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Gouvernementalität

    Gouvernementalität ist ein Begriff in den Sozial- und Geschichtswissenschaften und geht auf den französischen Gesellschaftstheoretiker Michel Foucault zurück, wobei Gouvernementalität ein ganzes Bündel von Erscheinungsformen neuzeitlicher Herrschaft bzw. Regierung umfasst, die das Verhalten von Individuen und Kollektiven steuern. Im deutschen Sprachraum wurde der Begriff zunächst fälschlicherweise als Regierungsmentalität zu übersetzen versucht, jedoch meinte Foucault diesen Begriffe eher als Gegensatz zum Begriff der Souveränität des Menschen, die eben durch Regierungen bzw. Formen der Herrschaft eingeschränkt wird.

    Unter dem Begriff der Gouvernementalität versteht Foucault in eigenen Worten die Gesamtheit von Agenten, gebildet aus den Institutionen, den Verfahren, Analysen und Reflexionen, den Berechnungen und den Taktiken, die es gestatten, diese recht spezifische und doch komplexe Form der Macht auszuüben, die als Hauptzielscheibe die Bevölkerung, als Hauptwissensform die politische Ökonomie und als wesentliches technisches Instrument die Sicherheitsdispositive hat. Gouvernementalität meint des Weiteren die Machtform, die im gesamten Abendland unablässig und seit sehr langer Zeit zur Vorrangstellung dieses Machttypus, den man als ,Regierung’ bezeichnen kann, geführt und die Entwicklung einer ganzen Reihe spezifischer Regierungsapparate einerseits und einer ganzen Reihe von Wissensformen andererseits zur Folge gehabt hat. Gouvernementalität bezieht sich auf Regierungsformen im modernen Staat und die ihnen zu Grunde liegende Rationalität, mittels derer Menschen gelenkt, kontrolliert, angeleitet und politische Entscheidungen und Vorstellungen zu gesellschaftlichen Ordnungsprinzipien verwirklicht werden (Foucault 2000).

    In Überwachen und Strafen untersuchte Michel Foucault noch, wie ein bestimmter Machttyp über die Erziehung und Persönlichkeitsbildung, organisiert in einschließenden Institutionen, auf den Einzelnen wirkt. In späteren Interviews gibt Foucault jedoch an, bereits mit dieser Arbeit den Versuch unternommen zu haben, nicht nur die Geburt einer bestimmten Ideologie der Disziplinarsysteme aufzuzeigen, sondern wie damit auch die Entstehung einer Regierungsform liberalen Typs einhergeht. Damit verließ er die disziplinierende, regelnde und normierende Gesellschaft und begab sich eben auf die Spur der Gouvernementalität. Auch wenn Foucaults Bestimmung von Gouvernementalität insgesamt eher fragmentarisch geblieben ist, entwickelte sich zunächst im angloamerikanischen Raum und seit der Jahrtausendwende auch zunehmend in Europa die interdisziplinäre Richtung der governmentality studies, die Foucaults Konzeption weiter ausbauen, revidieren und empirisch anwenden.

    Literatur

    Foucault, Michel (2000). Die Gouvernementalität (S. 41-67). In Bröckling, Ulrich, Krasmann, Susanne & Lemke, Thomas (Hrsg.), Gouvernementalität der Gegenwart. Studien zur Ökonomisierung des Sozialen. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Gouvernementalit%C3%A4t (18-11-12)


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