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Wahrheitseffekt

    Die Menschen glauben viel leichter eine Lüge, die sie schon hundertmal gehört haben, als eine Wahrheit, die ihnen völlig neu ist.
    Alfred Polgar

    Der Wahrheitseffekt (illusory truth effect oder frequency validity effect) beschreibt das Phänomen der kognitiven Psychologie, dass Aussagen, die zuvor bereits gehört oder gelesen wurden, ein größerer Wahrheitsgehalt zugesprochen wird als solchen, die zum ersten Mal gehört werden. Übrigens ist dieser Effekt weitgehend unabhängig von Merkmalen der Person, etwa der Intelligenz oder Persönlichkeit.

    Dieser Wahrheitseffekt beruht auf Prozessen des impliziten Gedächtnisses, denn der eigentliche Gedächtnisinhalt kann zwar nicht bewusst erinnert werden, führt jedoch dazu, dass sein Wahrheitsgehalt höher eingeschätzt wird. Die reine Wiederholung von Aussagen erzeugt offenbar einen Schein von Wahrhaftigkeit um fast jede Aussage, sodass bereits der bloße Kontakt mit Informationen diese mit einem subjektiven Gefühl der Glaubwürdigkeit auflädt. Politiker, Verkäufer und Manipulatoren setzen seit jeher auf diese Macht der Wiederholung. Wiederholungen führen übrigens auch dazu, dass sich falsche Aussagen irgendwann wahr anfühlen, denn je öfter man sie hört, desto vertrauter werden sie, desto größer wird die Bereitschaft, ihnen Glauben zu schenken. Diesen Effekt machen sich vor allem Populisten zunutze, sodass es wichtig ist, dass sich Menschen mit Expertise wie etwa Wissenschaftler, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlen, von der Zurückhaltung verabschieden und ihre Themen, Thesen und Geschichten wiederholt in Umlauf bringen. Auch in der Werbung ist die Wiederholung die Grundlage für die Präsenz eines Unternehmens und den Erfolg seiner Produkte und Dienstleistungen, denn nicht umsonst kostet es viel mehr Aufwand, neue Kunden und Kundinnen zu gewinnen als alte zu halten. Solche Botschaften sollten für die Zielgruppe stets relevant und so knapp wie möglich formuliert werden, denn jemand, der seine Kernaussage auf drei bis sechs Wörter oder Bilder reduziert, kann sie in vielen kurzen Varianten immer wieder aussenden, um damit nachhaltig präsent bleiben.

    Von manchen Experten wird auch die Familiarität der Aussagen im Sinne entstehender Vertrautheit über mehrfachen Kontakt (Mere exposure-Effekt) als  Erklärung des Wahrheitseffekt hernagezogen.

    Literatur

    Hasher, L., Goldstein, D. & Toppino, T. (1977). Frequency and the conference of referential validity. Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior, 16, 107–112.
    https://www.fr.de/wirtschaft/gastwirtschaft/die-wahrheit-wiederholen-91886174.html (22-11-02)


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