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Versprechen

    Bevor du etwas versprichst, denke nach, wie du es halten wirst.
    Publilius Syrus

    Als Versprechen bezeichnet man in der Psychologie einen unvollständigen Vertrag, der zwischen zwei Personen existiert, die ein für beide zufriedenstellendes Ergebnis erbringen wollen. Ein unvollständiger Vertrag – auch relationaler Vertrag – ist also ein Vertrag zwischen zwei Menschen, bei dem nicht alle Eventualitäten ex ante vertraglich festgelegt bzw. berücksichtigt werden können. Da unvollständige Verträge nicht alle künftigen Kontingenzen berücksichtigen, verbleiben für die Vertragsparteien Verhaltens- bzw. Entscheidungsfreiräume, die nicht durch spezifizierte Rechte und Pflichten prädeterminiert sind. Entscheidungsfreiräume können sich dabei auf die Erbringung des vereinbarten Eigenbeitrags oder die Weitergabe von Informationen beziehen.

    Ein Beispiel: Ein Friseur verspricht eine Frisur, mit der der Kunde am Ende glücklich sein soll, dem bleibt also nichts anderes übrig, als dem Friseur zu vertrauen. Gelingt der Haarschnitt, kann er sich über sein neues Aussehen freuen, misslingt die Frisur aber, kann es massive Auswirkungen auf beide haben, denn der Frisierte schämt sich in der Öffentlichkeit für sein Aussehen, doch er kann in seiner sozialen Gruppe verbreiten, dass der Friseur unfähig ist und nicht mehr besucht werden sollte.

    Menschen, die regelmäßig Versprechen brechen, zerstören auf Dauer gesehen auch ihr eigenes Selbstbild und ihr Selbstvertrauen, denn mit jedem gebrochenen Versprechen sinkt auch das Vertrauen in sich selbst. Es ist daher nicht ratsam, Versprechungen zu machen, die sich über sehr lange Zeiträume erstrecken, da man kaum abschätzen kann, ob man diese halten kann. So ist etwa das Eheversprechen allein aus dieser Perspektive problematisch, denn bekanntlich reagiert ein Partner in der Regel sehr empfindlich, wenn es aus welchen Gründen auch immer gebrochen wurde. Auch geht damit ein Ansehensverlust bei jenen Menschen einher, deren Versprechen man bricht, da die eigene Glaubwürdigkeit danach meist nur sehr schwer wieder herzustellen ist.

    Es gibt aber auch Situationen, in denen es sogar besser ist, ein Versprechen nicht einzuhalten: Zum Beispiel, wenn man merkt, dass man sich zu viel zugemutet hat, wenn sich die Situation verändert hat und die neuen Umstände das Versprechen unmöglich machen oder wenn es für alle Beteiligten besser wäre, das Versprechen nicht einzuhalten (krasses Beispiel: Wenn Sie versprochen haben, jemanden zu töten, aber niemand davon profitiert).

    Es gibt übrigens zwei Hypothesen, warum Menschen Versprechen einhalten, wobei die erste besagt, dass Menschen die Erwartungen anderer nicht enttäuschen wollen, während die zweite davon ausgeht, dass das Halten eines Versprechens einen Wert für sich darstellt, also unabhängig von anderen Personen ist. Bekanntlich haben Menschen viele Motive für ihr Verhalten, wobei im realen Leben dem Verhalten meist ein ganzes Bündel an Motiven zugrunde liegt. Ein gebrochenes Versprechen kann ein schlechtes Gewissen verursachen und Angst davor, entdeckt und bestraft zu werden. Oder aber jemand legt Wert auf Ehrlichkeit und hält deshalb seine Zusagen ein. In der Ökonomie ist man der Ansicht, dass menschliches Verhalten durch die Erwartungshaltung der Mitmenschen bestimmt wird, doch konnte man experimentell zeigen, dass die moralische Verpflichtung ebenfalls ein wichtiges Motiv darstellt. Zwar wird ein Mensch nicht mit einem Instinkt geboren, gegebene Versprechen zu halten, doch wird dieses Verhalten im Zuge der Sozialisation erlernt und erhält durch die Verinnerlichung seinen Wert.

    Übrigens: Das Versprechen ist ein Grundbegriff des allgemeinen Rechts der vertraglichen Schuldverhältnisse. Das frühe Grundmodell des römischen Vertragsrechts war der einseitig verpflichtende Vertrag der stipulatio, wobei dieser aus der an eine bestimmte Form geknüpften Frage des Gläubigers an den Schuldner bestand, etwas zu tun oder zu unterlassen, und der ebenfalls an eine bestimmte Form geknüpften bejahenden Antwort in Form eines Versprechens. Obwohl das Versprechen der zentrale Bestandteil der stipulatio war, begründete es für sich genommen keine Verpflichtung des Versprechenden. Da die Frage des Gläubigers Ausgangspunkt der Vertragsanbahnung war, war aus Sicht des versprechenden Schuldners das jeweilige Versprechen durch die vorangegangene Frage bereits angenommen.

    Literatur

    https://www.focus.de/wissen/mensch/psychologie/warum-halten-menschen-versprechen-psychologie_id_2095659.html (15-09-09)
    https://hwb-eup2009.mpipriv.de/index.php/Versprechen (10-11-11)


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