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Psychophysik

    Die Psychophysik ist ein Teilgebiet der experimentellen Psychologie, das sich der Untersuchung der Beziehungen zwischen den physikalischen Merkmalen von Reizen, z. B. Reizintensität, und dem psychischen Erleben dieser Reize widmet. Die Psychophysik befasst sich also mit der Art und Weise, in der lebende Organismen auf die energetische Gestaltung ihrer Umwelt reagieren. Es werden dabei also die Zusammenhänge zwischen auf den Körper einwirkenden Reizen und den durch sie ausgelösten Erlebnissen untersucht. Grundsätzlich kann die Psychophysik in die äußere (Beziehung Außenreiz und dadurch ausgelöste Empfindung) und die innere Psychophysik (Beziehung Empfindungen und ausgelösten Körperreaktionen) unterteilt werden.


    Historisches: Die Psychophysik wurde von Gustav Theodor Fechner begründet und beschäftigt sich mit der Erforschung der Beziehungen zwischen physikalischen Reizen und psychischen Empfindungen, d. h.,  sie untersucht die Wechselwirkung zwischen objektiv messbaren physischen Prozessen und subjektivem mentalem Erleben. Fechner entwickelte die Psychophysik im perspektivistischem Sinne, denn für ihn waren Körper und Geist zwei Aspekte einer Einheit. Die Wissenschaftler untersuchen somit das Verhältnis zwischen Körper und Seele von verschiedenen Standpunkten aus: „Die Naturwissenschaft stellt sich konsequent auf den äußeren Standpunkt der Betrachtung der Dinge, die Wissenschaft vom Geiste auf den inneren; die Ansichten des Lebens fußen auf dem Wechsel der Standpunkte, die Naturphilosophie auf der Identität dessen, was doppelt auf doppeltem Standpunkte erscheint; eine Lehre von den Beziehungen zwischen Geist und Körper wird die Beziehungen beider Erscheinungsweisen des Einen zu verfolgen haben“ (Fechner 1860, S. 6). In diesem Sinne sprach Fechner über Identitätsansicht, und hoffte, dass seine Auffassung unter anderem erklären könnte, warum die Physiologen in der Regel Materialisten sind und die Psychologen eher Idealisten. Metaphysisch gesehen sind Körper und Seele nur zwei Teile einer Einheit, und da man den Körper exakt untersuchen kann, glaubte Fechner, dass es möglich sei müsste, Exaktheit auch in derPsychologie zu erreichen. Er versuchte damit die Psychologie zu einer exakten Lehre von den Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Körper und Seele zu machen. Weber folgend führte Fechner damit das berühmte Maßprinzip der Einschätzung der Empfindungen ein, denn die Verbindung zwischen Reiz und Empfindung ist eben nicht kausal sondern funktional.


    Die Anfänge der Psychophysik gehen also auf das Bemühungen zurück, Wahrnehmungsunterschiede zu messen, denn es ist aus Erfahrung bekannt, dass die Wahrnehmbarkeit von Reizunterschieden von der Größe des Ausgangsreizes abhängt. Wenn es etwa darauf ankommt, zwei Gewichte eben merklich zu unterscheiden, müssen zwei etwa ein Kilogramm schwere Gewichte einen größeren Gewichtsunter­schied aufweisen als zwei etwa zehn Gramm schwere Gewichte. Empirische Untersuchungen zei­gen, dass der eben merkliche Unterschied zwischen zwei Reizen in einem annähernd konstanten Verhältnis zur Größe des Bezugsreizes steht.

    Als weiterer Gründervater der Psychophysik gilt Ernst Heinrich Weber, der im Rahmen seiner Studien Probanden um Einschätzungen bat, welches von zwei leicht unterschiedlichen Gewichten schwerer ist. Dabei entdeckte er, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Proband die richtige Entscheidung trifft, nur von der Proportion der Gewichte abhängt. Wenn ein Proband etwa mit 75prozentiger Wahrscheinlichkeit richtig liegt, wenn er ein Gewicht von einem Kilogramm und eines von 1,1 kg unterscheiden soll, wird er auch beim Vergleich von zwei Gewichten mit zwei und 2,2 Kilogramm richtig entscheiden. Diese Regel gilt stets bei Paaren von Gewichten, bei denen eines zehn Prozent schwerer ist als das andere. Diese präzise Regel eröffnete der Psychologie die Quantifizierung des menschlichen Einschätzungsverhaltens anhand mathematischer Gesetze. Webers Beobachtung wurde seitdem bei allen sensorischen Fähigkeiten und bei vielen Tierarten bestätigt, was eben zur Bezeichnung Webersches Gesetz durch Fechner geführt hat. Es ist das älteste Gesetz in der Psychophysik.

    Im übrigen ist heute die Adaptationsniveautheorie besser geeignet, Wahrnehmungsurteile zu erklären, als die klassischen psychophysischen Geset­ze.


    1. Definition:
    „Lehre von der Beziehung zwischen Seele und Körper, insbesondere die Wissenschaft von den Beziehungen zwischen physischen Reizen und den ihnen entsprechenden Erlebnissen“ (Höcker & Stopf 1998, S. 694).

    2. Definition:
    „Die Wissenschaft relativ einfacher Reize, die meist im Labor isoliert und lösgelöst aus der alltäglichen Umwelt dargeboten werden, sind der Gegenstandsbereich der Psychophysik, deren Ziel es ist, zu allgemein gültigen Aussagen über die gesetzmäßigen Beziehungen zwischen objektiven Reizmerkmalen und den subjektiven Eindrücken davon zu gelangen“ (Asanger & Wenninger 1988, S. 835).

    3. Definition:
    Psychophysik ist die experimentelle Untersuchung der Beziehung zwischen äußeren „Reizen“ (Umwelt) und subjektiven „Reaktionen“ (Aktivität des Individuums). Von der menschlichen Umwelt wird abstrahiert, sie wird zu quasi natürlichen Reizen, die die Individuen zu „Reaktionen“ provoziert (vgl. Grubitzsch & Rexilius 1994,   S. 863f).

    4. Definition:
    „Teilgebiet der Psychophysiologie ist die Psychophysik, die sich vor allem mit den messbaren Beziehungen zwischen einfachen physikalischen Sinnesreizen und den subjektiven Empfindungen befasst“ (Tewes & Wildgrube 1992, S. 270).

    5. Definition:
    „1860 von G. T. Fechner begründetes Teilgebiet der Sinnespsychologie und -physiologie, das die Beziehungen zwischen physikalischen Reizen und Sinnesempfindungen untersucht“ (Duden Band 14, 2006, S. 351).

    6. Definition
    Die Psychophysik ist ein Gebiet der Psychologie, dessen Gegenstand die Beziehungen zwischen der Intensität physischer Reize (Ton, Druck etc.) und der Intensität der Empfindung sind. Zu den Ergebnissen der Psychophysik gehören das Webersche und das Fechnersche Gesetz, die auf Bemühungen, Schwellenwerte in der Unterscheidung von Reizintensitäten zu bestimmen, zurückgehen. Die Psychophysik ist somit auch ein Teilgebiet der experimentellen Wahr­nehmungspsychologie (Wahrnehmung) und weist auf die Grundaufga­be dieses Forschungsgebietes hin: Psycho­physik setzt sich aus „Physik“ und „Psycho­logie“ zusammen und untersucht i. e. S. funktionelle Beziehungen zwischen Physi­schem und Psychischem, also etwa zwischen der physikalischen Intensität eines Tones und seiner empfundenen Lautstärke. Im wei­teren Sinne werden in der Psychophysik auch komplexere Vorgänge der Wahrneh­mung untersucht, wie Urteile, Produktprä­ferenzen, Einstellungen u. a. m.


    Literatur

    Asanger, P. & Wenninger, G. (1988). Handwörterbuch Psychologie. München: Psychologie Verlags-Union.
    Duden (2006). Das Lexikon für Österreich. Mit ausgewählten Beiträgen aus den ORF-Redaktionen. Mannheim: Dudenverlag.
    Fechner, G. T. (1860). Elemente der Psychophysik. Leipzig: Breitkopf und Härtel.
    Grubitsch, S. & Rexilius, G. (1994). Psychologische Grundbegriffe. Mensch und Gesellschaft in der Psychologie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag.
    Höcker, H. & Stopf, K. H. (1998). Dorsch Psychologisches Wörterbuch. Bern: Verlag Hans Huber.
    Stangl, W. (2008). Psychophysik.
    WWW: http://psychologie-news.stangl.eu/105/psychophysik (08-09-05)
    Tewes, U. & Wildgrube, K. (1992). Psychologie Lexikon. München/Wien: Oldenbourg Verlag.
    Wiedemann, U. (2007). Die Psychophysik. Online im Internet: WWW: http://www.phillex.de/psychphy.htm (2007-10-25)


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