Zum Inhalt springen

Intrusion

    Als Intrusion wird das Wiedererinnern und Wiedererleben von psychotraumatischen Ereignissen in der Psychotraumatologie verstanden, wobei Intrusionen Bilder, Flashbacks (bildhafte Nachhallerinnerungen) und Albträume umfassen. Intrusionen gelten als ein Symptom der posttraumatischen Belastungsstörung und der Depression. Intrusionen werden zumeist durch einen Schlüsselreiz ausgelöst (Trigger). Intrusionen sind für die Betroffenen äußerst quälende Zustände, in denen meist angsterregende Anteile des Traumas wiedererlebt werden, so als geschähe es aktuell. Vor allem unverarbeitete Traumainhalte dringen in das Bewusstsein und lassen die Betroffenen das Grauen von damals immer wieder erleben.

    Studien hatten schon gezeigt, dass Betroffene in diesem Bereich eine verzerrte Informationsverarbeitung haben, denn so richten diese ihre Aufmerksamkeit schneller auf bedrohliche als auf neutrale Reize beziehungsweise haben größere Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit von traumarelevanten Reizen zu lösen. Entscheidend dafür, wie die Betroffenen mit traumatischen Erfahrungen zurechtkommen, scheint unter anderem zu sein, wie sie das Ereignis, aber auch ihre Reaktion und Symptome, bewerten. Intrusionen sind sehr belastend und lösen häufig intensive Angst aus, sind allerdings Teil einer normalen Reaktion auf ein sehr belastendes Ereignis. Deuten Betroffene Intrusionen als ein Zeichen dafür, dass sie das Ereignis nicht bewältigen können, versuchen sie häufig, das Auftreten von Intrusionen zu verhindern und Gedanken daran zu unterdrücken. Langfristig hat dies jedoch einen paradoxen Effekt und führt dazu, dass die Intrusionen eher zunehmen. Um solche negativen Bewertungsmuster zu reduzieren und hilfreichere Bewertungen aufzubauen, testen Forschende aktuell verschiedene Computertrainings, etwa die Cognitive Bias Modification, bei dem Betroffene Sätze mit Bezug auf das Trauma vervollständigen müssen und man ihnen eine positive Deutung nahezulegt. In einem Training lernen Betroffene somit, ihre Aufmerksamkeit umzulenken, also weg von den bedrohlichen und hin zu den neutralen Reizen. Verfahren, die sich auf die Modifikation von dysfunktionalen, traumarelevanten kognitiven Prozessen richten, besitzen daher durchaus ein Potenzial für den Einsatz bei der Behandlung, etwa um das Erlernte in der Therapie zu festigen. Es zeigt sich insgesamt, dass computergestützte, kognitive Trainings vielversprechende Möglichkeiten der Behandlung bieten können (Woud et al., 2022).

    Solche intrusive Gedanken bringen damit Erlebnisse aus der Vergangenheit wieder an die Oberfläche und zwingen zur erneuten Beschäftigung damit  – alltagssprachlich oft abschwächend auch als Grübeln bezeichnet. Bei manchen Menschen können diese unerwünschten Gedanken nicht mehr abgestellt werden, wobei auch gesunde Menschen von intrusiven Gedanken betroffen sind, sodass ihre Gedanken lange um ein bestimmtes Thema kreisen. Das wiederholte Durchleben traumatischer Ereignisse mit den damit verbundenen Empfindungen ist nicht nur außerordentlich kräftezehrend, sondern Intrusionen können auch retraumatisieren und das erlittene Leid noch unverhältnismäßig vergrößern.

    In einer Untersuchung von Kühn et al. (2012) wurden jüngere (20 bis 32 Jahre) und ältere Probanden (65 bis 80 Jahre) in 100 Sitzungen über einen Zeitraum von sechs Monaten zum Ausmaß ihres Grübelns an befragt, wobei die Tendenz zum Grübeln danach gemittelt und mit der Gehirnaktivierung der jeweiligen Probanden während einer kognitiven Aufgabe vor und nach den sechs Monaten in Beziehung gesetzt wurde. Es zeigte sich, dass Probanden mit einer ausgeprägten Tendenz zum Grübeln eine stärkere Aktivität in für die Sprachproduktion wichtigen Zentren (linker inferiorer frontaler Gyrus und cingulärer Cortex) während der Pausen zwischen den kognitiven Aufgaben aufweisen. Intrusive Gedanken finden offenbar in einem sprachähnlichen Format ähnlich der inneren Rede ihren Ausdruck.

    Siehe dazu Grübeln einmal anders.

    Literatur
    Kühn, Simone, Schmiedek, Florian, Brose, Annette, Schott,Björn H., Lindenberger, Ulman & Lövden, Martin (2012). The neural representation of intrusive thoughts Soc Cogn Affect Neurosci first published online May 3, 2012 doi:10.1093/scan/nss047.
    Woud, M.L., Wittekind, C.E. & Würtz, F. (2022). Cognitive Bias Modification bei Symptomen der Posttraumatischen Belastungsstörung. Verhaltenstherapie, doi:10.1159/000524709.
    https://news.rub.de/wissenschaft/2022-03-21-psychologie-wenn-die-bilder-immer-wieder-kommen (22-03-21)
    http://idw-online.de/pages/de/news478198 (12-05-21)
    http://de.wikipedia.org/wiki/Intrusion_%28Psychologie%29 (11-11-21)


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert