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Familienaufstellung

    Bei der Familienaufstellung handelt es sich um ein therapeutisches Verfahren, das vorhandene unbewusste Familienmuster oder Familienstrukturen darstellen soll, indem entweder Gegenstände oder Personen entsprechend im Raum aufgestellt die Rollen einzelner Familienmitglieder übernehmen, und durch Neuaufstellungen andere Handlungsmöglichkeiten eröffnet werden sollen.

    Psychische Probleme entstehen häufig in Beziehungssystemen mit ihren komplexen Kommunikations- und Interaktionsdynamiken. Frühkindliche Beziehungsmuster können sich in späteren Beziehungen fortsetzen und eventuell selbst wieder Traumatisierungen auslösen, sodass ein fataler Kreislauf von der Traumatisierung zur Bindungsstörung zur erneuten Traumatisierung entsteht. Psychotherapeuten versuchen daher mit Familienaufstellungen mehrgenerationale Bindungsverstrickungen symbolisch einer Lösung zuzuführen. In der Aufstellungsarbeit wird daher das Leben von Menschen als ein Netz oder System begriffen, in dem sich Menschen ständig neu miteinander verbinden, doch bleiben die alten Fäden wirksam und manchmal sind diese schmerzhaft, stören, bringen Menschen aus dem Gleichgewicht. Die Aufstellungsarbeit versucht dann eine Art Momentaufnahme, friert ein Bild ein und sucht nach den Ursachen der Beziehungskonflikte.

    „Theorie und Methodik der Familienaufstellung gehen zurück auf die Mehrgenerationen-Perspektive der Familientherapie, auf die Methoden der Familienrekonstruktionsarbeit und vor allem das Stellen von Familienskulpturen, die wichtiger Bestandteil der Systemischen Therapie sind. Innerhalb Systemischer Therapie und Beratung wird das Individuum u. a. als familiengeprägtes Wesen verstanden, dessen Entwicklungs- und Handlungsmöglichkeiten durch die Geschichte der vorhergehenden Generationen, durch überkommene Regeln, Muster und Loyalitäten stark mitbestimmt werden. Techniken wie die Genogrammarbeit oder das Stellen von Familienskulpturen sollen dem Einzelnen neue Bewertungsmöglichkeiten der Familiengeschichte und damit zusätzliche eigene Verhaltensmöglichkeiten eröffnen. Dazu bedarf es eines Therapeuten, der weiß, dass er nicht die „wahre“ Sicht kennen kann, der den KlientInnen und ihrer Sichtweise mit empathischer Sensibilität und Respekt begegnet, ihre Autonomie achtet sowie Vielfalt und eine Erweiterung von Handlungsoptionen auf Seiten der KlientInnen fördert“ (Ohne Autor, 2003).

    Systemisch orientierte Kurzaufstellungen (Nass & Nass, 2016) erlauben in der verhaltenstherapeutischen Gruppentherapie oft eine effektive Bearbeitung von Konflikten, depressiven Verstimmungen und Ängsten und können helfen, vor allem Selbstwertprobleme rascher zu überwinden und Zugang zu ungenutzten psychischen Ressourcen zu ermöglichen. Dabei wird durch die Einbeziehung von Gruppenteilnehmerinnen und Teilnehmern in die Suche nach Zusammenhängen und Ursachen von individuellen Problemlagen ein starkes Gefühl des Beteiligt-Seins und des Gebraucht-Seins entwickelt. Durch die gegenseitig erlebte Unterstützung entsteht nicht nur ein hohes Zusammengehörigkeitsgefühl, sondern auch die bei den Gruppensitzungen wiederholt erlebten Emotionen lösen auch bei den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern vergleichbare Prozesse aus. Besonders sozial unsichere Menschen können ihre dysfunktionalen Überzeugungen und negativen Konsequenz-Antizipationen in positive Erwartungen umformen und bekommen dadurch Zugang zum spielerischen Erproben neuer Handlungsstrategien, aber auch Gefühlen der Freude, des Stolzes und der Neugier.

    Der auf Grund verschiedener öffentlicher Skandale bekannteste Aufsteller ist Bert Hellinger, der das ursprüngliche Verfahren  massiv abgewandelt hat, indem er während des Stellesn in den Prozess eingreift und die Positionen der stellvertretenden Familienmitglieder zueinander verändert. Angeblich will er damit unbewusste Verstrickungen innerhalb der Familie auflösen und gibt daher die Lösung für die Familie selbst vor. Viele Familienaufsteller, darunter auch Hellinger selbst, haben keinerlei qualifizierte psychotherapeutische Ausbildung, und eine eine therapeutische Nachbetreuung fehlt meist ebenfalls, wodurch es in vielen Fällen zu spektakulären Fehlentwicklungen kam und Hellingers Kurzzeitbehandlungen als gemeingefährlich eingestuft werden. In den letzten Jahren hat sich eine vielseitige Aufstellungsszene im Bereich der Psychotherapie entwickelt, wobei auch die Wirksamkeit von solchen Maßnahmen wissenschaftlich belegt worden ist, auch wenn die Erklärungen der Wirkprozesse mehrheitlich fehlen.

    Siehe dazu im Detail Die Systemischen Familientherapie.

    Literatur
    Nass, E. & Nass, E. (2016). Es gibt nichts Entspannenderes als die Lösung einer Blockierung. Systemische Kurzaufstellungen in der verhaltenstherapeutischen Gruppentherapie. Entspannungsverfahren, 33.
    Ohne Autor (2003). Stellungnahme der DGSF zum Thema Familienaufstellungen.
    WWW. http://www.dgsf.org/themen/berufspolitik/hellinger.htm (10-02-21)
    http://www.zeit.de/2003/35/Hellinger-Haupttext (06-11-21)


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