken im Gesichtsfeld. Durch die Kontraktion verschiedener Muskeln kann die Pupille bei geringem Lichteinfall erweitert oder ei hoher Lichtintensität verengt und schnell an die relative Lichtmenge angepasst werden. Die Anpassung der Pupillenöffnung bezeichnet man als Pupillenlichtreflex oder Pupillen­reflex. Auch die Photo­rezeptoren der Netzhaut, die Zapfen und Stäbchen, können ihre Lichtempfindlichkeit verändern, aber dieser Prozess dauert deutlich länger als die Regulation der Pupillenöffnung. Die maximale Anpassung bei einem Übergang von einem sehr hellen Raum in einen sehr dunklen Raum bezeichnet man als Dunkeladapta­tion, wobei  die Adaptationszeit der Stäbchen (bis 30 Minuten) weit größer als die der Zapfen (etwa 6 Minuten) ist. Die maximale Anpassung an einen Übergang von einem dunklen Raum ins Tageslicht wird Helladaptation genannt und dauert etwa eine Minute.


    Literatur

    Dorsch, F. (1976). Psychologisches Wörterbuch. Bern, Stuttgart, Wien: Verlag Hans Huber.
    Hehlmann, W. (1971). Wörterbuch der Pädagogik. Stuttgart: Verlag Alfred Kröner.
    Köck, P. & Ott, H. (1994). Wörterbuch für Erziehung und Unterricht. Donauwörth: Verlag Ludwig Auer.
    Lexikon der Pädagogik (1976). Freiburg im Breisgau, Basel, Wien :Verlag Herder.
    Odermatt, R. & Stutzer, A. (2019). (Mis-)Predicted Subjective Well-Being Following Life Events. Journal of the European Economic Association, 17, 245-283.
    https://www.unibas.ch/de/Aktuell/News/Uni-Research/Gluecksforschung-Folgen-von-Lebensereignissen-werden-ueberschaetzt.html (19-03-02)
    Städtler, T. (2003). Lexikon der Psychologie. Stuttgart: Verlag Alfred Kröner.
    http://www.wissenschaft-online.de/abo/lexikon/neuro/121 (12-03-21)


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