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Imagery Rehearsal Therapy

    Zwar erleichtert das Reden über das in Albträumen Geträumte kurzfristig, Albträume kommen aber dadurch nicht weniger oft vor, denn wie bei allen Angststörungen hilft das Sprechen über die Angst auf Dauer nicht nachhaltig, sondern verstärkt eher deren Wirkung. Kern der Therapie ist, dass die Betroffenen lernen, im Bewusstsein die Albträume so zu verändern, dass an die Stelle der negativen eine positive Färbung tritt. Bei der Imagery Rehearsal Therapy werden in einem Prozess zwischen Klient und Therapeut zunächst  die Stellen des Traums identifiziert, die Angst oder ein anderes belastendes Gefühl ezeugen, woraufhin diese Passagen dann durch neue und nicht belastende Inhalte ersetzt werden sollen. Zusätzlich werden jene Abschnitte identifiziert, die erhalten bleiben sollen, weil sie die Rahmenhandlung des Traums bilden und selbst nicht bedrohlich oder belastend sind. Grundsätzlich geht es also darum, möglichst den Alptraum so zu modifizieren, dass er der ursprünglichen Version maximal ähnlich ist und nur von belastenden Details bereinigt ist. Dadurch kann der neue Traum den ursprünglichen Alptraum in einer Art Angstgedächtnis überschreiben, wobei diese Überschreibung umso besser gelingt, je größer die assoziative Nähe zwischen ursprünglichem und neuem Traum ist. Das Finden neuer Traumanteile ist dabei der kreative Teil der Therapie und muss als stufenweiser Prozess betrachtet werden.

    Bei der „Imagery Rehearsal Therapy“ lernen Menschen mit Albträumen daher, diese bewusst zu verändern, wobei die Therapie mit dem Schreiben eines mehrwöchigen Traumtagebuches beginnt, bei dem sofort nach dem Aufwachen alle Details der Träume niedergeschrieben werden sollen. Danach lernen die Betroffenen, den Inhalt ihre Albträume zu verändern, indem in der Therapie neue Traum-Skripte geschrieben werden. Im zweiten Teil der Therapie wird der neue, positive Traum täglich eingeübt, wobei bei den meisten  der Albtraum schon verblasst oder durch eine Mischung des alten und des neuen Traumes ersetzt wird, also die alte, belastende Traumgeschichte mit der neuen angereichert wird. Die häufig bei Albträumen angewendete und bisher auch bewährte Methode der Konfrontationstherapie, bei der die Menschen so lange mit der beängstigenden Situation konfrontiert werden, bis die belastenden Spannungen abgefallen sind, ohne aber die Albtrauminhalte inhaltlich zu verändern, bedeutet  meist eine starke Belastung für die Betroffenen, die durch die „Imagery Rehearsal Therapy“ vermieden werden kann.

    Schwartz et al. (2022) konnten durch eine gezielte Gedächtnisreaktivierung mit Tönen den Effekt einer Imagery Rehearsal Therapie verstärken. Sechsunddreißig Patienten mit dieser Störung mussten eine erste Imagery Rehearsal Therapy-Sitzung durchführen, bei der sie einen positiven Ausgang ihres Alptraums erzeugten. Die Hälfte der Probanden wurden einem Ton ausgesetzt, während bei der anderen Hälfte keine derartige Kopplung stattfand. In den folgenden zwei Wochen führten alle Probanden jeden Abend zu Hause eine Imagery Rehearsal Therapy-Sitzung durch und wurden während des REM-Schlafs mit einem kabellosen Stirnband, das automatisch die Schlafstadien erkannte, diesem Ton ausgesetzt. Die Häufigkeit der Albträume pro Woche nach zwei Wochen wurde als primäre Ergebnisgröße verwendet, wobei sich zeigte, dass die Versuchsgruppe nach zwei Wochen weniger häufige Albträume und mehr positive Traumgefühle hatte als die Kontrollgruppe, und dass die Albträume nach drei Monaten nachhaltig abnahmen. Dadurch konnte ein Nachweis der Wirksamkeit der gezielte Gedächtnisreaktivierung während des Schlafs zur Potenzierung der Therapie erbracht werden.

    Literatur

    Krakow, Barry,   Kellner, Robert, Pathak, Dorothy & Lambert, Lori (1995). Imagery rehearsal treatment for chronic nightmares. Behaviour Research and Therapy, 33, 837-843.
    Moore, Bret A. & Krakow, Barry (2007). Imagery rehearsal therapy for acute posttraumatic nightmares among combat soldiers in Iraq. The American Journal of Psychiatry, 164, 683-684.
    Pietrowsky, R. (2015). Alpträume und ihre Behandlung mit Hilfe der Imagery Rehearsal-Therapie. Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin, 36, 152-162.
    Schwartz, Sophie, Clerget, Alice & Perogamvros, Lampros (). Enhancing imagery rehearsal therapy for nightmares with targeted memory reactivation. Current Biology, doi:10.1016/j.cub.2022.09.032.
    Stangl, W. (2022, 30. Oktober). Eine gezielte Gedächtnisreaktivierung durch Töne kann den Effekt einer Imagery Rehearsal Therapie verstärken – Psychologie-News.

    Eine gezielte Gedächtnisreaktivierung durch Töne kann den Effekt einer Imagery Rehearsal Therapie verstärken


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